Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem Finanzpaket von 1 Billion Euro für die Verteidigung, die Infrastruktur und den Klimaschutz mit mehr als einer Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt, also ist die verfassungsändernde Mehrheit gegeben, der Bundespräsident kann nun alles prüfen und unterschreiben. Bald sollte der Bundestag Friedrich Merz zum Bundeskanzler wählen, Union und SPD werden die neue Regierungskoalition bilden. Und sie tun gut daran, das zu machen, woran die Ampel gescheitert ist: das Land in aller Ruhe zu regieren und den Menschen zu demonstrieren, dass es voran geht, dass die Probleme angepackt werden, dass gestritten wird um den richtigen Weg, aber am Ende ein Kompromiss gefunden wird, auf den sich die Regierungspartner verständigt haben. Und der muss dann auch gemeinsam getragen werden. Es darf nicht sein, dass weiter pausenlos das „Ja, aber“, die Richtung vorgibt, das Gejammere den Ton bestimmt. Das wäre das Ende. Packen wir es an.
Die Länderkammer hat in bewährter Form das Thema bewältigt. Wie immer wurde in eher leiser Form diskutiert, trugen einige Ministerpräsidenten ihre Bedenken vor, wie zum Beispiel Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann, ein Grüner. Er rechtfertigte das Aufweichen der Schuldenbremse mit der sich dramatisch veränderten Weltlage. „Es geht um nicht weniger als die Selbstbehauptung Europas-sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch.“ Und es gehe auch um die Selbstbehauptung „unserer Werte von Frieden, Freiheit und Demokratie“. Und: „Auf so eine außergewöhnliche Herausforderung kann man nicht mit gewöhnlichen Mitteln reagieren.“ Aber auch Kretschmann konnte seine unguten Gefühle angesichts dieser Riesen-Schulden nicht so ganz verbergen, er sprach von „Störgefühl“. Auch wegen des rasanten Tempos, das hier an den Tage gelegt worden war.
Man kann schon mit gutem Recht den Schweinsgalopp beklagen, mit dem ein solches Paket beschlossen und verkündet wurde. In 76 Jahren hat der Staat einen Schuldenberg von 2,5 Billionen angehäuft, nun wird in nur zwölf Jahren eine Billion drauf gelegt und es kann durchaus mehr werden, weil die Verteidigungsausgaben ja von der Schuldengrenze ausgenommen wurden.
Auch Bayern stimmte zu
Und doch war die Stimmung insgesamt auf grünes Licht gerichtet, waren viele Ministerpräsidenten bereit, diesen großen Schritt zu gehen. Zwar enthielten sich Länder wie Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg der Stimme, weil ihre Koalitionspartner BSW und FDP gegen das Finanzpaket waren. Aber der Mainzer Ministerpräsident Alexander Schweitzer zum Beispiel erklärte, er sei für das Finanzpaket. Auch Bayern stimmte dafür und verschaffte damit dem Paket die nötige Mehrheit. Dass einer wie Söder betonte, die Zustimmung Bayerns sei von vornherein klar gewesen, stieß auf Gelächter im Saal. Denn jeder wusste, dass diesem Ja eine kontroverse Debatte zwischen CSU und Freien Wählern vorausgegangen war. Und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, zugleich Wirtschaftsminister im Kabinett von Markus Söder und Stellvertreter des Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern, stellte seine Ablehnung zurück, weil er befürchten musste, dass ihn Söder sonst aus der Regierung geworfen hätte. Er selber kommentierte das mit den Worten, dann wäre er ein „totes Pferd“ gewesen und hätte nichts erreicht. Die bayerische SPD hatte sich längst angeboten, den frei werdenden Platz der Freien Wähler einzunehmen. Dann wäre Aiwanger kein Minister mehr gewesen, kein Vize-Regierungschef, ohne Dienstwagen und alle anderen Privilegien. Und vor allem hätte er in der Öffentlichkeit ohne Amt und Würden erheblich an Bedeutung verloren.
Die Debatte im Bundesrat verlief wie immer geordnet, ruhig. Man trug Argumente vor, niemand schrie dazwischen, die Würde der Länderkammer kam zum Tragen. So kann politisches Diskutieren auch aussehen. Manuela Schwesig konnte die Zustimmung von Mecklenburg-Vorpommern verkünden, die mitregierende Linke hatte zwar ihre Bedenken geäußert, aber dem Gesamt-Paket zugestimmt. Deutlich wurde in der Aussprache, dass nun auch geliefert werden müsse. Das Geld müsse in die marode Infrastruktur gesteckt werden, damit Schienen, Straßen und Brücken, Kindergärten und Schulen saniert werden, die Digitalisierung angepackt werden kann. Die Milliarden dürfen nicht durch verstärkten Konsum quasi verfrühstückt werden. Dazu kommt, dass wir mehr für die Verteidigung tun müssen, die Bundeswehr muss auf Vordermann gebracht werden. Einer wie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer(CDU) plädierte dafür, damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt, das sei das A und O.
Klar muss sein, dass der Staat, dass die Regierung macht und nicht streitet und alles zerredet. Damit die Menschen Verbesserungen, Veränderungen in ihrem Leben merken, dass sie spüren, die Politiker haben verstanden, was den Bürgerinnen und Bürgern auf den Nägeln brennt. Im Bundesrat wurde dies deutlicher als im Bundestag, wo viel heftiger gestritten worden war vor allem, weil die AfD den Fokus ihrer Kritik an Friedrich Merz fest gemacht hatte und dem Verlust seiner Glaubwürdigkeit. Die Ministerpräsidenten, das war herauszuhören, sind wohl näher dran an den Menschen, sie kennen deren Probleme besser und wissen eher, wie man den Rechtsextremisten das Wasser abgräbt. Nämlich, indem man den Bürgern zuhört, mit ihnen redet, für sie da ist. Das darf man nicht den Faschisten überlassen, die ohnehin nur hetzen, weil sie den Staat und die Demokratie zerstören wollen.
Gemeinsam gewinnen
Die Koalition aus Union und SPD kann nur erfolgreich sein, wenn alle drei Parteien, CDU, CSU und SPD gewinnen. Wenn keiner der Partner versucht, den anderen über den Tisch zu ziehen. Gewinnen können nur alle gemeinsam, nie einer allein zu Lasten der anderen. Die Union hat der SPD nachgegeben, damit eine halbe Billion in die Infrastruktur gesteckt werden kann. Die SPD wird dem Drängen der Union nach Verbesserungen in der Migration nachgeben müssen, auch weil SPD-Wähler das wollen und viele Tausende SPD-Anhänger deswegen AfD gewählt haben. Das bedeutet nicht, dass man gegen Europa-Recht verstoßen muss, aber das bedeutet, dass es beim Familien-Nachzug von Geflüchteten mindestens Einschränkungen geben wird. Es wird an den Grenzen Kontrollen geben, es werden Zurückweisungen passieren, das Recht auf Asyl wird enger gefasst, um es höflich zu beschreiben. Und es muss klar sein: die Integration von Geflüchteten muss angepackt werden, mit Bildungs- und Ausbildungsangeboten, mit der Verpflichtung, die deutsche Sprache zu lernen und sie müssen arbeiten dürfen.
Friedrich Merz hat vor bei einer FAZ-Veranstaltung gesagt, er habe einen hohen Kredit aufgenommen – auch in Sachen seiner Glaubwürdigkeit. Da ist was dran, weil der CDU-Chef vor der Wahl im Grunde jedwede Kreditaufnahme ausgeschlossen hatte, weil er meinte, allein durch das entstehende Wachstum infolge einer neuen Regierung unter seiner Führung könnten Gewinne entstehen und daraus Investitionen passieren. So würde das Land wieder nach vorn kommen, an die Spitze, zur Lokomotive Europas werden. Es mag sein Traum gewesen sein, nun ist stattdessen von Riesen-Schulden die Rede, die sein müssen. Merz muss man Erfolg wünschen, auch die SPD wird daran gemessen, dass die Regierung Merz mit dem SPD-Politiker Klingbeil erfolgreich wird. Alles andere, das dauernde Ja, aber, wir wissen es besser, wir haben Bedenken, führt nicht weiter, es würde nur die Ränder stärken.
CDU, CSU und SPD haben einander Zugeständnisse gemacht, damit zusammen passt, was sich bis zur Wahl hart bekämpft hatte. Die Billion Schulden oder gar mehr lassen sich begründen mit der Weltlage, einem US-Präsidenten, der sich abwendet von alten Freunden wie Deutschland, der Drohung durch Putin, dem desolaten Zustand der Bundeswehr, dem Investitionsstau. Nun müssen sie aber auch daraus Regierungshandeln machen, damit das viele Geld zum Impuls führt, der Deutschland stärkt und auch die politische Mitte. Damit die Bundesrepublik wieder handlungsfähig wird und nicht der kranke Mann Europas bleibt. Germany is back. Hoffentlich sagen das die anderen auch in Monaten. Es ist eine gewagte Operation, die aber sein muss. Wenn CDU, CSU und SPD an einem Strang ziehen, können sie alle gewinnen. Wir ím übrigen auch.
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