Die Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitnehmer ist ein Kind der CDU/CSU.
Bis 1985 betrug die Höchstdauer des Arbeitslosengeldbezugs 1 Jahr. Die Verlängerung geschah auf Initiative der CDU/CSU. Das war eine wohlüberlegte Veränderung, die das Versicherungsprinzip stärken und den Fürsorgegedanken zurückdrängen sollte. Es entspricht dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit, wenn ältere Arbeitslose länger Arbeitslosengeld beziehen als die Jungen, denn sie haben in der Regel auch längere Zeit Beiträge gezahlt.
Auch die Rente erhöht sich je nach Dauer der Beitragszeit. Für die Arbeitslosenversicherung haben wir allerdings keine individuellen Konten, auf dem alle Beitragszeiten festgehalten sind. Also mussten wir mit der unbürokratischen Unterstellung arbeiten, dass, wer älter ist, auch in die Arbeitslosenversicherung länger Beiträge eingezahlt hat als die Jungen eingezahlt haben.
Es spricht auch der gesunde Menschenverstand dafür, dass ein 20-jähriger Arbeitnehmer in der Regel nicht so lange Beiträge gezahlt hat wie ein 60-jähriger.
Längere Bezugsdauer entspricht dem Versicherungsprinzip
Die Verlängerung der Bezugszeit des Arbeitslosengeldes bei älteren Arbeitnehmern entsprach also sowohl dem Versicherungsgedanken wie der Leistungsgerechtigkeit. Für beide gilt das Äquivalenzprinzip, das Leistung und Gegenleistung ins Gleichgewicht bringt. Beitrag wird für Versicherungsleistung gezahlt. Dieser Gedanke wurde damals ausdrücklich von der FDP unterstützt.
Die Regierung Schröder hat 2006 die Dauer des Arbeitslosengeldbezugs gekürzt. Die CDU/CSU war dagegen. Man einigte sich auf Druck der CSU, der CDU-NRW und der CDU-Sozialausschüsse auf die mittlere Linie der Verkürzung.
Jetzt wird die SPD sozialpolitisch wieder wach und will ihren alten Fehler korrigieren. Jetzt will die SPD das Arbeitslosengeld wieder verlängern. Jetzt ist die CDU dagegen. Das ist Ball paradox. Ich verstehe die seitenverkehrte Welt nicht mehr.
Die Verkürzung des Arbeitslosengeldbezugs wurde einst von Schröder als große Reform gefeiert, weil mit Hartz IV
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt wurden. Diese Zusammenlegung war konsequent, hat aber mit der Verkürzung des Arbeitslosengeldbezuges systematisch nichts zu tun. Man muss nämlich das Versicherungsprinzip nicht ramponieren, wenn man das Fürsorgesystem reformieren will. Die Verkürzung des Arbeitslosengeldes war eine reine Sparmaßnahme. Mit der Arbeitslosen- und Sozialhilfe hat sie nichts zu tun.
Rente und Arbeitslosengeld keine Almosen
Arbeitslosen- wie die Rentenversicherung folgen dem emanzipatorischen Prinzip, dass ihre Leistungen der Vorleistung des Versicherten durch Beiträge entsprechen müssen. Auch in der Arbeitslosenversicherung muss „Leistung sich wieder lohnen“. Rente und Arbeitslosengeld sind keine Almosen. Es hat etwas mit dem Selbstbewusstsein der Arbeiter zu tun, ob sie staatliche Hilfen aufgrund von Bedürftigkeit erhalten als eine Gegenleistung für Beiträge.
Rolle rückwärts der Union
Die CDU/CSU beteiligt sich an einer ordnungspolitischen Rolle rückwärts, wenn sie Fürsorge zu Lasten von Versicherung den Vorzug gibt. Je kürzer das Arbeitslosengeld gezahlt wird, umso länger dauert die Sozialhilfe (Hartz IV)
Man muss auch nicht besonders ordnungspolitisch begabt sein, um zu verstehen, dass ein 50-jähriger Arbeitnehmer beleidigt ist, wenn er nach 30 Jahren Beitragszahlung genau so lange Arbeitslosengeld bezieht, wie sein 20-jähriger Kollege, der gerade mal ein Jahr Beiträge gezahlt hat.
Auch sozialpolitisch ist es sinnvoll, den Älteren länger Arbeitslosengeld zu zahlen, denn sie haben in der Regel mehr Vermittlungsschwierigkeiten als die Jüngeren. Die Dauer der Arbeitslosigkeit steigt mit dem Alter.
Gibt es eigentlich die CDU-Sozialausschüsse noch, oder sind sie eines sanften Todes entschlafen?
Bildquelle: Wikipedia, Kevin Braatz, CC BY-SA 4.0