Wer sich am Freitagabend die Tagesthemen anschaute, der musste glauben, in einem falschen Film zu sein. Handschlag, Küsschen, Umarmungen für den Kriegsverbrecher Assad, Syriens Herrscher und Schlächter, der Mann, der Krieg gegen seine eigenen Landsleute geführt hat, der sie mit Giftgas ermorden ließ, der Folter als Instrument seiner Politik eingesetzt hat, als wäre das das Normale dieser Welt. Dieser Verbrecher Assad ist zurück am Verhandlungstisch, zurück im Schoß der arabischen Familie. Ein herzlicher Empfang nach feierlichem Protokoll. Es verschlägt einem die Sprache, wenn man solche Bilder sieht wie in dem Bericht über die Tagung der arabischen Liga.
Was sollen die Überlebenden denken, wenn sie das hören und sehen, die Geflüchteten, die den Häschern des Polit-Ganoven Assad entkommen konnten und heute irgendwo in einem Flüchtlingslager kampieren. Verbrechen zahlen sich aus, wer die Gewehre hat, Panzer, Flugzeuge, Giftgas, wer sich der Hilfe eines Potentaten wie Wladimir Putin sicher sein kann, der kann sich alles erlauben. Er wird im Höchstfall ein paar Jahre isoliert sein, zurückgezogen leben müssen, aber dann wird sich der Vorhang wieder öffnen, damit einer wie er wieder auf die Bühne kann. Widerlich ist das, zum Kotzen.
Gipfel Triumph des Diktators
Dieser Gipfel von Dschidda ist sein persönlicher Triumph, nach zwölf Jahren Krieg und Isolation. Der diplomatische Durchbruch für einen Verbrecher. Und das wohl ohne Zugeständnisse. Der Diktator, der längst seine Schäfchen irgendwo im Trockenen hat, dessen Bankkonten irgendwo auf der Welt gefüllt sein werden, darf nunmehr auf Finanzhilfen hoffen, damit das Land, das Assad hat in Trümmern legen lassen, wieder aufgebaut wird. Der Handel wird sich beleben, vielleicht gibt es bald wieder Touristen. Man muss nur die Ruinen beseitigen, ein paar Hotels bauen mit Swimmingpools und schöne Speisen und Kaltgetränke servieren, dann lässt es sich leben.
Vor über 12 Jahren, kurz vor dem Bürgerkrieg, waren wir in Syrien, hatten eine Busrundfahrt durch das Land gemacht. Syrien mit Damaskus und Aleppo war unbestritten der interessanteste Teil der Reise, die auch nach Jordanien ging und über den Sinai Richtung Kairo. Syrien war etwas staubig, hier und da schmuddelig, die Entwicklung war noch nicht abgeschlossen. Aber wir lernten ein Land mit langer Geschichte kennen und alter Kultur. Die Menschen waren freundlich, es lud ein zum Wiederkommen. Nicht unbemerkt blieb das politische System des Potentaten Assad, dessen Gesicht uns pausenlos anglotzte, aus fast jedem Auto, von vielen Wänden. Der Diktator war präsent, auch wenn wir ihn nicht persönlich zu Gesicht bekamen. Es fanden kaum freie Gespräche statt, man verließ den Bus und redete draußen, um sicher zu sein, dass man wirklich allein zu zweit war, ohne dass Ungebetene zuhörten. So verhielten wir uns, so machten es die Einheimischen. Es kam mir vor wie früher in der DDR, als man die Stasi an jeder Ecke fürchten musste.
Opposition gab es damals nicht, zumindest nicht für uns Touristen erkennbar. So ist das in Diktaturen. Dann folgten Monate später die Proteste der Demonstranten, die wir auf der Reise nicht gesehen hatten. Assad schlug die Aufständischen nieder, er hatte die besseren Waffen, Flugzeuge, Raketen, Bomben, Putin belieferte ihn, damit er seine eigenen Landsleute umbringen, Krieg gegen das eigene Land führen konnte. Welch niederträchtiger Herrscher, dem es nur um sein elendes Leben geht, das seiner Landsleute ist ihm egal. Die lässt er ermorden, verfolgen, einsperren, ihre Wohnungen und Häuser niederbrennen. Und jetzt ist dieser Mann zurück am Tisch der Reichen, der Saudis und der anderen Öl-Scheichs, um von ihren Öl-Milliarden etwas abzubekommen.
Hunderttausende Tote hat es bisher schon gegeben in Syrien, getötet durch die Waffen Assads, Millionen, wohl acht Millionen Syrier sind geflohen, sie suchten das Weite, weil sie Feinde waren im eigenen Land, wurden sie niederkartätscht von Assads Soldaten, gnadenlos. Ein eiskalter Mörder. der Kinder als Terroristen foltern, der mindestens 1400 Landsleute mit Giftgas töten ließ. Die Wohnungen und Häuser sind vielfach zerstört, durch Assads Krieg gegen das eigene Land. Syrien, das ist ein traumatisiertes Land, das in Trümmern liegt. Assads Bilanz ist das. Er hat Schulen und Krankenhäuser bombardieren lassen. Das alles ist dokumentiert von der UN, das sind keine bösen Erfindungen der Opposition, es sind seine Verbrechen.
Skrupelloser Diktator
Die arabische Liga hat Assad mit an ihren Tisch geholt, um ihren Einfluss in der Welt zu vergrößern, geeint sei man stärker, ist die Hoffnung. Assad soll zur Rücknahme der Flüchtlinge gedrängt werden. Aber wer will von denen wohl zurück in das Land des Schlächters, der Kinder, Frauen, Junge und Alte auf dem Gewissen hat. Wobei man bezweifeln darf, dass dieser Mann über so etwas verfügt, skrupellos wie er ist. Er soll den Drogenhandel eindämmen helfen, der ihm wahrscheinlich Milliarden in seine Kassen gespült hat.
Das Signal von Dschidda ist fatal: Herrscher wie Assad können sich alles erlauben, können töten und morden lassen wie sie wollen, ihr Land zerstören, am Ende bleibt alles ungesühnt, wenn sie mächtige Partner wie Russland und Iran auf ihrer Seite haben. Der Westen kann diesem traurigen und schaurigen Spiel nur fast tatenlos zuschauen, er kann mit Sanktionen drohen, die kaum etwas bewirken und wenn dann nur die Armen treffen.
Assad ist zurück. Das ist wie Hohn für alle, die ihr Leben für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Gerechtigkeit einsetzen. Sie müssen sich verschaukelt vorkommen. Ein Schlag ins Gesicht ist das für Amnesty International. Assad die Hand zu reichen, damit macht sich der, der es tut, die Hände schmutzig. Denn an den Händen des Diktators klebt But, viel Blut. Assad gehört vor ein Kriegsgericht.
Bildquelle: flickr, thierry ehrmann, CC BY 2.0
Lieber Alfons Pieper,
ja, es macht auch mich fassungslos, wie zynisch sich die Paschas jetzt wieder zusammenschließen.
Als gäbe es übrigens überhaupt keine Frauen mehr in deren Nähe, die eingreifen könnten. Das ist sooo gespenstisch.
Dabei sind es auch in Nah- und Mittelost immer rund 50 % der Bevölkerung.
Mächtige Männer machen uns Allen die Welt so kaputt!
Ein Irrsinn, der sich elektronisch derart beschleunigt, als handelte es sich um bloße
Ego-shooter-Computer-Spiele. „And the winner is…“
Und was mich entsprechend so bedrückt – seit einiger Zeit gibt es RT auch auf arabisch und
erfreut sich auch für jene hardliner toxischer Beliebtheit. Insofern profitiert nicht nur der brutale Einflüsterer von Trump – Steve Bannon, von so einer kaputten Maxime: „flood the zone with shit“.
Und was aktuell Erdogan und seinen wahrscheinlichen Erfolg in der Stichwahl betrifft:
die 95 % der Medien in der Türkei befinden sich deshalb in der Hand des menschenverachtenden Autokraten, weil die landesweite Immobilien-Industrie genau auch die Eigentümer dieser staatsorientierten Medien sind!
Die aktuelle Rivalität der Geflüchteten in Deutschland – auch diese angespannte Lage haben wir ja Herrn Putin zu verdanken:
sowohl die Syrerinnen und Syrer der Jahre 2015 und 2016, als auch die Ukrainerinnen und Ukrainer – leider dürfen die Kriegsdienstverweigerer nicht raus aus ihrem „Vaterland“ – beide Völker flohen und fliehen, weil ein größenwahnsinniger Diktator seine verschiedensten Mannen zum Massenmord treibt. Assad jedenfalls hätte ohne support aus Moskau dieses totale Zerstörungswerk so nicht realisieren können.
Nun – und dass wir, der Freie demokratische Westen – so was von nicht aufgepasst haben, all die Jahre so zögerlich nur – mal hier und mal da, ein paar Bedenken geäußert – das war ein moralisches Versagen ganz unsererseits! Da muss sich unbedingt ganz viel ändern im Sinn unserer humanistischen Haltung, ganz konkret!
Wenn wir uns jetzt fragen – ja, was ist denn die Ursache für den immer schnelleren ethischen Kompass-Verlust – hier noch mal meine These, die ja einigen unserer Autor:innen und Leser:innen nicht unbekannt sein dürfte:
Das global konkurrierende Wirtschaftssystem eines alles dominierenden Turbokapitalismus hat sich in seiner destruktiven Entgrenzungsdynamik so grauenvoll bis in die kleinsten seelischen Regungen von uns Erdenbürgerinnen und Erdenbürgern hinein manövriert – irgendwie sind viele Menschen inzwischen vor allem heftig konsumierende Endverbraucher:innen, davon nimmt die individuelle Seele allerhand Schaden. Und die geschäftigen Geschäftsleute sind global als Konkurrenten im permanenten Kampf außerstande, über den jeweiligen Tellerrand hinaus zu betrachten, was sie mit ihrem manischen Profit-Treiben alles zerstören, zumal sie immer mit Machtzuwachs belohnt werden. Ach ja, was das Wachstum angeht, dieser Fetisch, der wird hoch honoriert, auch hier Kolateralschäden jede Menge, EGAL, blind im Triumpf, damit einher geht eine VORSÄTZLICHE IGNORANZ
Ich frage mich, warum die so genannten Verantwortlichen in der Welt nicht begreifen können, dass wir Alle global – ob wir das wünschen oder nicht – besonders im Zeichen der deutlich wachsenden Klima-Krise –
eigentlich EINE FAMILIE sind, auf einem sehr begrenzten Raum!
Ja, eine Familie, deren einzelne Mitglieder sich einigen müssen, nach verbindlichen Regeln, die gemeinsam in einklagbaren REGELN definiert werden. Und das geht NUR mit Kompromissen, die die Interessen aller – der Frauen wie der Männer, der Kinder wie der Erwachsenen, GLEICHWERTIG berücksichtigt! Erst und nur dann haben alle Menschen was davon.