Die Blicke der Welt richten sich auf Bonn. Zwei Jahre nach der gefeierten Klimakonferenz von Paris werden in der Stadt am Rhein 25000 Gäste zur „COP 23“ erwartet. Der 23. Klimagipfel der Vereinten Nationen ist die bisher größte Konferenz, die Bonn je ausgerichtet hat. Nie zuvor war auch eine Aufgabe größer. Binnen zwei Wochen soll ein Regelwerk für die konkrete Umsetzung der Klimaziele erarbeitet werden, damit den ehrgeizigen Plänen tatsächlich auch wirksame Maßnahmen folgen. Daran hat es in der Vergangenheit oft gehapert. Zwischen vollmundigen Gipfelversprechen und politischem Handeln klafften tiefe Gräben.
Zusätzlich erschwerend kommt hinzu, dass während der Wegstrecke zwischen Paris und Bonn Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Das Ausscheren der USA als dem weltweit größten CO2-Produzenten aus der gemeinsamen Verantwortung wirkt sich nicht nur auf Fragen der Finanzierung aus. Die „Amerika zuerst“-Haltung birgt auch die Gefahr, andere Länder zu demotivieren. Die Hoffnung in Bonn ist daher, eine „Jetzt-erst-recht“-Stimmung erzeugen zu können, um den Druck aufrechtzuerhalten und – nicht zuletzt über die im Klimaschutz engagierten US-Bundesstaaten – eine Dynamik in Gang zu setzen, der sich nicht einmal Trump entziehen kann. Bisher haben 169 Staaten das Abkommen von Paris ratifiziert.
Vor zwei Jahren in Paris hatte es – überraschend nach jahrelangem Tauziehen – erstmals einen wirklich weltumspannenden Erfolg gegeben. Die Länder einigten sich auf ein Klimaabkommen mit dem Ziel, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor 150 Jahren, also vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen. Das war ein ermutigendes Signal internationaler Solidarität. Denn der von den reichen Industrieländern im Norden maßgeblich verursachte Klimawandel trifft mit voller Wucht die Ärmsten der Armen im Süden.
Die Konferenz von Bonn steht unter der Präsidentschaft der Fidschi-Inseln. Die akute Bedrohung, die von steigenden Meeresspiegeln schon heute für Inseln ausgeht, und die Bedeutung des Klimawandels für die Ozeane rücken daher in den Vordergrund der Beratungen. Auf der Tagesordnung steht freilich die gesamte Palette der klimarelevanten Themen, von Hunger und Flucht, Fluten, Stürmen und Gletscherschmelzen über Energie- und Mobilitätsfragen bis hin zu Ressourcenschutz und nachhaltigem Wirtschaften. An keinem anderen Thema wird auf so eindringliche Weise deutlich, wie sehr die eine Welt miteinander verflochten ist, wie weit die Folgen unseres Handelns reichen und wie umfassend daher auch unsere Verantwortung ist.
Delegierte aus 197 Staaten verhandeln im Bonner World Conference Center, hinzu kommen Vertreter von 500 Nichtregierungsorganisationen und mehr als 1000 Journalistinnen und Journalisten aus aller Welt. Bei ähnlich großer Bühne hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Vergangenheit gern als „Klimakanzlerin“ präsentiert. Doch diese Zeiten sind vorbei. Blickt man nur auf den Dieselskandal oder die Kohlepolitik, hätte sie ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem. Ähnlich wie die Grünen übrigens, die sich doch anschicken, Teil der neuen deutschen Regierungskoalition zu werden. Ihre sonst so ambitionierte Klimaschutzprogrammatik verliert schon in den Sondierungsgesprächen an Biss. Von Union und FDP forderten die Grünen dieser Tage ein Bekenntnis zu den Pariser Klimaschutzzielen. Das ist dürftig für eine Partei, um deren Markenkern es in Bonn geht. Die grüne Basis wird das kaum schlucken, wenn sich ihre Verhandlungsführer mit einer Minimalstlösung zufrieden geben, die nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit ist.
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