Das war kein guter Tag für die Demokratie. In den neuen Bundestag zieht als drittstärkste Kraft eine rechtsextreme Partei ein. Das ist bedrohlich und besorgniserregend, allen Beschwichtigern zum Trotz. Die Behauptung, dieses bräunliche Sammelbecken am äußerst rechten Rand werde sich schon bald selbst zerlegen, ist ein naiver Hoffnungswert. Zwar ist die zwielichtige Truppe von Macht- und Grabenkämpfen durchzogen, doch es braucht die Geschlossenheit der Demokraten, um dem menschenverachtenden Gedankengut und der Verächtlichmachung des Parlaments ein Ende zu bereiten.
Jetzt also Jamaika. Die bitter geschlagene SPD ist entschlossen, im neuen Bundestag die Opposition anzuführen, der deutlich geschwächten Union mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt rein rechnerisch keine andere Wahl, es sei denn, sie ließe sich auf eine Minderheitsregierung ein. Beide Volksparteien haben dramatisch an Rückhalt verloren.
Die SPD zieht daraus – wie schon nach der Wahlniederlage in NRW – die Konsequenz, sich in der Opposition erneuern zu wollen. Die überraschend stabilen Grünen und die nach vier Jahren ins Parlament zurückgekehrte FDP sind von dieser Alternativlosigkeit wenig begeistert; die Zwangslage lässt ihnen wenig Raum für Profilierung. Und doch gebietet es die Verantwortung für die Demokratie, sich in die Pflicht zu stellen.
Große Koalitionen sind generell nicht gut für das parlamentarische System, weil sie die extremen Kräfte stärken. Das letzte, jetzt bei der Wahl kräftig abgestrafte schwarz-rote Regierungsbündnis hatte eine so unverschämt große Mehrheit, dass eine kraftvolle Opposition nicht mehr stattfand. Den Unmut über die soziale Schieflage im Land konnten sich die Rechtsextremisten zunutze machen. Die brodelnde Unzufriedenheit fand in den etablierten Parteien keinen glaubwürdigen Anwalt mehr.
Die SPD leidet unter den Spätfolgen der Hartz-IV-Gesetze, und wenn sich eine Erkenntnis aus der anfänglichen Begeisterung für ihren Spitzenkandidaten Martin Schulz ziehen lässt, dann die, dass eine Politik der sozialen Verantwortung durchaus noch mehrheitsfähig sein kann. Beliebigkeit hingegen führt, das haben Labour in Großbritannien und Sozialisten in Frankreich erfahren, unweigerlich in den Niedergang.
Auch andere werden Lektionen aus diesem Wahlausgang ziehen. In der Union, die sich bereits auf den herannahenden Erbstreit um die Nachfolge von Angela Merkel einrichtet, wird die Versuchung groß sein, ähnlich wie die FDP, mit populistischen Parolen von Stimmungen zu profitieren. Richtiger freilich, um die enttäuschten, unzufriedenen und abgehängten Wähler zurückzugewinnen, wäre eine neue Qualität der Sachpolitik, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
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