Ein pars pro toto.
Ihr Name sei Halina.
Halina lebt in Mariupol.
Halina – sie lebt, sie lebt noch.
Halina ist 36 Jahre schon auf dieser Erde.
Halina lebte bis vorvergangene Woche mit ihrem Ehemann Boris
– ein wunderbarer Russe, ursprünglich aus Petersburg –
und ihrer 14-jährigen Tochter Anna,
in einem modernen Hochhaus in der 8. Etage, mit einer schönen Aussicht,
und überhaupt guten Aussichten auf ihr Leben in Frieden bis in den Januar.
Dieses Hochhaus gibt es nicht mehr. Nur noch eine schwarze Ruine.
Wie kann das sein? Noch zu Weihnachten haben sie sich doch alle so über die neue Wohnzimmergarnitur gefreut!
Sie hatten gespart, sie haben sie doch gemeinsam ausgesucht, die Sessel, die Couch, zum Ausklappen auch für Besuch,
die Farben, die Form, die Bequemlichkeit. Sie konnten die Füße hochlegen, sich ausruhen von der Arbeit, von der Schule,
entspannen,
so froh sein, nicht ohne Stolz, denn billig war sie nicht, diese Anschaffung.
Und robust war sie, sollte doch halten, gemütlich für etliche Jahre.
Sie lebt noch, Halina und ihre kleine Familie, tief unten in einem Schacht, zitternd vor Angst und vor Kälte.
Ausgeliefert, fassungslos. Grau ihre Gesichter, für immer gezeichnet.
Unter dem vielsagenden Titel „Krieg ist krank – immer“ fängt der kleine Text die ganze Absurdität von Krieg und Zerstörung ein. Mit unspektakulären Worten wird der Bruch zwischen Normalität und Entsetzen gezeichnet.
Wir selbst, aus einer Situation äußerlicher Behaglichkeit heraus, vermögen doch Hilflosigkeit, Verzweiflung und Erstarrung nachzuempfinden. Unsere eigene Welt ist unvermittelt aus den Fugen geraten, und wir suchen nach Antworten auf Fragen, die wir zu Dutzenden in unseren Köpfen und Herzen haben.