Den Großteil meines Geschichts- und Anglistikstudiums habe ich an der Universität Düsseldorf verbracht. Allerdings hatte ich das Glück, auch ein Jahr an der Universität Cambridge studieren zu können. Als Gastdozent war ich auch in Moskau an der Lomonossow-Universität und an der Universität von Sankt Petersburg. Seitdem lese ich immer wieder mit besonderem Interesse Meldungen darüber, welche Universität sich in der akademischen Welt wie auszeichnet bzw. welches Renommee sie genießt. In der angelsächsischen Welt, aber auch darüber hinaus, speziell in Asien, sind Ranglisten von hoher Relevanz, auf denen regelmäßig die besten Universitäten der Welt aufgeführt werden. Entscheidet die Reputation doch im Kern darüber, welche Attraktivität eine einzelne Hochschule sowohl für Forscher aus aller Welt wie auch für potentielle Studenten hat. Letztere tragen in Großbritannien und den USA mit ihren Studiengebühren zu einem großen Teil zur Finanzierung der – anders als bei uns – privat finanzierten Spitzenuniversitäten bei. Aber auch ehemalige Studenten, die in Alumni-Netzwerken ihrer Hochschule verbunden bleiben, stellen besonders für amerikanische und britische Spitzenuniversitäten gewaltige Finanzbeiträge zur Verfügung. Das hat etwas mit dem Stolz auf die ehemalige Alma Mater zu tun, aber auch mit dem Dank für die Möglichkeiten, die einem dort geboten wurden.
Bei uns in Deutschland gibt es das nur in Ansätzen. Mittlerweile haben wir auch Alumni-Netzwerke, und natürlich haben wir auch Ranglisten der Fächer und Universitäten, die etwas aussagen über die Stärken und Schwächen der deutschen Hochschulen – aber international schafft es keine deutsche Universität in die Champions-League der internationalen Universitäten. Diese wird dominiert von amerikanischen und englischen Hochschulen, die sich je nach Rangliste um die Spitzenplätze streiten. Zwei gerade veröffentlichte aktuelle Rankings, THE (Times Higher Education) World Reputation Rankings (die besten 100 Universitäten weltweit) und QS World University Rankings (959 Universitäten in 84 Ländern) kommen mit unterschiedlichen, aber durchaus validen Methoden zu ähnlichen Ergebnissen: Harvard, MIT (Massachusetts Institute of Technology) und Stanford bei ersterem, MIT, Stanford und Harvard bei letzterem Ranking belegen die ersten drei Plätze, gefolgt oder verfolgt von Cambridge und Oxford (THE) bzw. Caltech (California Institute of Technology) und Cambridge (QS).
Asiatische, aber auch russische Universitäten (die Moskauer Lomonossow-Universiät schafft es auf Platz 30 des THE-Rankings !) konnten im Vergleich zu den Vorjahren in beiden Ranglisten zum Teil deutliche Positionsverbesserungen erreichen, belgische, deutsche, französische und niederländische haben an Boden verloren. Als einzige deutsche Universität schafft es im THE-Ranking die LMU auf Platz 42, die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und die Humboldt Universität (HU) in Berlin stehen auf einem Platz zwischen 50 und 60 (hier wird nicht mehr weiter ausdifferenziert), die FU Berlin und die TU München zwischen 60 und 70, die RWTH Aachen zwischen 90 und 100. Dieses Ergebnis basiert auf einer Methode, bei der über zehntausend renommierte Wissenschaftler aus 137 Ländern zu ihrer Einschätzung von Forschung und Lehre in ihren Fachgebieten befragt wurden.
Das QS Ranking sieht als beste deutsche Universitäten unter den ersten 100 die TU München auf Platz 64, gefolgt von der LMU (66) und Heidelberg (68). Dass die staatliche russische Lomonossow-Universität hier auf Rang 95 erscheint, zeigt ihre überraschende internationale Stärke, finden sich HU (120), FU (125) und RWTH (141) doch erst unter ferner liefen. Diese Ergebnisse basieren auf Analysen von sechs Kategorien, nämlich akademischer Reputation, Ansehen als Arbeitgeber, Verhältnis Lehrender zu Studierenden, Zitationen je Fakultät, internationale Quote der Lehrenden und der Studierenden.
Man mag derartige Rankings mögen oder nicht, aber für diejenigen in der Champions-League sind sie jedes Mal aufs Neue Bestätigung ihrer Leistungsfähigkeit im internationalen Maßstab. Dass die deutschen Universitäten trotz der wirtschaftlichen Stärke des Landes nicht oben mitspielen, ist eigentlich ein Armutszeugnis. Sicherlich gibt es herausragende Leistungen in Forschung und Lehre an den deutschen Hochschulen, aber in der Vergangenheit ist zu wenig an die Spitze und mehr an die Breite gedacht worden. So sehr dies politisch nachvollziehbar ist und eine hohe Akademisierungsrate wünschenswert sein mag, so bedauerlich ist die lange Jahre feststellbare Vernachlässigung der Exzellenzförderung. Die späten Aufholbemühungen von Politik und Hochschulen sind aller Ehren wert, aber sie kranken immer noch an der mangelnden Bereitschaft aller (Politik und Hochschulen), mehr Geld zur Verfügung zu stellen, um einige wenige Universitäten wirklich in die Champions-League aufsteigen zu lassen. Sicher sind die Verhältnisse in Großbritannien historisch und politisch andere als in Deutschland, aber der Geist, den das dortige System atmet, die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit, die das System auszeichnen, sind so besonders, dass die Spitzenstellung in allen Rankings nicht verwundert. Ähnliches kann man bei uns nicht so einfach nachmachen, aber lernen kann man davon sehr wohl. Ob Cambridge und Oxford und die anderen gut platzierten britischen Universitäten übrigens nach dem Brexit ihre herausgehobenen Stellungen in der internationalen Hochschulwelt halten können, bleibt allerdings abzuwarten. Ein negativer Brexit-Effekt ist für Großbritanniens Universitäten nicht unwahrscheinlich, die Stimmung in den Hochschulen ist entsprechend.
Bildquelle: Screenshot der Website Times Higher Education World Reputation Rankings 2017