Die Landwirtschaft hat nach Einrichtung des gemeinsamen Marktes und der Globalisierung völlig andere Rahmenbedingungen als zu Zeiten des Reichsnährstandes in Nazideutschland und den über Jahrhunderte geltenden Regeln der landwirtschaftlichen Autarkie. Es fällt der Bauernschaft schwer, sich diesen Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung anzupassen. Genau dies ist der Kern der jetzigen Widerstandswelle und nicht die schrittweise Kappung der Steuervorteile beim Agrardiesel, die ohnehin nur eine sehr begrenzte Zahl kleinerer Betriebe treffen wird.
Neu ist der Bedeutungsverlust oder das Verschwinden ganzer Industriezweige gewiss nicht. Stahlindustrie und Kohlebergbau stehen begrifflich dafür. Es sei auch daran erinnert, dass in der ehemaligen DDR durch die vorschnelle Einführung der westdeutschen Währung von einem Tag auf den anderen Millionen von Arbeitsplätzen wegen der fehlenden Konvertierbarkeit mit den Währungen des Ostblocks, die Hauptabnehmer der Waren aus der DDR-Wirtschaft waren, verloren gegangen sind. Dies war sehr hart für die betroffenen Menschen, die nur zum Teil wirtschaftlich und gesellschaftlich aufgefangen wurden.
Neben wirtschaftlichen und finanziellen Forderungen der Bauernlobby steht auch die Forderung nach mehr gesellschaftlicher Anerkennung. „Der Bauer ernährt das Volk“ ist die Grundlage dieser Selbsteinschätzung, die in der heutigen wirtschaftlichen Situation ihre Bedeutung verloren hat. Das entscheidende Potential ist die landwirtschaftliche Fläche, die zur Nutzung zur Verfügung steht und nicht die Zahl kleinerer oder mittlerer Betriebe. Wenn solche Betriebe nicht hinreichend konkurrenzfähig sind, gehen ihre Flächen eben an die großen Betriebe über. Dies ist gewiss nicht leicht und muss sozial abgefedert werden, vermeidbar ist es aber nicht. Die Mystik von „Blut und Boden“ gehört der Vergangenheit an. Deshalb: Kanzler bleib hart !