Das ist eine herbe Schlappe für den erfolgverwöhnten französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Die absolute Mehrheit im Parlament ist verloren; von den 289 Sitzen, die nötig gewesen wären, bleibt sein Bündnis „Ensemble!“ Hochrechnungen zufolge weit entfernt. Nur wenige Wochen nach seiner Bestätigung im Präsidentenamt haben ihm die Wähler einen kräftigen Schuss vor den Bug verpasst. Die Zeiten des Durchregierens sind vorbei.
Der Erfolg für die links-grüne Allianz NUPES, die Jean-Luc Melenchon zusammengeschweißt hat, hatte sich bereits im ersten Wahlgang vor einer Woche abgezeichnet. Mit dem Rückenwind aus seinem respektablen dritten Platz bei den Präsidentschaftswahlen, gelang es dem Altlinken, das lange zerstrittene linke Lager und die Grünen zu einigen.
NUPES steht für soziale und ökologische Erneuerung und zeigt die Leerstellen der zurückliegenden Macron-Jahre auf: Weder hat der Präsident seine Machtfülle für eine überzeugende Klimapolitik genutzt, noch hat er der wachsenden sozialen Ungleichheit etwas entgegengesetzt. Mit seinen Plänen zur Anhebung des Rentenalters hat er die Enttäuschten zusätzlich gegen sich aufgebracht.
Mehr Bürgernähe, wie er sie jetzt verspricht, nehmen ihm die unter steigenden Inflationsraten und Lebenshaltungskosten ächzenden Franzosen nicht mehr ab. Damit hatte er schon versucht, den Gelbwestenprotesten den Wind aus den Segeln zu nehmen, ohne wirklich auf ihre Anliegen einzugehen. Und wenn er die Führer der großen Gewerkschaften in den Élysée einlädt, dann nur um sie auf seine Rentenpläne einzuschwören. Vergebens, bislang, und Melenchons Wahlerfolg wird auch auf die Standhaftigkeit der Gewerkschaften festigen.
Macron muss in der Nationalversammlung um Unterstützung für seine Politik werben. Das liegt ihm nicht, und viel Auswahl hat er auch nicht. Die extremen Rechten mit Marine Le Pen feiern einen erschreckenden Zuwachs an Parlamentssitzen; die klassischen Parteien sind bedeutungslos. Der Präsident selbst war vor fünf Jahren als Erneuerer angetreten, der den herkömmlichen Parteien mit seiner „Bewegung“ den Rang ablaufen wollte. Seine Bilanz ist verheerend.
Die Euphorie ist verflogen. Die Entzauberung hat begonnen. Politik braucht mehr als eine charmante Verkaufe in gefälliger Verpackung; sie muss den Menschen dienen. Neben der Stärkung der Extreme ist die äußerst niedrige Wahlbeteiligung ein Alarmsignal. Nicht nur in Frankreich ist zu beobachten, dass mehr Menschen ihr Wahlrecht nicht nutzen. Demokratie gelingt aber nicht ohne Demokraten.
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