Die 3 Landtagswahlen im September zeigen summarisch, dass die AFD fast ein Drittel der Stimmen erhalten hat; dabei haben die Jungen, die 1990 noch nicht 11 Jahre alt waren, in Thüringen und Brandenburg mit gut 4% überproportional AFD gewählt, in Sachsen nur durchschnittliche 31%.
Bei den über 60jährigen, die 1990 schon 26 Jahre alt waren, gibt es in allen 3 Ländern ein deutlich unterdurchschnittliches AFD-Ergebnis von minus 7% in Sachsen und Brandenburg, minus 14% in Thüringen. Bemerkenswert ist die stärkere AFD-Unterstützung durch Männer als durch Frauen.
BSW hat wohl generell überproportional bei den Älteren gewonnen.
LINKE und FDP verschwinden.
Interpretation:
Überall hat die Persönlichkeit des Ministerpräsidenten ihrer jeweiligen Partei sehr geholfen; in Sachsen und Brandenburg haben einige Wähler ganz offenbar den jeweiligen MP unterstützt, um einen AFD-Sieg zu vermeiden. Das hat in Sachsen der CDU, in Brandenburg der SPD und in Thüringen der Linken Stimmen gebracht, die nicht unbedingt der gewählten Partei gegolten haben.
Die stärkere BSW-Unterstützung durch Ältere könnte ein Hinweis sein, dass diese Partei mit ihrer Russlandfreundlichkeit stärker an DDR-Positionen andockt; im Übrigen profitieren BSW wie AFD von der im Osten überproportionalen Fremdenangst und migrationspolitischem Radikalismus.
Dass die FDP im Osten verschwindet, zeigt, dass ihre Lösungsansatz dort niemanden mehr überzeugt, Steuern eher zu senken als zu erhöhen und dem Staat die Lockerung der Fußfessel der Schuldenbremse zu verweigern. Ich sehe das als Hinweis, dass die FDP auch anderswo ihre Bundespartner SPD und GRÜNE mit in den rechtsradikalen Abgrund schicken könnte, was die Umfragen ja auch im Westen schon zeigen.
Das erneute Scheitern der GRÜNEN (in Sachsen auch nur gnädige 5,1%) ist ebenfalls konsistent mit den übrigen Ergebnissen: man hat im Osten kein Verständnis für die ökologischen Prioritäten, weil diese das Einkommen und die allgemeinen Lebensbedingungen vor Ort nicht kurzfristig verbessern, sondern eher als Bevormundung, wenn nicht gar als Zumutung empfunden werden. Auch bei den ökologischen Notwendigkeiten stehen die Propaganda der AFD und BSW in unheilvoller Wechselwirkung mit persönlichen Einschätzungen und Vorurteilen.
Die LINKE ist nun wohl endgültig gescheitert – gekillt von Sarah Wagenknecht. Im Osten ist der Versuch gescheitert, als geläuterte SED/PDS eine regional fest verankerte Rolle zu spielen. Diese Rolle hat sich die AFD angeeignet und die Argumente weitgehend übernommen: der Osten sei 1989 „über den Tisch gezogen worden“, nicht das SED-Regime, sondern die Treuhand habe die DDR-Wirtschaft zerstört, sowie die systematische Weigerung, die gewaltige Leistung der Westdeutschen bei der Sanierung der maroden Infrastruktur und sozialen Sicherungssysteme zu würdigen. Wahrscheinlich sind es genau diese Elemente, die die Menschen unter 50 überzeugen, weil ihnen zu wenig widersprochen wird – schon gar nicht von ihren Eltern.
Die überproportionale Stärke der AFD bei jungen Wählern ohne DDR-Vergangenheit ist beängstigend.
Es bedeutet, dass diese Altersgruppe der AFD-Wähler in ihrem auch anderswo vorhandenen Frust keine Neigung und/oder Fähigkeit hat, der Verführung durch selbstbewusst auftretende Kraftmeierei zu widerstehen. Zu vermuten ist, dass gerade im Osten die ältere Generation der grundsätzlichen Systemkritik der extremen Rechten zwar selbst nur unterdurchschnittlich folgt, aber ihren Kindern und Enkeln eben nicht widerspricht, wenn diese das rechtsstaatlich-demokratische und marktwirtschaftliche System als Ganzes für ihre jeweils persönlichen Probleme und Defizite im Umfeld verantwortlich machen. Zu berücksichtigen ist auch, dass das hohe Wahlergebnis von AFD und BSW samt der verschwindenden Linken (in Sachsen und Brandenburg fast 50%, in Thüringen 61,7%!) dafür spricht, dass die Meinungen dieser Parteien schon längst auch in den Lehrerzimmern und Sportvereinen vorhanden sind oder gar den Ton angeben.