Abgebürstet hat Friedrich Merz heute im Bundestag nicht nur Bundeskanzler Scholz, sondern auch gleich noch eigene kooperationsbereite Länderchefs, die sich aufgeschlossen zu einer Modifizierung der Schuldenbremse zeigen. Ich kann mich an keine Bundestagsdebatte mit derart über jede Grenze hinaus gehenden persönlichen Anfeindungen erinnern, wie sie Merz gegenüber dem Bundeskanzler von sich gegeben hat. Herbert Wehner, bekanntlich ein Meister der verbalen Bösartigkeiten im parlamentarischen Geschäft, hat einmal den CDU Abgeordneten Wohlrabe als „Übelkrähe“ bezeichnet. Ich weiss nicht mehr, was ihn dazu veranlasst hat, aber spontan möchte ich diese Titulierung gern für Friedrich Merz dauerhaft reservieren. Man kann die Merz Rede getrost als endgültige Absage an jede Art von Kooperation zur Abwendung drohender schwerwiegender wirtschaftlicher Einbrüche in Deutschland verstehen, die aus staatspolitischer Verantwortung unverzichtbar wäre. Merz ist ein von Effekthascherei getriebener Hasardeur, der die verbrannte Erde als Kaminfeuer ausgibt.
Dass die Regierungserklärung von Kanzler Scholz eigentlich keine solche war und hinter berechtigten Erwartungen meilenweit zurückgeblieben ist, ist sicher unstreitig. Er hätte sie besser verschoben, bis eine Koalition interne Meinungsbildung erfolgt gewesen wäre, die ihm klare Zielvorgaben ermöglicht hätte. Wir alle machen Fehler, dieser war vielleicht einer zu viel.
Friedrich Merz hat wie ein Bluthund, der das waidwunde Wild gesichtet hat, Witterung aufgenommen. Er sieht in einem baldigen Bruch der Koalition und Neuwahlen seine vermeintlich sichere Chance auf die Kanzlerschaft, die ihm bei regulärem Ausgang der Legislaturperiode mit einiger Wahrscheinlichkeit Söder und Co. streitig machen würden. Dem ordnet er alle Sachfragen unter. Weil er keine eigenen Handlungsperspektiven anbieten kann und will, bleibt nur der Wille zur Zerstörung. Es ist ihm und seinen Gefolgsleuten offensichtlich gleichgültig, welche negativen Auswirkungen auf Beschäftigung, Industriepolitik und Umwelt solche Verweigerung hat. Er verschweigt, dass die Ablehnung einer Modifizierung der Schuldenbremse durch die Union in der Großen Koalition den damaligen Finanzminister Olaf Scholz gezwungen hat, den fragwürdigen Weg der Schattenhaushalte zu begehen. Angela Merkel ( CDU) war damals Kanzlerin und hat die Richtlinien der Politik bestimmt und nicht der Finanzminister.
Merz ist als Parteivorsitzender der CDU in der eigenen Partei umstritten. Er hat die CDU Länderchefs von Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Berlin in der Frage einer Modifizierung der Schuldenbremse gegen sich und mindestens Söder als Konkurrenten im Nacken. Realistische Vorstellungen zur Lösung der gegenwärtigen Haushaltsprobleme und einer zukunftsorientierten Politik sind nicht einmal im Ansatz sichtbar. Eine Grundlage für seinen Machtanspruch ist nicht erkennbar.