Am Montag dieser Woche nahmen zwei von Papst Franziskus entsandte Inspektoren in Köln ihre Arbeit auf, um sich vor Ort ein Bild über die verfahrene Situation in der Erzdiözese zu machen. Fast zeitgleich sandte Kardinal Rainer Maria Woelki in den letzten Tagen irritierende Botschaften aus, die nicht nur für den Kölner Katholikenausschuss deutliche Zeichen von Realitätsverlust des Oberhirten aufweisen.
In der letzten Woche flatterte den Katholiken per Post ein Magazin des Bistums ins Haus, in dem der Kardinal den Gläubigen in einem Grußwort einen schönen Sommer wünscht und empfiehlt: „Lassen Sie die Seele baumeln“. Kein Wort zu den verheerenden Verwerfungen, die das Vertrauensverhältnis zwischen Erzbischof und Kirchenvolk seit Monaten erschüttern. Hohn für alle Gläubigen, deren Seelen unter der Verschleierung von sexueller Gewalt durch Priester in dem Bistum leiden.
Am Wochenende dann erklärte der Kardinal in einer Videobotschaft für seinen Haussender „Domradio“, er habe großen Respekt vor der Entscheidung von Kardinal Reinhard Marx, dem Papst den Rücktritt anzubieten. Er selbst denke jedoch nicht an einen solchen Schritt: Im Amt bleiben, um weiter den Schwachen zu helfen und Missbrauch zu verhindern.
Merkt er nicht, will er nicht merken, dass er zur Lösung der Probleme der katholischen Kirche in Deutschland nicht mehr beitragen kann, sondern das Problem ist? Der Schritt von Marx wurde von vielen, so auch von dem Vorsitzenden des Diözesanrats der Katholiken, Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach, als „Schritt von Souveränität und Freiheit“ gewürdigt (Kölner Stadtanzeiger). Dieser „Punkt der Souveränität“ sei in Köln überschritten, hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, einen mehr als deutlichen Wink an Woelki gegeben, Konsequenzen daraus zu ziehen, in welches Desaster er das Vertrauensverhältnis zwischen in Scharen weglaufenden Laien, entsetzten Priestern und der Bistumsleitung gestürzt habe. Eine „komplexe pastorale Situation“ beschreibt der Papst zurückhaltend die Lage, die er jetzt von dem Stockholmer Bischof Ander Aborelius und dem holländischen Bischof Hans van den Hende untersuchen lässt.
Doch all die zurückhaltenden Hinweise von Amtsbrüdern und Papst verfangen bei Woelki nicht. Dass die Kluft zwischen ihm und den Gläubigen immer größer wird, dass er die Diözese – und nicht nur sie – gegen die Wand fährt, ist ihm mit diplomatischen Floskeln nicht beizubringen. Er hat nicht verstanden und will offensichtlich nicht verstehen, dass Kirche nur leben kann, wenn sie alle einbezieht. Dass die Trennung zwischen Laien und Klerus anachronistisch ist. Dass Frauen endlich gleichberechtigt sein müssen. Dass das Wort eines Bischofs in einer modernen Kirche nicht mehr richtungsweisend ist. Sein Verständnis von Kirche muss ein großes Missverständnis sein. Deutlicher als er es in dem oben erwähnten Magazin für die Diözese formuliert hat, kann man dieses Missverständnis nicht ausdrücken. „Lassen Sie die Seele baumeln“. Die Entscheidungen für Sie trifft derweil der Kardinal.
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