Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion im 21. Bundestag, ließ es sich nicht nehmen, gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode zu zeigen, wie die AfD mit dem gesetzgebenden Organ der Bundesregierung umzugehen gedenkt: obstruierend. Kaum hatte Gregor Gysi als Alterspräsident die Sitzung eröffnet, ging das Gezetere los. Baumann stellte den Alterspräsidenten Gysi in Frage und verlangte eine Änderung der Sitzungsordnung, wie sie vor 2017 herrschte, als noch der an Lebensjahren älteste Abgeordnete Alterspräsident wurde. Und in dieser Manier ging es weiter. Als das Gremium zur Wahl der stellvertretenden BundestagsvizepräsidentInnen und -präsidenten kam und der AfD-Kandidat nicht die erforderlichen Mehrheiten erhielt, schäumte Baumann in besonderer Weise. Denn er behauptete, die Parlamentarier der anderen Fraktionen würden auch Mahatma Gandhi, Jesus und Obama nicht wählen, nur weil sie von der AfD vorgeschlagen würden.
Geistesgegenwärtig gelang es dem Phoenix-Reporter Gerd von Fallois noch, klarzustellen, dass Jesus nicht Mitglied der AfD gewesen wäre – wir vermuten mal, Gandhi und Obama ebenso wenig. Beatrix von Storch versuchte es dann an einem anderen Phoenix-Mikrofon mit Mutter Teresa, doch auch sie wäre sicherlich nicht Mitglied der AfD gewesen.
Die Muster, wie die AfD auftreten wird, hat man auch bei Stefan Brandtner gesehen. Der Dauerzwischenrufer vom rechten Rand des Plenums hat auch die rhetorische Linie verinnerlicht. Auch er versucht, die Parteien der demokratischen Mitte als Kartellparteien zu diskreditieren und die eigene Fraktion als wahre Volksvertreter zu stilisieren. Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich auch der Auftritt von Alice Weidel und Timo Chrupalla, die sich nach immer gleichem Muster echauffieren und immer wieder betonten, dass der AfD angeblich widerrechtlich ein Sitz im Präsidium des Bundestages verwehrt würde. Genau dem ist aber nicht so. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass der Partei ein Sitz zusteht. Wer den Sitz besetzen soll, bestimmt die Mehrheit des Hauses. Und die Mehrheit der Abgeordneten wollte sich nicht von einem Mitglied eines rechtsextremen Verdachtsfalls vorsitzen lassen.
Bei all dieser Inszenierung sollen gleich mehrere Dinge bewirkt werden. Die AfD stellt sich als Opfer dar, tut so, als ob die anderen demokratische Rechte brechen würden, und will suggerieren, dass ihre Mitglieder blitzsaubere Kandidaten sind.
Darum hier nochmal zur Erinnerung: Im Bundestag sitzen Abgeordnete mit einem freien Mandat. Sie können selbst entscheiden, wen sie wählen wollen und wen nicht. Die AfD mit ihren Abgeordneten ist eine Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall bzw. gesichert rechtsextrem eingestuft ist. In den Reihen der AfD finden sich gesicherte Rechtsextreme. Der erste Tag der neuen Legislatur gab einen Vorgeschmack auf die kommenden vier Jahre im Plenarsaal. Es bleibt wichtig, das Theater der AfD zu durchschauen und die Resilienz des Gremiums zu stärken.