Wie viele Showdowns hat es im Trauerspiel um den Brexit nicht schon gegeben, wie viele Fristen sind in den Verhandlungen zwischen London und Brüssel verstrichen und wieder verlängert worden. Jetzt reißt dem Europäischen Parlament der Geduldsfaden. Konservative und Sozialdemokraten setzen übereinstimmend eine allerletzte Frist bis Sonntag. Falls es bis dahin keine Verständigung gebe, sagen Manfred Weber (CSU) und Bernd Lange (SPD), sei das Vorhaben gescheitert.
Das Ultimatum ist auch ein Akt der Selbstachtung. Das Europäische Parlament ist es leid, in dem Verfahren als zu vernachlässigende Größe betrachtet zu werden. Die Zustimmung des Parlaments zu einem Vertrag ist keine Formsache, schon gar nicht bei einem derart historischen Vorgang. Das 700 Seiten starke Dokument will nicht einfach abgenickt, sondern gründlich geprüft sein. Zehn Tage sind aus Sicht des Parlaments das Mindeste.
Zehn Monate haben den Verhandlungsführern beider Seiten nicht gereicht, um die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den aus der Gemeinschaft ausgetretenen Briten auf eine neue Basis zu stellen. Dem britischen Premierminister Boris Johnson wird eine bewusste Hinhaltetaktik unterstellt, um im letzten Moment weitere Zugeständnisse von den Europäern zu erzielen.
Wiederholte Anläufe von Kommissionschefin Ursula von der Leyen, im persönlichen Gespräch mit Johnson handelseinig zu werden, liefen ins Leere. Sie verhinderten einen endgültigen Abbruch der Verhandlungen, den ohnehin keiner ernsthaft will. Ein harter Brexit, der die wirtschaftlichen Beziehungen dem Reglement der World Trade Organisation (WTO) unterwirft, schadet beiden Seiten. Die massiven Gütertransporte dieser Wochen sind Ausdruck der bedrohlichen Lage. Die Dramatik wird auf die Spitze getrieben.
Boris Johnson hat sich verrechnet. Seinem triumphalen Wahlerfolg, den er mit dem Schlachtruf „Take back control“ errang, folgten die Corona-Krise und die Abwahl von US-Präsident Donald Trump. In der globalisierten Welt ist eine rein nationale Gesetzgebung gar nicht mehr möglich; und im Europäischen Binnenmarkt sind die lukrativen Vorteile nicht ohne Auflagen zu haben. Das ist eine Selbstverständlichkeit, von der die EU nicht abrücken kann, schon um sich nicht selbst aufzugeben.
Jetzt holen Johnson seine populistischen Versprechen ein. Er sucht nach Erfolgen, die es ihm erlauben, sein Gesicht zu wahren. Sein Land hat es schon als Mitglied der EU verstanden, sich vielerlei Privilegien zu sichern. Als Ex-Mitglied jedoch wäre eine Vorzugsbehandlung fatal für den Zusammenhalt des Ganzen. Die Spielregeln müssen für alle gelten, ohne Ausnahme und ohne Hintertüren.
Das britische Unterhaus ist in die Weihnachtspause gegangen. Die Regierung will die Abgeordneten zurückzubeordern, falls ein Deal zustande kommt. Doch ein bisschen widerborstig sind auch die Mitglieder des Parlaments in Westminster. Sie schließen Sitzungen an Weihnachten oder Silvester aus und pochen auf eine 48-Stunden-Frist zur Einberufung einer Sondersitzung. Viele Tage bleiben da nicht mehr für eine ordentliche Ratifizierung. Doch auch dem eigenen Parlament gegenüber gibt sich die britische Regierung gleichmütig. Man könne doch, so heißt es lapidar, einen Vertrag nachträglich im neuen Jahr vom Parlament absegnen lassen.
Bei soviel demokratiefeindlichem Hochmut bleibt zu hoffen, dass der Nachdruck der Parlamentarier heilsame Wirkung zeigt. EU-Verhandlungsführer Michel Barnier spricht inzwischen von Fortschritten und „letzten Stolpersteinen“. London dämpft jedoch die Erwartungen weiter und sieht die Einigungschancen bei unter 50 Prozent. Fischerei, fairer Wettbewerb und Streitregelung sind die letzten drei Knackpunkte, nachdem 95 Prozent des Vertragswerks ausgehandelt sind.
Es geht um Lachse und Heringe aus der fischreichen britischen Nordsee. Rund 60 Prozent des Fangs aus diesem Gebiet fischen derzeit Boote aus Frankreich, Irland, Dänemark, Holland, Belgien, Spanien und Deutschland. Geht es nach der EU, soll das so bleiben; Johnson aber hat seinen Fischern einen größeren Anteil versprochen. Fragt sich nur, warum. Denn höhere Fischfangquoten bringen den britischen Fischern nichts, wenn sie ihre Fische nicht mehr in die EU exportieren können. Der Streit hat wirtschaftlich geringe Bedeutung, symbolisch umso mehr.
Ernster sind die zwei anderen Streitfragen, die die Grundregeln eines fairen und verantwortungsvollen Wettbewerbs berühren. Die EU pocht einerseits auf verbindliche Regeln zu Subventionen und andererseits auf die Garantie, dass europäische Standards im Arbeits-, Umwelt- und Klimaschutz eingehalten werden, und zwar auch dann, wenn sie die in Zukunft verändert. Das bedeutet im besten Fall, dass die Standards im Binnenmarkt verschärft werden, denn strengere Auflagen zum Schutz von Beschäftigten, dem Klima und der Umwelt sind dringend notwendig. Und es ist überhaupt nicht einzusehen, dass sich Großbritannien da auf Kosten anderer aus der Verantwortung stiehlt.
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Die Gesundheit der Menschen in der Europäischen Union und in England müsste in der jetzigen Situation über dem Brexit stehen. Hier wird zur Zeit von beiden Seiten, nicht zu Gunsten der beiden Partner ein Kampf ausgetragen. Der die Menschen und Wirtschaft, Dienstleistungsgeschäft verunsichert. Sehr viel Gesundheit und somit viel Kapital auf beiden Seiten kostet, verschlingt. Was wiederum die anderen Staaten, die nur gewissermaßen involviert sind, enorm mit hineinzieht. Wirtschaft – Caos zusätzlich zur Pandemie! Wir wissen alle, Zeit ist Geld, Kapital und kostet somit wieder Gesundheit. Ohne nachhaltige Gesundheit kein nachhaltiger Win-Win- Erfolg, Profit für beide Partner , EU und England. Hier wird etwas zerstört, was über Jahre mit Nachhaltigkeit gemeinsam auch mit anderen, durch andere Staaten aufgebaut wurde. Schade.