Die Sektkorken haben geknallt, Raketen sind in den Neujahrshimmel geschossen worden, viele gute Wünsche für 2015 wurden ausgetauscht. 56 % sehen mit Hoffnungen dem neuen Jahr entgegen, so lautet der Befund des Instituts für Demoskopie Allensbach, lediglich 11 % mit Befürchtungen bzw. 20 % mit Skepsis.
Dennoch herrscht bei vielen Bürgern unseres Landes eine latente Angst und Furcht angesichts der zahlreichen internationalen Krisen. Immerhin – so eine andere repräsentative Umfrage – haben 75 % der Befragten Sorge, dass sich die Kriege im Irak und Syrien, die Ukraine-Krise, Ebola in Afrika, die anhaltenden Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern sowie andere Weltprobleme vor allem negativ auf ihre finanzielle Lage auswirken.
Hinzu kommen die niedrigen Zinsen für die vielen Millionen Sparer. Berichtet wird darüber, dass immer mehr Bürger Bargeld daheim im Kopfkissen, im Gefrierschrank oder in der Geldkassette aufbewahren. Bislang wird noch über Negativzinsen diskutiert, also über Strafzinsen, wenn Bankkunden größere Summen auf der Habenseite ihrer Konten aufweisen. Allerdings erheben derzeit nur ganz wenige Banken solche Negativzinsen von Großkunden. Doch die Gefahren, dass es bald auch kleinere Guthaben treffen könnte, sind keineswegs völlig irreal.
Turbulenzen bei Währungen nehmen zu
Hinzu kommen Befürchtungen um die Stabilität einiger Geldinstitute, falls eine erneute Finanzkrise im Euro-System entstehen sollte. Die jüngsten Nachrichten aus Griechenland klingen jedenfalls recht bedrohlich. Und andere Staaten wie Frankreich und Italien sind ebenfalls noch weit davon entfernt, die Stabilitätskriterien für das europäische Währungssystem zu erfüllen. In Griechenland haben inzwischen viele Bürger aus Sorgen vor einer neuerlichen Zuspitzung der Wirtschafts- und Schuldenkrise fast 3 Mrd. Euro von ihren Bankkonten abgehoben, denn niemand ist sicher, wie es nach den vorgezogenen Wahlen am 25. Januar politisch weitergehen wird.
Die Turbulenzen im Währungssystem nehmen wieder zu, die Europäische Zentralbank flutet weiterhin die Märkte mit Billigstgeld. Das hat inzwischen schon zu einem Rutsch des Euro-Kurses geführt: Mussten vor einigen Wochen noch etwa 1,40 US-Dollar für 1 Euro bezahlt werden, so sind es inzwischen weniger als 1,20 Dollar. Nicht wenige Experten rechnen damit, dass schon bald der Dollar/ Euro-Kurs bei 1:1 liegen wird. Hektik herrscht zu Jahresbeginn nicht nur an den Devisenmärkten, sondern auch an den Wertpapierbörsen, wo zum Teil fast erratische Veränderungen der Aktienkurse registriert werden. Der gesunkene Euro-Kurs kommt jedoch den deutschen Exportfirmen entgegen, denn Waren “made in Germany“ können von ausländischen Kunden außerhalb der Euro-Zone preislich günstiger gekauft werden.
Umgekehrt spüren deutsche Firmen und Verbraucher den erstarkten Dollarkurs nicht so negativ wie in früheren Zeiten, als sich vor allem Energie-Importe entsprechend verteuerten. Der Preis für 1 Barrel (156 Liter) Rohöl, der einst bei 140 Dollar lag, ist inzwischen auf rund 60 Dollar gesunken. Allein deutsche Autofahrer haben im Jahr 2014 dank dieses Sturzfluges des Ölpreises fast 5 Mrd. € weniger für Benzin und Diesel zahlen müssen.
Kein Grund für großen Pessimismus
Wenn es auch angesichts der Krisen in der Welt und der wirtschaftlichen Probleme in unserer europäischen Nachbarschaft, die sich auf die deutsche Konjunktur auswirken, keinen Grund für überschäumenden Optimismus gibt, so besteht auch kein Anlass für abgrundtiefen Pessimismus. 45 % der Bundesbürger sind mit der derzeitigen Lage denn auch sehr zufrieden – so viele wie seit 2008 nicht mehr. 91 % halten ihren Arbeitsplatz für sicher. Und 33 % rechnen mit einem steigenden Haushaltseinkommen in 2015.
Größere Sorgenfalten weisen jedoch die Bürgerinnen und Bürger in der Altersklasse von 56 bis 65 Jahren auf. Das Problem, wie es mit ihrer finanziellen Altersversorgung wird, bewegt immer mehr Zeitgenossen. Die gesetzliche Rente ist zwar sicher, doch die Höhe ungewiss. Die sogenannte Eckrente beträgt heute kaum 1.300 Euro pro Monat – und das nach 45 Jahren mit durchschnittlichen Beitragszahlungen.
Die Absenkung des aktuellen Rentenversicherungsbeitrages und die nächste Rentenerhöhung zum 1. Juli mögen nur bei jenen, die auf die Gegenwart blicken, Freude auslösen, doch bei jenen, die auf die nächsten Jahrzehnte schauen, das ungute Gefühl verstärken. Dass die Beiträge der aktiven Arbeitnehmer schon längst nicht für die Rentenzahlungen ausreichen, dass rund ein Drittel der Rentenbezüge aus Steuern finanziert wird, das wird zumeist übersehen oder noch verdrängt.
Riester-Rente entpuppt sich als Flop
Bislang sind die staatlich inszenierten und geförderten Formen zur Schließung der zukünftigen Rentenlücke mehr oder weniger gescheitert. Vor allem die sogenannte Riester-Rente entpuppt sich immer deutlicher zu einem Flop. Bis heute wurden insgesamt 16 Millionen Riester-Verträge abgeschlossen. In den letzten Jahren wurden jedoch mehr Verträge von Riester-Versicherungen gekündigt als neu abgeschlossen. Inzwischen wollen einige Versicherungsunternehmen das Riester-Geschäft vollends einstellen. Die Absenkung der garantierten Verzinsung von Lebensversicherungen von 1,75 auf 1,25 % zeigt hier ihre negativen Wirkungen, denn um damit die Beitragsgarantie zu erreichen, sind Laufzeiten von mindestens 20 Jahren notwendig. Die Kosten für den Abschluss eines Riestervertrages machen ebenfalls zusehends Probleme. Und wie die Rechnungsgrundlagen der Versicherer im Jahr 2035 oder 2045 aussehen werden, lässt sich heute nicht voraussagen.
Neue Formen und Produkte für die private Altersvorsorge sind dringend erforderlich. Banken und Versicherungen müssen hier innovative Angebote machen, mit denen die in den nächsten Jahrzehnten drohende Altersversorgungslücke geschlossen werden kann. Die Politik muss möglichst bald die Weichen neu stellen, um der Altersarmut vorzubeugen. Vor allem könnte die betriebliche Altersvorsorge dafür ein guter Weg sein.
Mehr Flexibilität im Alter
Niemand, der die demografischen Fakten genau zur Kenntnis nimmt und die Auswirkungen auf den Generationenvertrag des Rentensystems richtig für die Zukunft einschätzt, wird noch an starren Grenzen für das Renteneintrittsalter festhalten können. Mit 67 Jahren ab 2029 in Rente – das wird allein nicht reichen. Mehr Flexibilität im System für die, die etwa aus gesundheitlichen Gründen früher in Rente gehen müssen, aber auch für die, die gern freiwillig mit 68, 70 oder darüber hinaus noch tätig bleiben wollen, ist gefordert – von Arbeitgebern und Gewerkschaften sowie von der Politik.
Die großen Erfahrungen, das Know-how, die beruflichen Fachkenntnisse und vieles mehr, was die dynamischen Ü-60er aufweisen, sollten nicht jenseits starrer Altersgrenzen zum “alten Eisen“ geworfen, sondern für unsere Wirtschaft und Gesellschaft, vor allem auch zur Zukunftsfähigkeit unserer Altersvorsorge und des Rentensystems genutzt werden. Ein solcher Schritt würde vielen die Sorge vor drohender Altersarmut nehmen. Zugleich ließe sich das Problem, dass bis zum Jahre 2030 rund 6 Millionen Facharbeiter aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, lösen.