Es liegt ein Hauch von Komödie im Aufstieg des Tyrannen, so katastrophal er auch sein mag. Die Menschen, die er beiseitegeschoben und niedergetrampelt hat, sind selbst meistens kompromittiert, zynisch oder korrupt. Auch wenn sie ein schreckliches Schicksal trifft, ist es befriedigend zu sehen, dass sie bekommen, was sie verdienen, und während wir dem Ränkeschmied zuschauen, wie er sich nach oben poltert, intrigiert und schwindelt, sind wir eingeladen, eine Art Urlaub von der Moral zu nehmen,“ schreibt Havard – Professor Stephen Greenblatt in seinem brillanten Buch DER TYRANN – SHAKESPEARES MACHTKUNDE FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT (Siedler), und fährt unter anderem fort: „Sobald er aber sein Lebensziel erreicht hat….. erstirbt das Lachen schnell. Ein Großteil des Vergnügens über seinen Aufstieg kam von dessen Unwahrscheinlichkeit. Nun erweist sich die Erwartung, dass der Erfolg nie abreißen wird, als groteske Täuschung. Obwohl er wie ein Wunder von dunkler Effizienz erschien, ist er nicht darauf vorbereitet, das Land zu vereinigen und zu führen. Der Triumph des Tyrannen beruht auf Lügen und falschen Versprechungen, die sich um das gewaltsame Ausschalten seiner Rivalen spinnen.“
Der Literatur- und Sprachwissenschaftler Greenblatt ist einer der herausragendsten Shakespeare- Experten und hat diese eingangs zitierten Zeilen vor zwei Jahren – zur Halbzeit von Donald Trumps Amtszeit – geschrieben mit dem Hinweis, „Was uns Shakespeare über Trump, Putin & Co. verrät“. Er war immer von Reichtum umgeben, er wurde in ihn hineingeboren und macht ausgiebig von seinem Vermögen Gebrauch. Doch obwohl er die Früchte des Reichtums genießt, ist es nicht das, was ihn erregt, sondern die Freude daran, Überlegenheit zu spüren. Er liebt es, andere zu demütigen und zu quälen. Es gefällt ihm, zu sehen, wie sich jemand windet, zittert oder vor Schmerzen zusammenzuckt. Diese Fähigkeiten ziehen Anhänger an, die dieselbe brutale Freude empfinden, auch wenn sie darin nicht seine Meisterschaft, seine Klasse haben. Obwohl sie wissen, dass er gefährlich ist, helfen sie ihm, sein Ziel zu erreichen, nämlich den Besitz der höchsten Macht.“
Wie ist es möglich, dass ein ganzen Land einem Tyrannen (einem Autokraten) in die Hände fällt? Warum lassen sich so viele Menschen in die Irre führen, obwohl sie wissen, dass man sie belügt? “ Wie kommt eine Gestalt wie Richard III. oder Macbeth auf den Thron?“ Oder Trump ins Weiße Haus? Ohne Mittäter sind solche Unheile nicht vorstell-, nicht denkbar. Denn irgendwie müssen sie sich ja von einem solchen Führer angezogen fühlen, der nicht regieren kann, sich nicht selbst beherrscht, niederträchtig, hinterhältig ist, Wahrheiten verachtet….. dessen Grausamkeit, Verlogenheit und Brutalität überhaupt nicht abstoßend, vielmehr attraktiv sind, ja Bewunderung, Verehrung auslösen. Anders formuliert, warum unterwerfen sich stolze Menschen einem solchen Tyrannen, werfen ihre Selbstachtung weg und folgen einem Mann, der meint, ungestraft alles tun und sagen zu können was er will? Der Niederlagen hasst. Dieser Mann, der weder über diplomatisches Geschick noch administrative Fähigkeiten verfügt, hat die Präsidentenwahl verloren und will es – natürlich – nicht wahrhaben. Schamlos und wahrheitswidrig behauptet der Autokrat, er sei das Opfer von Wahlfälschungen geworden. Seine Anhänger folgen ihm begeistert und überwiegend unwissend.
Von William Collins Donahue, Professor an der Universität von Notre Dame in Indiana, stammt der Satz: „Für eine erfolgreiche demokratische Teilhabe bedarf es eines Minimums an politischen Kenntnissen.“ Doch selbst die Frage danach zu stellen sei in den USA tabu.“ Denn es berührt jene Klassenunterschiede, die bei Amerikanern seit der Gründung ihres Landes Unbehagen hervorrufen.“ Nach dem Motto, „Was, sie unterstellen, dass Bildung Hand in Hand mit Demokratie geht?“ Doch, es gibt ein massives Bildungsdefizit in den USA. Es gibt auch einen beispiellosen Wohlstand sowie beispiellose Einkommensunterschiede. W. C. Donahue: “ Es ist ein vertrauter Trick in der amerikanischen Politik, einerseits Klassengegnerschaft zu befeuern und andererseits Klassenunterschiede zu negieren. So sehr wir also die Frage los werden wollen, wie Leute mit wenig oder gar keinem Verständnis für unsere Demokratie an ihr teilnehmen können, bleibt sie uns erhalten. Ob wir es wollen oder nicht, verlangen die Kernfragen, mit denen Amerika heute konfrontiert ist, ein Mindestmaß an politischer Bildung.“ Dazu gehört auch, dass jeder US – Wähler wenigstens ein grundsätzliches Verständnis, eine Mindestkenntnis, von Gewaltenteilung braucht. Der Autokrat Trump hat das nicht. Er hat seit seinem ersten Tag im Amt, die Demokratie der USA unterminiert, untergraben, …“indem er unsere Unwissenheit darüber ausgebeutet hat“. W. C. Donahue: „Die Vorstellung, dass Demokratie den Amerikanern im Blut liegt, ist eine einfältige Annahme.“
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Lügen und falsche Versprechungen Teil 2 – Wie Demokratien sterben