Nur wenige hatten vor etwa einem Jahr die Siegchancen der NRW-CDU und von Armin Laschet allzu hoch taxiert. Doch der damals allzu selbstsicher regierenden Hannelore Kraft ging mit ihren Sozialdemokraten und den Grünen im Endspurt die Luft aus. Während sich Mike Groschek nun redlich müht, seine Genossen aus dem Tal der Tränen zu führen, bringt der CDU-Ministerpräsident das Land auf einen neuen Kurs. Seine Koalition mit den Liberalen funktioniert ohne Friktionen. Bei allen wichtigen politischen Herausforderungen herrscht fast eine harmonische Übereinstimmung.
Innere Sicherheit – Wirtschaft – Bildung
Bis zum Jahre 2022 will die christlich-liberale Koalition in Düsseldorf das Land neu gestalten und NRW wieder zur früheren Stärke zurückführen. Die Innere Sicherheit, die Wirtschaftspolitik und die Bildung stehen für den ambitionierten Ministerpräsidenten ganz obenan. Insbesondere im Ruhrgebiet muss sich viel ändern. In Zukunft darf es – so Armin Laschet – dort in einigen Städten keine „no go areas“ mehr geben. Es soll deutliche Verbesserungen in den Schulen geben. Und der wirtschaftliche Strukturwandel soll mehr Wachstum, Beschäftigung und neue Perspektiven für die Menschen im Revier bringen. Laschet lässt sich vor allem davon leiten, dass NRW auch in Zukunft ein wichtiges Industrieland bleiben soll. Mehr Wertschöpfung in den Bereichen Stahl, Chemie, Aluminium, Glas usw. sichert und schafft Arbeitsplätze in diesen Branchen und in den vielen mittelständischen Zuliefer- und Weiterverarbeitungsbetrieben. Gerade die Kombination der Digitalisierung mit den verschiedenen Industrien eröffnet gute Zukunftschancen.
Mit Andreas Pinkwart verfügt Armin Laschet über einen exzellenten Experten in seinem Team als Wirtschaftsminister.
Größeres Gewicht im Bund
Das bundespolitische Gewicht Nordrhein-Westfalens ist mit Laschet wesentlich größer geworden. Während seine Vorgängerin mit Berlin eher fremdelte, mischt der neue Ministerpräsident aus NRW auf der Bundesbühne kräftig mit. Das gilt, derzeit deutlich sichtbar für die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU, FDP und den Grünen. Nach den ersten Runden hat Laschet festgestellt, dass die CDU und FDP bei den wichtigen Themen „zu 80 % übereinstimmen“. Wenn auch kaum einer dieses Viererbündnis im Bund gewollt habe, so müsse seiner Aussage zufolge alles versucht werden, um zu einer CDU/ CSU/ FDP/ Grüne-Koalition zu kommen. Immerhin gebe es keine strategische linke Mehrheit. Neuwahlen will Laschet auch vermeiden, denn das das würde zu einem weiteren Vertrauensverlust führen. Dabei gehe es doch darum, nun alle Anstrengungen zu verstärken, um Wähler, die aus Frust und Enttäuschung die AfD mit 12 % in den Bundestag befördert haben, zurückzuholen. Armin Laschet votiert schließlich auch gegen eine Neuauflage der Großen Koalition auf Bundesebene.
Sicherung der Braunkohle
Der NRW-Ministerpräsident schaltet sich mit großer Leidenschaft bei den aktuellen Sondierungsgesprächen insbesondere beim Thema Energie ein. Die letzte Steinkohlen-Zeche Prosper in Bottrop wird Ende 2018 geschlossen. Doch verfügt NRW über gute Reserven an Braunkohle. Im Mix ist dieser Energieträger zur Zeit außerordentlich wettbewerbsfähig: Die Produktionskosten von grundlastfähigem Strom sind niedrig. Doch der Widerstand der Grünen gegen die Braunkohle im rheinischen Revier und in der Lausitz ist gewaltig.
Sie pochen auf die Klimaschutzziele, nämlich darauf, dass die CO₂-Emissionen bis 2020 um 40 % gegenüber 1990 reduziert werden sollen. Allerdings hat die damalige Bundesregierung dieses ehrgeizige Ziel akzeptiert, ohne zu ahnen, dass nach der Katastrophe in Japan plötzlich von Angela Merkel der Ausstieg aus der CO₂-freien Kernenergie bis 2022 verfügt wurde. Damit ist das Dreieck „Versorgungswirtschaft, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit“ in der deutschen Energiepolitik in eine Schieflage geraten. Sonne und Wind sind zwar ökologisch besonders freundlich, aber für die Versorgungssicherheit unkalkulierbar. Selbst in Bayern scheint nachts die Sonne nicht, da muss dann sogar Strom aus Österreich importiert werden. Wenn es Speicher in Deutschland gäbe, wäre es gewiss besser. Wenn es auch Transportleitungen von den Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee nach Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen gäbe, könnte so auch die Grundlast zu günstigen Preisen an Unternehmen und Private geliefert werden. Stattdessen zahlen die deutschen Bürger allein in diesem Jahr rund 25 Mrd. € für die Erneuerbaren Energieträger, die die Versorgungssicherheit nicht garantieren und eben enorm teuer sind. Beim Strompreis liegt Deutschland weltweit an der Spitze.
Harter Widerstand der Grünen
Es wird schwierig, den Grünen in den Sondierungsgesprächen auf Bundesebene das völlig irreale Projekt weg zu verhandeln, möglichst bald gleich nach den Kernkraftwerken auch noch über 20 Braunkohlekraftwerke still zu legen. NRW-Ministerpräsident Laschet plädiert in den Berliner Sondierungsrunden für neue Überlegungen, um Klimaschutz, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit beim elektrischen Strom auf einen vernünftigen Nenner zu bringen. Nur mit der Braunkohle aus dem rheinischen Revier und aus der Lausitz wird es in den nächsten Jahren einigermaßen möglich sein, dass energiepolitische Zieldreieck zu stabilisieren. Hinzu kommt, dass der langfristig angepeilte Ausstieg aus der Braunkohle wirtschaftlich und sozial flankiert werden muss. Die betroffenen Regionen dürfen mit Recht erwarten, dass den Menschen dort neue Perspektiven eröffnet werden. Dafür setzt sich der NRW-Ministerpräsident vehement ein – gemeinsam mit seinen Kollegen aus Brandenburg und Sachsen. Denn ohne einen solchen Kurs könnten die Landschaften zwar grün werden, doch die Menschen würden möglicherweise in noch größeren Scharen zur AfD überlaufen. Im Übrigen kann Armin Laschet auch damit punkten, dass der Strom aus rheinischer Braunkohle allemal besser ist als der aus den unsicheren Atomkraftwerk im belgischen Thiange. In Aachen, wo Laschet wohnt, sind bereits Jodtabletten an die Bevölkerung verteilt worden.
Das Engagement des nordrhein-westfälischen Regierungschefs kommt gut an – vor allem auch in seiner CDU im eigenen Land und bundesweit. Bei der Merkel-Nachfolge könnte Laschet jedenfalls im Vergleich zu anderen Unionsgranden schon bald ganz oben stehen. Armin Laschet, der früher Mitglied im Bundestag und dann im Europäischen Parlament war, kennt seine CDU und weist stets auf die drei Wurzeln der Partei, auf das Christlich-Soziale, das Liberale und das Konservative, hin. Ideologische Starrheit passt nicht in sein Weltbild. Vielmehr zeigt er, dass er – wie früher die guten Fußballer bei Alemannia Aachen, seinem Heimatverein – über ein stabiles parteipolitisches Standbein, aber eben auch über ein variables Schussbein verfügt. So ist ihm durchaus zuzutrauen, dass Laschet, der sich nie von Merkels Flüchtlingspolitik distanzierte, die Migrations- und Integrationspolitik der Union auf einen gemeinsamen Nenner bringen, die Soziale Marktwirtschaft in Richtung Teilhabegesellschaft fortschreiben und die Menschen mit Rücksicht und Augenmaß in das digitale Zeitalter führen wird.