Wer nach Berlin, in die Bundespressekonferenz e.V. zum Gründungsakt einer neuen Partei gekommen war, sah sich enttäuscht. Keine Programme, keine Satzungen, nur der bekannte Name „Bündnis Sahra Wagenknecht“, kurz: BSW. Durch ein paar aufpolierte Sprüche erfährt der Besucher, wogegen die Gruppe von einigen bekannten ergrauten und weniger neuen Gesichtern ist: z.B. gegen Verbrennerautos, Russlandsanktionen und unkontrollierte Migration. Mittendrin und wie immer elegant und diesmal im pinkfarbenen Designerkostüm: die Namensgeberin Sahra Wagenknecht, um die sich alles dreht.
Es riecht ein wenig nach dem unter Lindner verspotteten Personenkult und penetrant nach Anbiederung an die braune Wählerschaft.
Links, rechts, das ist hier die Frage. Niemand aus dem BSW gibt hierauf eine Antwort. Und wofür man steht, um bei den nächsten Wahlen die politische Landschaft umzupflügen. Dafür steht zunächst nicht der politische Neuling und Multimillionär Ralph Suikat. Der behauptet, 1,4 Millionen Spenden eingesammelt zu haben. Derjenige, der auf alle offenen Fragen eine Antwort geben könnte, Ehemann und Souffleur Oscar Lafontaine, war nicht anwesend.
Die Neugründung einer Partei zieht die Querulanten an, wie der Marmeladentopf die Wespen. Man will „Glücksritter“ und „Hasardeure“ fernhalten, die sich nicht mit dem Ziel der Partei identifizieren. Folglich will man sich jeden genau „angucken“, der da kommt. Also Gesinnungstest, wie bei einer Kaderpartei. Auch hier lässt Lenin schön grüßen. Darüber hinaus versucht die Politik-Diva unvereinbare Positionen miteinander zu verbinden. In der Wirtschaft will Frau Wagenknecht planwirtschaftliche Elemente, eine Linkskurve. Es sollen gute Löhne gezahlt werden, aber nur für Deutsche. Mit dieser Rechtskurve könnten sie nur mit dem Höcke-Flügel der AFD koalieren. Ebenso mit der Forderung einer harten Begrenzung der Migration. Deutsche zuerst bei Job und Wohnung. Das ist „Arbeiterprojektion“ und stammt von Lenin. Sie will aus der NATO austreten und ein Sicherheitsbündnis mit Putin. Das heißt doch, den Fuchs in den Hühnerstall zu lassen. Für wie dumm hält Frau Wagenknecht die BSW-Wählerinnen und Wähler eigentlich?
All das ist skurriler, rückständiger Originalton von Oscar Lafontaine, der schon früher gegen „Scheinasylanten“ wetterte und Auffanglager in Nordafrika forderte. 2005 vertrat er die Position, dass „Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen den Deutschen die Arbeit wegnehmen“ (Die Welt, August 2009). Der Begriff des Arbeiterprotektionismus (nationale Arbeit) ist rückständig und führt zu noch mehr Rassismus in der Gesellschaft. In dieser Fraktion entstand auch der gescheiterte Verein „Aufstehen“ des Ehepaars Lafontaine-Wagenknecht. Damit der braunen AFD Stimmen abzufangen ist unfrommes Wunschdenken. Dieses Projekt wird an seinen Widersprüchen scheitern.