Zur Zeit findet die Europameisterschaft der U 21 statt. Ich hatte mir davon erfrischenden, von taktischen Zwängen relativ freiem Fußball versprochen. Gewissermaßen als Kompensation für die unsäglichen Vorstellungen der deutschen Nationalmannschaft.
Und was bekomme ich zu sehen? Da traben Jungmillionäre mehr oder weniger unmotiviert über den Rasen; spielen einen routinierten Sicherheitsfußball, mal quer und dann wieder zurück, so dass man den Eindruck gewinnt, einem Altherren-Turnier zuzuschauen. (Nichts gegen die Alten Herren!)
Die Kommentatoren – eine Sie und ein Er – passen sich dem Niveau des Spiels an. Sie füllt jeden zweiten Satz mit einem definitiv; genau; super und dergleichen; während er seine Hausaufgaben gemacht zu haben scheint: er kennt den Marktwert jedes einzelnen Spielers: Kam für 35 Millionen von Brighton zu Arsenal…., der war ein wirkliches Schnäppchen: für schlappe 15 Millionen zu Newcastle…. usw. Und er weiß, dass der Trainer noch als Linksverteidiger für Angola spielte, während der Sohn jetzt für Portugal spielt.
Ein Höhepunkt jedes Mal die Interviews mit den Protagonisten. Erschöpfte, schwer atmende, verschwitzte Spieler ringen sich ihre genormten Statements ab. Auf die Frage, warum es heute nicht lief, kommt dann ungefähr dies: Ähm..wir wussten, dass der Gegner im Flow ist, aber es gelang uns – ähm na ja – nicht so recht, ins aggressive Pressing zu kommen. Die Abwehr stand zu tief in der Box. Und auch die Assists für unseren Goalgetter kamen nicht an. Na ja – wir haben einfach nicht gut performt heute.
Liegt es am Team-Spirit? Ähm…die Stimmung war vor dem Spiel wie immer. Wir müssen jetzt sehen, dass wir wieder in die Spur kommen.
Der Fußball scheint kompliziert geworden zu sein. Kein Spiel, bei dem nicht hochkarätige Experten assistieren, die uns die Vorteile einer Dreierkette erklären und warum es mit der Viererkette beim letzten Mal nicht geklappt hat. Auch die Kooperation der Doppelsechser lässt zu wünschen übrig, während das Wechselspiel zwischen der hängenden Spitze und der offensiven Acht noch nicht so richtig klappt.
Abgefunden habe ich mich mittlerweile mit der Rolle der Video-Assistent-Referies. Während sie minutenlang darüber rätseln, ob das Handspiel nun Absicht oder doch nur eine unnatürliche Bewegung war, nutze ich mittlerweile die Zeit, um pinkeln zu gehen. Ich tröste mich damit, dass die Handregel ohnehin keiner versteht.
Früher reichten zur Erklärung eines Spiels Sätze wie: Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech hinzu. Heute brauchen wir, wie in anderen gesellschaftlichen Feldern auch, Experten für alles. Ob wir danach klüger sind, wage ich zu bezweifeln. Fußball ist doch ganz einfach: Da gibt es ein eingerahmtes Rechteck; Tor genannt: 7,32 m breit und 2,24 cm hoch. Da muss der Ball rein. Wie? Das ist ziemlich egal. Gewonnen hat die Mannschaft, die einmal mehr trifft!