Ohne Mumm, ohne Emotionen, ohne Spannung, ohne Kampfgeist. Raus und vorbei. Verdient der Abschied von Katar. Diese DFB-Elf hatte so gut wie nichts zu bieten. Weltmeister im Quer-und Rückpass, im Hin- und Herschieben der Verantwortung, ohne Kopf, ohne Herz.
Man muss niemanden aus der Mannschaft hervorheben, keiner brachte eine gute oder gar herausragende Leistung. Ich hatte als Zuschauer auch nie das Gefühl, da platze jetzt der berühmte Knoten. Nein, es ging nie richtig los. Sie liefen über den Platz, als hätten sie schon alles gewonnen. Ihnen fehlte der Biss, der unbedingte Wille zum Sieg, die Gier, gewinnen zu wollen. Wo waren die aufgekrempelten Ärmel, wo der Schweiß, ohne den es keinen Erfolg geben kann?
Schon der Auftakt gegen Japan strotzte vor Arroganz. Da war eine Truppe zu besichtigen, die wollte den Asiaten mal zeigen, wie man in Europa kickt. Hin und her, kreuz und quer, dabei vergaß man den alten Satz von Herberger oder Rehhagel: Das Runde muss ins Eckige. Wer gewinnen will, muss Tore schießen. Oh ja, es gibt viele Allgemeinplätze und blöde Sätze, die man den Nationalspielern um die Ohren hauen könnte. Niklas Süle zum Beispiel bewegt sich auf dem Platz wie ein Franz Beckenbauer, nur Herr Süle: der Franz Beckenbauer konnte Fußball spielen, der Ball war sein Freund, seine Pässe kamen an, der Beckenbauer sah den Pass des Gegners schon Minuten vorher und lief ihn ab. Und so weiter und so weiter. Nach dem gestrigen Spiel weiß ich auch, warum die Bayern den Süle haben Richtung Dortmund ziehen lassen.
Nehmen wir das Mittelfeld. Ohne Kopf, kein Chef weit und breit, der die Bälle gefordert und entsprechend weitergespielt hätte, kein mutiges Vorpreschen, kaum jemand wagte den Schuss aufs gegnerische Tor. Ja, wir hatten Eckbälle im Minutentakt. Aber die landeten doch fast alle beim Gegner. Hat man im Training eigentlich Standards geübt? Ich habe davon nichts gesehen. Kimmichs Freistöße und Eckbälle waren in der Regel Fehlpässe.
Irgendwer verglich das Auftreten der Fußballauswahl mit dem Verhalten mancher Zeitgenossen. Bloß nicht anstrengen, sich bequem zurücklehnen, mir doch egal, was passiert. Hauptsache mir passiert nichts. Schön den Fuß zurückziehen, wenn der Gegner den Ball spielen will, könnte ja wehtun. Vor Jahr und Tag schrieb ein Sport-Journalist- ich glaube von der SZ- vom schweißfreien Fußballspieler, gemeint Toni Kross. Nur muss man zur Ehrenrettung des Toni Kroos hinzufügen: Der Mann konnte und kann Fußball spielen, der hat jahrelang die Elf von Real Madrid dirigiert wie ein General. Der war der Kopf und das Herz der Madrilenen. Ich weiß gar nicht, wie oft Toni Kroos mit Madrid die Champions-League gewonnen hat.
Gegen Japan verloren, ein gutes Unentschieden gegen einen der Mit-Favoriten Spanien, gegen Costa Rica mühsam gewonnen. Dabei wollten wir die Mittelamerikaner vom Platz fegen. 7:0, so wie Spanien das gelungen war, hätten dann gereicht zum Achtelfinale. Hätte, hätte Fahrradkette. Deutschland, der viermalige Weltmeister, ist nur noch Durchschnitt. Und dies seit Jahren. Wir sollten nicht vergessen, dass wir vor vier Jahren in Russland genauso erbärmlich gescheitert waren. Damals gegen Mexiko und Südkorea, auch diese Mannschaften glaubten wir mir nichts dir nichts vom Platz schießen zu können. Hacke Spitze, einszweidrei. Und zack waren wir draußen, als Titelverteidiger.
Wir spielen seit Jahren ohne einen Mittelstürmer. Warum bilden wir keine mehr aus? Früher gab es den Otmar Walter, dann den Uwe Seeler, den Gerd Müller, Klaus Fischer. Zuletzt den Miroslav Klose, Rudi Völler nicht zu vergessen, oder Klinsmann. Jetzt spielen wir mit der falschen Neun, heißt es im Fußballsprech. In Deutschlands Vereinen werden Torleute ausgebildet, Verteidiger-oder wie die heute heißen mögen-, Mttelfeldspieler, früher rechte oder linke Läufer, Rechts- und Linksaußen, die heißen heute auch anders. Aber egal. Wo bleiben die Mittelstürmer? Ja, vorne reinzugehen mit Kopf und Fuß, mit dem ganzen Körper, das kann ganz schön schmerzhaft sein. Wer selber Fußball gespielt hat, weiß das.
Ich wiederhole gern eine andere Kritik am deutschen Fußball. Der FC Bayern wird aller Voraussicht nach in diesem Jahr erneut Deutscher Meister. Zum elften Mal in Folge. Die Bayern sind in der Bundesliga ohne echte Konkurrenz. Der FC Bayern hat die meisten Mitglieder, das meiste Geld, er kann sich jeden Spieler kaufen, den er will. International
sind die Bayern-Kicker der einzige deutsche Klub, der mithalten kann mit Madrid, Barcelona, PSG, Manchester, Juventus Turin. Dortmund, Leipzig, früher Schalke, alle anderen spielen nur mit. Und wenn sie gegen die Bayern mal gewinnen, freuen sie sich wie die Schneekönige. Aber diese Entwicklung war und ist eine Schwäche der Bundesliga. Der FC Bayern wird in Deutschland nicht mehr gefordert, aber er stellt die meisten Nationalspieler. Und die sind dieses Mal- Kimmich, Gnabry, Goretzka, Müller, Musiala- auch nur Mittelmaß gewesen. Das Ergebnis ist bekannt. Raus in der Vorrunde. Deutschland ist nur noch Zuschauer bei einer Weltmeisterschaft. Da gibt es nichts schönzureden.