Jetzt ist es raus: US-Präsident Joe Biden verzichtet auf die erneute Kandidatur und empfiehlt den Demokraten, mit Vizepräsidentin Kamala Harris in die Wahl im November zu gehen. Der 81-Jährige, dessen Gesundheitszustand in den zurückliegenden Wochen eine anschwellende Debatte über seinen Rückzug befeuert hatte, bewirbt sich nicht um eine zweite Amtszeit; er muss wohl froh sein, wenn er die erste übersteht.
Denn dazu ist er entschlossen. Das verbleibende halbe Jahr bis zum Amtswechsel im Januar 2025 will Biden zu Ende bringen. Das ließ er zusammen mit seiner Verzichtserklärung wissen, die er seltsamerweise über Social-Media-Kanäle verbreiten ließ und die daher erstmal auf ungläubige Skepsis traf. Der Präsident, der sich in diesen Tagen noch von einer COVID-Infektion erholt, kündigte eine offizielle Erklärung erst für Dienstag an. So sei es das Beste für die Partei und das Land, schrieb Biden, und fügte stichpunktartig die Erfolge seiner bisherigen Amtszeit hinzu.
Jetzt also Kamala Harris – es sei denn, die Demokraten wollen sich mit einem innerparteilichen Streit um die Präsidentschaftskandidatur der letzten Chancen auf den Wahlerfolg gegen Donald Trump selbst berauben. Unumstritten ist die 59-jährige Harris nicht, aber naheliegend. Das hat den pragmatischen Grund, dass es keinen Ärger um die für das Duo Biden/ Harris bisher eingeworbenen Spenden geben wird. Tritt Harris an, sind die Millionen für die Kampagne der Demokraten sicher.
Die Frage nach der finanziellen Ausstattung hat in US-Wahlkämpfen ein überwältigendes Gewicht. Alle vier Jahre stellen die Parteien einen neuen Ausgabenrekord auf. Und dass ihnen auf den letzten Metern finanziell die Puste ausgeht, können sich die Demokraten schlicht nicht leisten. Ohnehin kann der kurzfristige Kandidatenwechsel noch Komplikationen mitsichbringen. Unterschiedliche Fristen in den Wahlgesetzen der Bundesstaaten beispielsweise hatten zuletzt schon für Diskussionen über virtuelle Sonderveranstaltungen vor dem Nominierungsparteitag gesorgt, und innerparteilich wird schon der Ruf nach neuen Vorwahlen laut.
Geschlossenheit, wie sie die Republikaner hinter Trump inszenieren, ist der demokratischen Partei nicht gegeben. Kamala Harris hat sie als Vizepräsidentin bisher nicht gerade begeistert. Biden hat ihr allerdings auch wenig Gelegenheit zur Profilierung gegeben. Beim Einzug des Duos ins Weiße Haus im Januar 2021 war noch erwartet worden, dass es in der laufenden Amtszeit zum Wechsel von Biden zu Harris kommt. Doch den Weg des geordneten Übergangs hat Biden nicht gewählt.
Er hat auch jetzt nicht aus freien Stücken, sondern unter dem wachsenden Druck seiner Partei aufgegeben. Kamala Harris ist unterdessen im Wahlkampf für ihn eingesprungen und hat ihre Rolle – womöglich die Entwicklung ahnend – durchaus kämpferisch angenommen. Sie könnte die erste Präsidentin der USA werden. Die Ambitionen dazu waren ihr schon nachgesagt worden, als Biden sie zu seiner Stellvertreterin erkor.
Bildquelle: Wikipedia, Gage Skidmore from Peoria, AZ, United States of America, CC BY-SA 2.0 , via Wikimedia Commons