Musk hat es geschafft – er bestimmt Schlagzeilen und Diskussionen. Und er befördert die rechtsextreme AfD. Er will es, weil er selber ein Reaktionär besonderer Art ist. Wer die AfD zum „letzten Funken Hoffnung“ für Deutschland erklärt und den Bundespräsidenten einen „anti-demokratischen Tyrann“ nennt, ist nicht nur fern von jeder Realität, sondern ein Einheizer mit eigenartigen Eigenschaften.
Dazu zählt die saloppe Art mit Widersprüchen zu leben, die Rechtsextreme dieser Größenordnung beherrschen. Nur zwei Beispiele:
Er hat seinen Reichtum wesentlich mit Paypal und dem Verkauf seiner Elektroautos der Marke Tesla zu verdanken, also einem Produkt, das klimapolitisch einen Fortschritt darstellt. Zugleich befördert er nicht nur in Deutschland eine Partei, die genau das Gegenteil verkörpert. Die AfD kämpft für den Verbrennungsmotor.
Er unterstützt mit Auftritten und Geld zum Beispiel Parteien in den USA, in Großbritannien und Deutschland, deren Hauptmerkmal Rassismus und die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund sind. Zugleich aber kämpft er für die beschleunigte Anwerbung ausländischer Fachkräfte für die modernen Unternehmen in den USA.
Diese eigentlich nicht zu vereinbarenden Positionen sind – das zeigt ein Blick in die Geschichte faschistischer und ultrareaktionärer Führer – einem Musk auch egal. Sie haben eh keine Haltung, keine Moral oder Werteorientierung. Entscheidend ist, was ihnen nützt – an Macht, an Gewinnen. Die Förderung von Chaos und Destabilisierung dient der Erzielung von Profit, so der Sozialethiker Alexander Filipovic von der Universität Wien: „ Das hat er mit dem Bankensystem gemacht, der Raumfahrt, der Autoindustrie. Disruption klingt ja so wahnsinnig toll – und jetzt soll eben die Politik zerstört werden.“
Dass sich die AfD einem Musk an den Hals wirft (wie auch der FDP-Chef Lindner) und sich mit ihm schmückt, ist nicht überraschend. Das allein wird die AfD nicht wesentlich stärken. „Die größere Gefahr“, so Filipovic, “ist die Art und Weise, wie Social Media benutzt wird, um große Meinungsströme und die Grenzen des Sagbaren zu verschieben und die Grundlagen liberaler menschenrechtsbasierter Demokratie zu erschüttern.“
Genau das erleben wir auch als Reaktion auf die Empfehlung von Musk für die AfD und seinem „begründenden Kommentar“ in der „Welt“. So lehnt zum Beispiel der mächtige „Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“, Thorsten Frei, einerseits die Politik der AfD deutlich ab, findet aber Gefallen an der Analyse der Lage Deutschlands durch Musk. Der Chefredakteur der „Welt“ hat dies vorgeschrieben. Auch ein Redakteur der „Rheinischen Post“ formuliert in einem Kommentar, dass Musks „Analyse über Deutschland einen wunden Punkt trifft“, so die „Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit durch staatliche Vorschriften“. Des Weiteren werden übereinstimmende Worte zur Darstellung Musks zur Energiepolitik gewählt. Sogar das Plädoyer von Musk für den „Erhalt der deutschen Kultur angesichts einer unkontrollierten Einwanderung“ findet lobende Anerkennung.
Diese Übernahme der Weltsicht und Beschreibungen der Situation durch demokratische Politiker und Medien ist Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen – oft ungewollt, aber wirkungsmächtig.
Dies ist genauso in der gesellschaftlichen Diskussion zur Flüchtlings- und Migrationspolitik geschehen und hat wesentlich dazu beigetragen, dass die AfD ab 2016 erheblich an Zustimmung gewonnen hat.
Ein aktuelles Beispiel: die Darstellung der Energiepolitik. Sicher kann über die Höhe der Energiepreise geklagt werden, auch stehen gewaltige Investitionen in Leitungen, Speicher und neueste Gaskraftwerke an, die bei Windflaute und Sonnenausfall eine sichere Energieversorgung garantieren. Aber die Riesenfortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger zu relativieren, die Abschaltung der Atomkraftwerke zu beklagen, die eh nur noch ca. 6% der Energieversorgung lieferten, den Kraftakt des Ersatzes russischen Gases aus anderen Quellen in kürzester Zeit zu ignorieren – das alles gehört zur Standardrhetorik etlicher Unionspolitiker und hilft der AfD, die ähnliche Positionen vertritt und gern Putins Gas wieder nach Deutschland leiten würde. Zudem soll – wie in den USA – der Weiterbestand der Kohle- und der Ölverbrennung gesichert werden – zum Wohle der entsprechenden Unternehmen.
Das gegenwärtig wichtigste Feld des ideologischen Feldzuges rückwärtsgewandter Kräfte ist die Wirtschaftspolitik. Auch hier gilt – es gibt große Aufgaben bei der Förderung von Innovationen, der Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen, der Sicherung der Infrastruktur und der Bewältigung der Transformationen. Es muss wieder mehr Wachstum geben. Aber so zu tun, als ob die Wirtschaft am Boden liege, ist schlicht Verdummung und ein Riesenbeitrag zur gesellschaftlichen Destabilisierung, die Musk und die AfD betreiben. Deutschland hat nach wie vor die drittstärkste Volkswirtschaft der Welt. Noch nie hat das Land so viele Güter und Dienstleistungen produziert wie im letzten Jahr. Der Wohlstand ist nur in wenigen Ländern der Welt höher, wenn auch sehr ungleich verteilt. Es gibt für Unternehmen einen sicheren Rechtsrahmen für wirtschaftliche Entscheidungen, der in anderen Ländern fehlt und deswegen beklagt wird. Es gibt trotz der schwierigen demografischen Entwicklung und der Mängel im Bildungssystem hochqualifizierte Arbeitskräfte. Das alles bewusst zu übersehen und stattdessen immer wieder die bekannten Klagelieder anzustimmen („Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit“, Niedergang Deutschlands), beweist nur Verblendung oder bewusste Irreführung der Menschen, um in einem Klima der Verunsicherung am Ende Macht, Einfluss zu erlangen. Das will Musk, das will die AfD. Politiker der Union und der FDP, die die gleichen Lieder singen, nehmen dabei billigend in Kauf, dass sie den reaktionärsten Kräften den Boden bereiten und die Grundlagen unserer Demokratie zerstören.
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