Zur Legalisierung von Cannabis kann man stehen, wie man will. Darum geht es hier nicht. Sondern um die Protokollerklärung der Bundesregierung zum neuen Cannabisgesetz. Besonders interessant: ihre Ausführungen zur geplanten Amnestie-Regelung für noch nicht vollstreckte Strafen für „konsumnahe Cannabisdelikte“.
Amnestie aus Gerechtigkeitsgründen geboten
Unter dem Punkt „Amnestie aus Gerechtigkeitsgründen geboten“ geht es zur Sache. Zwei Aspekte wurden in der Debatte um das neue Cannabisgesetz immer wieder kritisiert, vor allem von den Justizverwaltungen der Länder: die Gefahr einer Überlastung der Justiz und das Risiko der Strafbarkeit von „Amtsträgerinnen und Amtsträgern, wenn ab dem 1. April 2024 zu erlassende Strafen weiterhin vollstreckt würden“.
Über die Frage der Überlastung kann man trefflich streiten. In Bezug auf die Strafbarkeitsrisiken für Justizbedienstete lassen die Worte der Bundesregierung aber tatsächlich aufhorchen. In der Protokollerklärung heißt es dazu wie folgt:
„Werden die (gleich dringenden) Verfahren nach und nach ordnungsgemäß abgearbeitet, dürfte eine rechtfertigende Pflichtenkollision vorliegen. Danach handelt eine Person hinsichtlich der unterlassenen Handlung gerechtfertigt, wenn sie von mehreren gleichrangigen Handlungspflichten nur eine erfüllen kann.“
Müssen Justizbedienstete sich jetzt strafbar machen?
Im Klartext: Die Bundesregierung mutet es den Justizbediensteten sehenden Auges zu – mehr noch: verlangt es per Gesetz –, bei ordnungsgemäßer Arbeit im Rahmen der Anwendung der neuen Amnestie-Regelung objektiv und subjektiv einen Straftatbestand zu erfüllen (hier etwa: Freiheitsberaubung gemäß § 239 Strafgesetzbuch).
Die Justizbediensteten dürfen zumindest hoffen, dass ihnen die ungeschriebene Rechtsfigur der „Pflichtenkollision“ zur Straflosigkeit verhilft. Demnach ginge die Strafverfolgungsbehörde im Einzelfall von einem gerechtfertigten Verhalten aus und würde das Verfahren jedenfalls einstellen.
Das klingt nicht so berauschend.