Wird ein Satire-Stück des NDR-Magazins „extra 3“ zum Politikum? Jedenfalls sorgt sich die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrem Aufmacher: „Erdogan bringt Merkel in Verlegenheit“. Die SZ fragt dann in der Unterzeile: „Schon die Bundesregierung den türkischen Präsidenten im Satire-Streit, weil sie dessen Hilfe in der Flüchtlingskrise braucht?“ Berlin bestreitet das, aber nur verbal und dann nicht so richtig. Die Auseinandersetzung zeigt, dass gewisse Herrscher, weil sie mit Demokratie nicht viel am Hut haben, die Satire darüber nicht vertragen, mehr noch, sie verstehen keinen Spaß, wenn man versucht, sie zu veräppeln. Prompt drohen sie dann und machen sich lächerlich. Die Reaktion der Bundesregierung wirkt dagegen schon etwas peinlich.
Im WDR 2 war der Satire-Beitrag immer wieder zu hören, im Netz hatten Millionen ihren Spaß mit dem Stück. Zur Musik von Nenas „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ legten die Macher des Satiremagazins dem türkischen Präsidenten, der nun mal Journalisten nicht mag, folgende Zeilen in den Mund: „Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast.“ Aber Erdogan war nicht zum Lachen aufgelegt und bestellte den deutschen Botschafter in Ankara, Markus Erdmann, ein, ein diplomatischer Affront sondergleichen.
Ob Erdogan wirklich meint, die Presse- und Meinungsfreiheit sei verhandelbar? Gegen Casch vielleicht, soll Deutschland etwa noch mehr bezahlen, als mit der EU gerade vereinbart worden ist? Wenn er, der Große Mann vom Bosporus, Berlin droht, werde die Regierung dafür sorgen, dass der NDR seinen Beitrag rausschmeißt, vielleicht sich dafür noch entschuldigt? Selten so gelacht, Herr Präsident. Aber der Mann glaubt, die Kanzlerin in der Hand zu haben wegen der Flüchtlingskrise, er glaubt, sie und die anderen Politiker in der deutschen Hauptstadt erpressen zu können.
Und wenn man sich die Reaktion der stellvertretenden Regierungssprecherin, Christiane Wirtz, anhört, muss man annehmen, dass Berlin dem Problem am liebsten ausweichen möchte. Frau Wirtz betonte, der Wert der Meinungsfreiheit sei auch von der Kanzlerin immer wieder unterstrichen worden. Und Sendungen wie der Satire-Beitrag gehörten selbstverständlich zur deutschen Medienlandschaft. Ein Knaller, dieser Satz oder? Da wird der Erdogan aber zusammenzucken.
Ob der Kollegin das Thema peinlich war? Noch mehr druckste die Sprecherin des Auswärtigen Amtes um den heißen Brei herum. Zunächst bezeichnete sie die Einbestellung des Botschafters als „Einladungen“, musste aber auf Nachfrage zugeben, dass es sich um eine „Einbestellung“ handele, was sie aber gleich wieder mit der Bemerkung relativierte, es habe sich um eine „schärfere Form der Terminvereinbarung“ gehandelt. Hat Außenminister Steinmeier seiner Sprecherin diese Interpretation mit auf den Weg gegeben?
Jedenfalls hat man den Eindruck, als sorge sich Berlin mehr um das Seelenheil des Herrn Erdogan als um Klarheit in Sachen Meinungsfreiheit. Gerade so, als wäre man abhängig von Ankara. Gut, dass das Satiremagazin „extra 3“ nachgelegt hat. Das umstrittene Video gab es noch einmal zu sehen, dieses Mal mit türkischen Untertiteln, wie Moderator Christian Ehring betonte. Begründung. „Vielleicht hat Erdogan den Beitrag nicht verstanden.“ Und Ehring setzte noch eins drauf: Der türkische Präsident schaue offenbar „extra 3“, zahle aber keine Gebühren. „Wenn er Kritik hören will, muss er „extra 3 sehen. Will er keine Kritik, sollte er besser die Bundeskanzlerin sprechen.“
Damit nicht genug der Stichelei, man nahm Erdogan wegen der Einbestellung des Botschafters noch weiter aufs Korn. „extra 3“ Moderator Ehring dazu: „ Wir haben heute bei uns den türkischen Botschafter einbestellt- er ist bloß nicht erschienen.“ Aber Ehring will den Konflikt jetzt deeskalieren helfen. Man müsse Erdogan dafür dankbar sein, dass die Zusammenarbeit mit ihm hervorragend geklappt habe. Das Magazin habe den Präsidenten deshalb zum „Mitarbeiter des Monats“ gekürt.
Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung? So oder so ähnlich lautet ein Sprichwort, das natürlich mit dem Herrn Präsidenten nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.
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