„Kein Kind zurücklassen“ lautet seit Jahr und Tag ein Slogan von Hannelore Kraft, um zu signalisieren, dass sie sich schon um die Kleinsten kümmert, damit sie nicht als Große scheitern. CDU-Laschet hält empört dagegen. Von wegen kein Kind zurücklassen, in NRW sei die Kinderarmut am größten, Ende 2016 waren mehr Kinder und Jugendliche auf Hartz IV angewiesen als vor sieben Jahren-dem Regierungsantritt der Ministerpräsidentin Kraft(SPD). Wobei der CDU-Herausforderer die Gründe für den Anstieg verschweigt, sie liegen nämlich nicht in der Verantwortung von Rot-Grün, sondern beruhen auf dem Zuwachs nichtdeutscher Kinder, die neuen Armen sind die Kinder der Flüchtlinge und der EU-Zuzügler aus Südosteuropa. NRW hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als die anderen Länder. Aber im Wahlkampf gehen solche Zahlen und Erklärungen unter, auch wenn sie von der Bundesagentur für Arbeit stammen.
Apropos Flüchtlinge: das Thema wird von der Union seit Wochen ausgespart, man hat sich auf Stillhalten verabredet, weil es in der eigenen Klientel nicht beliebt ist, weil die Menschen nicht vergessen haben, wer damals die Grenzen für Zehntausende und Aberzehntausende geöffnet hatte: Es war Angela Merkel, die Kanzlerin und CDU-Chefin. Für diese zutiefst humane Haltung hatte Merkel zwar weltweit viel Lob erhalten, war aber anschließend von CSU-Chef Horst Seehofer, dem bayerischen Ministerpräsidenten, dafür gescholten worden. Seehofer pocht seitdem auf einer Obergrenze, die er schriftlich festhalten möchte. Dass die Grenze nach Bayern geschlossen wurde, um der Menschenmassen Herr zu werden, musste Merkel mittragen. Ihr Glück war das Abkommen mit dem Türken-Chef Erdogan, der gegen Geld sich verpflichtete, Millionen Flüchtlingen im Lande zu halten und sie nicht nach Euroopa, vor allem nach Deutschland zu lassen.
CDU übergeht Flüchtlingspolitik Merkels
Das Thema ist nicht erledigt, das Problem kann jederzeit wieder losbrechen, es ist nur um des lieben Friedens willen auf Eis gelegt, damit Merkel in aller Ruhe und gegen die SPD-geführte Landesregierung Wahlkampf und polemisieren kann. Die Flüchtlingskrise würde da nur stören, weil Merkels Politik „Wir schaffen das“ in der CDU und CSU teils sehr unbeliebt ist und auch bei den Wählerinnen und Wählern auf Ablehnung stösst. Aber wie gesagt, man hält sich bedeckt in der Union, hat den politischen Gegner im Blick, sehr diszipliniert übergeht man die Flüchtlinge und profitiert von dem Vorteil, dass zur Zeit nur sehr wenige kommen.
Auch der Koalitionspartner in Berlin, die SPD, hält sich zurück. Man ist loyal, vielleicht mit der Faust in der Tasche. Welches Problem da aber auf Merkel zukommen könnte, das machte ihr Amtsvorgänger, Gerhard Schröder, kürzlich deutlich. In einem Interview mit dem „Münchner Merkur“- das war mal das Leib- und Magenblatt der CSU-übte der SPD-Politiker scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. „Auf der politischen Ebene war man zu blauäugig, was die Größe der Aufgabe betrifft“, betonte Schröder. Er räumte ein, jeder Kanzler hätte in dieser Notlage Ungarn und Österreich geholfen. „Aber der Fehler, den Merkel gemacht hat, war: Sie hat den Ausnahmezustand zum Normalzustand erklärt. Es kann aber nicht sein, dass Hunderttausende kommen ohne Registrierung und Kontrolle.“ Ein Innenminister Schily hätte geraten, der inneren Sicherheit Vorrang zu geben „und ich wäre ihm gefolgt.“
Schröder übt Kritik an der Kanzlerin
Der Altkanzler hatte schon vor Monaten die Flüchtlingspolitik seiner Nachfolgerin ins Visier genommen und deutliche Kritik daran geübt. „Die Kapazitäten bei der Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen in Deutschland sind begrenzt“, hatte Schröder vor Monaten dem „Handelsblatt“ gesagt und hinzugefügt: „Alles andere ist eine Illusion.“ Schuld daran trage auch die CDU, weil sie ein „rationales Einwanderungsgesetz“ blockiert habe. Den von Merkel ermöglichten unbegrenzten Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland bezeichnete er als Fehler. „Man muss den Eindruck gewinnen, als hätten nationale Grenzen keine Bedeutung mehr. Das ist gefährlich und das ist auch nicht richtig“, so der Altkanzler. Wegen des Fehlens eines Einwanderungsgesetzes seien hunderttausende Flüchtlinge rechtlich in ein Asylverfahren gepresst worden, weil man keine Kontingente über ein solches Gesetz definiert habe. Dass Merkel ein Gesetz erst in der nächsten Legislaturperiode verhandeln wolle, könne er nicht nachvollziehen, denn dann sei es viel zu spät.
Die innere Sicherheit als Wahlkampfthema Nummer I, gerade auch in NRW, eine Aufgabe, die in den Augen vieler nicht nur in der Union Angela Merkel in den letzten Jahren „in einigen hunderttausend Grenzfällen stark vernachlässigt“ habe.(faz.net)
Um 30 Prozent seien die Einbrüche im ersten Jahresquartal gesunken, lobt sich die Landesregierung, während die CDU hier den ohnehin sehr umstrittenen Innenminister Ralf Jäger(SPD) auf die Hörner nimmt und ihn als „Sicherheitsrisiko“ hinstellt. NRW sei Schlusslicht in der Sicherheit. Jäger wird zudem Versagen in der Kölner Silvesternacht wie im Fall des Terroristen Amri nachgesagt, den er längst hätte festnehmen lassen müssen, ehe dieser den LKW auf den Berliner Weihnachtsmarkt steuerte und dort ein Massaker anrichtete.
Mehr Einbrüche im Revier
Vergleichen wir die Ballungsräume: in Berlin oder Hamburg geht es eher krimineller zu als in der Metropole Ruhr mit seinen fünf Millionen Einwohnern. Sagt die Statistik. Aber nirgendwo ist die Zahl der Einbrüche größer als in Revier, was auch in der Regierungszeit von CDU und FDP so war. Aber es ist Wahlkampf, da wird draufgehauen, getönt und polemisiert, das sachliche Argument geht eher unter, zumal wenn es um den Innenminister Jäger geht, der längst ein Gejagter ist. Jäger und die innere Sicherheit, das ist die offene Flanke der Regierung Kraft.
Rote Laterne, schimpft die Opposition, habe NRW durch die SPD und die Grünen in der Regierung auch in der Bildung und der Infrastruktur. NRW sei Stauland Nummer I, man beruft sich auf Zahlen des ADAC, lässt aber tunlichst anderes beiseite, darunter die Tatsache, dass in NRW auf engem Raum zusammen mehr Menschen leben wie in keinem anderen Flächenland. Mehr als ein Fünftel der Deutschen- über 18 Millionen- ist hier zu Hause, hier fährt ein Fünftel aller deutschen Autos auf einer Fläche halb so groß wie Bayern, NRW war immer Stauland, gleich wer regierte. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek(SPD) hält dagegen, dass man in Bildung und Beton investieren müsse, was die Regierung Hannelore Kraft erfolgreich tue. Groschek ist ein Minister, der sich pausenlos den Problemen stellt, ob auf den Autobahnen oder Brücken, er ist da und versteckt sich nicht. Wo gebaut wird, gibts halt Staus, aber irgendwann ist alles fertig. Es geht ja auch voran. Plastischer ist natürlich das, was der ADAC als Bild anbietet: die Staus 2016 addierten sich zu einer Länge, die zehnmal um die Erde reicht.(Zitat nach SZ)
Für Laschet ist Bayern oft Vorbild
Um Bildung geht es in diesem Wahlkampf, auch um das verkürzte G-8-Abitur. Dass das schon von der Regierung Rüttgers eingeführt worden war, wird nicht gehört. Vielmehr bleibt hängen, dass NRW irgendwie auch hier Schlusslicht sein soll- bei den Ausgaben pro Schüler. Auch das ist so nicht richtig, weil das Land die Ausgaben gesteigert hat und zwar mehr als die anderen Länder. Rot-Gün gibt sogar mehr Geld für Bildung pro Einwohner aus als Bayern, dem eigentlichen deutschen Musterschüler. NRW bildet auch mehr junge Leute aus, an den NRW-Hochschulen studieren doppelt so viele Studentinnen und Studenten wie in Bayern. Das wird Kraft nicht helfen, für Laschet ist ohnehin Bayern immer wieder großes Vorbild, er lobt den Freistaat, wo und wann er kann. Das wäre in Bayern nicht passiert, nicht der bayerischen Polizei, so ähnlich hört sich das an aus dem Mund des rheinischen CDU-Politikers. Wenn er so auf der Südtribüne des BVB in Dortmund redete…
Neben wir die Wirtschaft, die Arbeitslosenzahlen. Sie ahnen, was kommt. Auch hier NRW je nach Sichtweise Spitzenreiter oder der Halter der Roten Laterne. In der Tat hinkt man mit den Wirtschaft-Wachstumszahlen von 1,8 Prozent Plus hinter Bayern und Baden-Württemberg her und der Rückgang der Arbeitslosigkeit ist zwar auch in NRW zu sehen, aber anderswo größer. Die Problemregion ist hier das Ruhrgebiet mit seinem Strukturwandel. Es tut sich was, klar, aber in den Augen der CDU und der FDP viel zu wenig.
Erstmals seit 1972 Haushaltsplus
Ein Blick auf die Finanzen. Schuldenkönigin hat die Opposition Hannelore Kraft vor Jahr und Tag gescholten, aber 2016 konnte Finanzminister Norbert Walter-Borjans den Landeshaushalt erstmals seit 1972 mit einem kleinen Plus abschließen. Aber die insgesamten Schulden der öffentlichen Hand liegen an Rhein, Ruhr und Lippe viel höher als in anderen Teilen der Republik. Den Finanzminister greift die Opposition nicht so gern an, auch weil er der einzige Jäger von Steuerhinterziehern ist, ein Geschäft, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble(CDU) ihm einst gern verwehrt hätte. Aber Norbert Walter-Borjans lässt sich hier nicht von seiner Aufgabe abbringen. Er hat durch den Kauf von einigen CD und dem Einsatz von 18 Millionen immerhin 6,5 Milliarden Euro kassiert und über 130000 Steuersünder dazu gebracht, sich selber anzuzeigen. Geld, das dem Staat und seinen Bürgern sonst verloren gegangen wäre und das er gut gebrauchen kann im Sinne von Groscheck: Für Bildung und Beton.
Eine kleine Notiz, die in den Medien kaum beachtet wurde: „Die Rating-Agentur Fitsch bescheinigt dem Land NRW eine solide und konsequente Haushaltspolitik und bewertet die langfristige Bonität erneut mit der Bestnote AAA bewertet( mit stabilem Ausblick). Beim Kurzfrist-Rating wird mit F1 + ebenfalls das beste Ranking erreicht.“ So lautet eine Presse-Meldung des Finanzministeriums, die mit dem Erklärst endet: „Gute Rankingnoten sind Voraussetzung für günstige Kreditkonditionen.“