Nur wenige Tage vor der NRW-Landtagswahl macht auch die neueste Umfrage von Forsa im Auftrag der NRW-Zeitungen der Regierung aus CDU und FDP wenig Hoffnung: Sie haben weiterhin keine Mehrheit. Und was den Ministerpräsidenten Hendrik Wüst und den liberalen Koalitionspartner noch mehr erschrecken muss, sind die gesunkenen Kompetenzwerte von CDU und FDP. Rot-Grün käme demnach auf rund 45 Prozent, CDU/FDP auf 39 vh. Eine große Koalition aus CDU und SPD wäre ebenso möglich wie eine Ampel oder Jamaika. Sogar Rot-Grün könnte eine Mehrheit erzielen. Die Umfrage, die dem Blog-der-Republik zugespielt wurde, soll demnächst vorgestellt werden.
Trotz aller erwähnten Schwächen sieht Forsa- aus welchen Gründen auch immer- die CDU in der Sonntagsfrage mit 32 vh vor der SPD mit 28 vh, die Grünen kommen auf 17 vh, die FDP auf 7 vh, die AfD auf 6 vh, die Linke bliebe mit 3 vh draußen. Die Umfrage wurde im Zeitraum zwischen dem 19. und 26. April gemacht, es ist die letzte in diesem Rahmen vor der Wahl am 15. Mai. Infratest-dimap hatte vor wenigen Tagen im Auftrag des WDR ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU-31 vh- und SPD-30 vh- ermittelt. Insa kam für die BamS auf 29 vh für die CDU und 31 vh die SPD, die Grünen gewannen mal 16 oder 14 vh, die FDP erreichte mal 8, dann 10 vh, die Linke scheiterte mit 3 oder 4 vh.
Gründe für die schlechteren Wahlaussichten sind demnach: 45 vh geben die Arbeit der gesamten Landesregierung an, 32 vh machen dafür den Mallorca-Ausflug von Ex-Ministerin Heinen-Esser, von Minister Holthoff-Pförtner und Ministerin Scharrenbach verantworllich. Ebenso soviele nennen den geringen Rückhalt von Neu-CDU-Chef Friedrich Merz, 16 vh Ministerpräsident Wüst.
NRW bei Digitalisierung hinten
60 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger sind mit dem Angebot an bezahlbarem Wohnraum weniger oder gar nicht zufrieden, 72 Prozent stoßen sich an der Verkehrspolitik der Landesregierung in den letzten vier Jahren. Dabei wollte doch ein gewisser Herr Wüst, als er noch Verkehrsminister war, die Staus eigentlich aus dem Verkehr ziehen. 58 Prozent äußern ihre Unzufriedenheit mit der Verkehrssituation in ihrer Stadt. Fragt man, welche Parteien die Verkehrsprobleme im Lande besser lösen könnten, liegen CDU-19 vh- und die Grünen-18vh- nahezu gleich auf, während hier die SPD erst an dritter Stelle- 13vh- genannt wird. 40 Prozent sind der Meinung, NRW sei bei der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Bundesländern schlechter aufgestellt.
Ähnlich schwach fällt die Beurteilung der Regierung Wüst aus, wenn es um die Interessen des Landes in der Hauptstadt Berlin geht: 41 Prozent sind der Meinung, dass die Koalition aus CDU und FDP die Belange im Bund alles in allem nicht gut vertreten habe, nur 29 Prozent beantworten diese Frage mit Ja.
Im April diesen Jahres waren 54 vh mit der Arbeit der Landesregierung nicht zufrieden, mit der Arbeit des Ministerpräsidenten sind 43vh zufrieden, 42 vh sind es nicht. Fragt man nach der Präferenz des Regierungschefs, liegt Hendrik Wüst mit 35 vh vor Kutschaty mit 27 vh. Der SPD-Herausforderer hat hier kräftig aufgeholt, er hat vor allem seine zwischendurch schwachen Werte innerhalb der eigenen Anhängerschar stark verbessert. Fragt man, welche Partei mit den Problemen des Landes am ehesten fertig würde, liegt die CDU mit 21 vh vor der SPD mit 14 vh. Erschreckend hier der Wert des kleineren Regierungspartners FDP: nur 3vh setzen hier auf die FDP.
Interessant der Bekanntheitsgrad der Polit-Prominenz im Land: hier rangiert Wüst mit einem Wert von 92 klar an der Spitze vor Kutschaty mit 80. Herbert Reul, der Innenminister, liegt mit 74 noch hinter Karl-Josef Laumann mit 79.
Wechsel statt Kontinuität
Umfragen sind keine Stimmen, sie spiegeln die Stimmung im Lande. Wer auf die letzten Jahre zurückblickt, kann keine Kontinuität feststellen, sondern immer den Wechsel. Johannes Rau war ein Dauer-Regierungschef an Rhein und Ruhr, ihm folgte Wolfgang Clement, den es aber schnell nach Berlin zog, wodurch er in Düsseldorf den Stuhl für Peer Steinbrück frei machte. Aber nach 40 Regierungsjahren war die SPD amtsmüde, verbraucht, die CDU mit Jürgen Rüttgers gewann die Wahl 2005, doch schon fünf Jahre später folgte der Absturz von Rüttgers. Mit Hannelore Kraft von der SPD wurde erstmals eine Frau Ministerpräsidentin an Rhein und Ruhr. Die Mülheimer Sozialdemokratin schaffte immerhin eine Neuwahl, aber 2017 kam mit Armin Laschet wieder ein neues Gesicht in die Staatskanzlei. Und nachdem Laschet sich Berlin zuwandte, wo er eigentlich Bundeskanzler werden wollte, trat für die CDU mit Hendrik Wüst ein neuer Mann an, einer,der nicht unumstritten ist, der Erfinder von Rent-a-Rüttgers, als CDU-Generalsekretär von Rüttgers gefeuert, von Laschet „begnadigt“. Wüst wurde am 27. Oktober 2021 vom Landtag als 12. Ministerpräsident von NRW gewählt und muss sich jetzt am 15. Mai erstmals dem Votum von Millionen Wählerinnen und Wählern stellen.
Die Wahl gilt als bundesweiter Stimmungstest, weil NRW mit über 18 Millionen Bürgerinnen und Bürgern das bevölkerungsreichste Land im Bund ist, es ist wie eine kleine Bundestagswahl, ein Test für Olaf Scholz und die Politik der Ampel, ein Test für seine umsichtige, nachdenkliche Politik gegenüber Waffenlieferungen an die Ukraine im Krieg gegen Putins Russland, die von Merz und Söder heftig unter Feuer genommen wird, Söder spricht im Zusammenhang mit Scholz schon von einem Politik-Stil, der eines Kanzlers unwürdig ist.
Es ist ein Test für Friedrich Merz, den neuen CDU-Partei- und Fraktionschef. Es wäre mehr als eine Schlappe, wenn die CDU mit Merz nach dem Verlust des Saarlands auch das Land NRW wieder an die SPD abgeben müsste. Nicht umsonst wirft er alles nach vorn, reist nach Kiew, um Scholz die Bühne zu nehmen, tritt mit Wüst und Markus Söder gemeinsam im Wahlkampf auf. Ausgerechnet mit dem CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten, der dem Wüst-Vorgänger Armin Laschet das Leben schwer machte, als dieser als Kanzlerkandidat der Union vergeblich um die Macht in Berlin kämpfte. Söder will Merz und Wüst helfen. Hat er gesagt. Ist das nun eine Drohung oder was sonst? Mir fällt zu Söder, dem Egomanen aus Franken, dem das Mannschaftsspiel fremd ist und der nur sich kennt, der Satz ein: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde.