Angela Merkel war bei Erdogan in der Türkei. Mittlerweile sind fast zweieinhalb Millionen Flüchtlinge im Land am Bosporus. Tausende flüchten zudem vor den Bomben, mit der die russische Luftwaffe für reguläre Truppen des Assad-Regimes den Sturm auf und die Einnahme von Aleppo vorbereitet. Alte und Junge und viele Kinder stehen erneut vor der Tür und hoffen, dass die Türkei ihre Grenze wieder öffnet. Im syrischen Niemandsland vor der türkischen Grenze werden sie von Freiwilligen mit Zelten und Nahrungsmitteln versorgt. Gleichzeitig ist auf der Todesroute von der türkischen Küste nach Griechenland weiter Hochbetrieb und entsprechend steigt die Zahl der Menschen, die auf überfüllten Schlauchbooten den nassen Tod finden. Die Türkei ist derzeit für Flüchtlinge wegen Überfüllung geschlossen.
Nichts, was man derzeit ansonsten Positives über die Türkei anmerken mag, wäre nicht die Bereitschaft, Flüchtlinge auch über die Grenze des Verkraftbaren ins Land zu lassen. Alle, die jetzt erneut auf der Flucht sind, werden alsbald wieder an der Grenze zur Türkei stehen und das könnten dann erneut schnell mehr als 100 000 Menschen sein. Die Zusicherung der Kanzlerin an die Türkei, mit Geld und dem technischen Hilfswerk, mit Zelten und Nahrungsmitteln zu helfen, und so eine nächste Tragödie zu vermeiden, wird nur Erfolg haben, wenn diese Hilfe rasch realisiert werden kann. Gleichzeitig werden die Europäische Union und hier die Mehrheit ihrer Mitgliedsländer endlich so etwas wie Solidarität entwickeln müssen. Und die Kanzlerin wird mehr als bislang deutlich zu machen haben, wie und auf welche Weise sie die Union als ganzes in die Verantwortung für das Drama Syrien und den Krieg gegen den Islamistischen Staat bringen will. Wenn weiter vor allem die Osteuropäer beim Nein für die Aufnahme von Flüchtlingen bleiben, dann werden sie jedenfalls um eine materielle Beteiligung nicht mehr herum kommen. Ebenso wird es Zeit, dass Frau Merkel die eigene Partei und die CSU überzeugt, dass jetzt für kleinliche Debatten und verantwortungsloses Gerede keine Zeit mehr verschwendet werden sollte.
Gelingt ihr das nicht, wird sie die rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Kräfte im Land weiter stärken, was jedenfalls nicht nur dazu beitragen dürfte, die AfD zu mästen, sondern auch die Sicherheit der Flüchtlinge im Land massiv zu gefährden. Langsam wird der Verdacht immer größer, dass die täglichen Nachrichten über islamistische Gefährder, die wg des Verdachts der Vorbereitung einer terroristischen Straftat verhaftet werden, um sie wenige Tage später wieder auf freien Fuß zu setzen, nichts als propagandistische Ablenkung ist. Denn im Kampf gegen den Terror rechter und neonazistischer Gruppen und bei weit über 100 Brandanschlägen gegen Flüchtlingsunterkünfte geht die Aufklärung von Straftaten weiter gegen Null. Das wird den Terror von rechts weiter anheizen. Ganz offenkundig haben die Täter nicht zu fürchten, entdeckt zu werden oder gar „die ganze Härte des Rechtsstaates zu spüren“, wie der Bundesinnenminister es gern verkündet.
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