Was ist denn los in Deutschland? Als die Migranten in unser Land strömten, waren die staatlichen Verwaltungen völlig überfordert. Wenn nicht private Helfer mit ihrem Engagement eingesprungen wären, hätte es gar ein Chaos gegeben. In vielen Administrationen wird bis heute noch gestritten, wer für die Flüchtlinge, für deren Integration, Ausbildung und Unterbringung überhaupt zuständig ist. Ähnliche Diskussionen wurden im Nachgang zu den chaotischen Ereignissen in der letzten Silvester-Nacht rund um den Kölner Dom, aber auch in Hamburg und anderswo geführt. Die Strukturen des gemeinsamen Agierens von Verwaltungen in den Ländern und Städten sowie mit der Landes- und Bundespolizei sind offenbar nicht effizient organisiert. Damit erscheint für die meisten Bürger der Staat als wenig leistungsfähig, wenn es um die innere Sicherheit, um den Schutz der Menschen, um die Garantie von Frieden und Freiheit geht.
Milliarden-Flops bei Großprojekten
Ebenso fragen sich viele, wie es dazu kommen kann, dass es bei Großprojekten, die der Staat in Gang setzt oder bei denen er jedenfalls in großem Umfang personell und vor allem finanziell beteiligt ist, enorme und für den Steuerzahler mehr als ärgerliche und teure Flops geben kann. Vom Berliner Flughafen bis zum Bahnhof Stuttgart 21 reicht hier die Liste der gigantischen Fehler, für die im Prinzip kein Politiker oder auch kein Beamter verantwortlich sein will.
Staat 4.0 als Herausforderung
Unser Staat steht auf dem Prüfstand. Die Strukturen müssen dringend verändert werden. Die klare Zuweisung der Zuständigkeiten, Verantwortung und Haftung – all das muss in eine große Verwaltungsreform für die Bundesrepublik Deutschland einfließen und geregelt werden. Die wirtschaftliche und soziale Stärke unseres Gemeinwesens hängt nämlich entscheidend von einem starken Staat ab. Solche Stärke bedeutet indessen nicht, dass immer neue Gesetze, Erlasse und Verordnungen über die Bürger ausgeschüttet werden. Denn der Staat ist für seine Bürger da. Während alle Welt sich auf die Industrie 4.0 einstellt, hinkt die öffentliche Hand in vielen Bereichen um Jahrzehnte hinterher.
Marode öffentliche Infrastruktur
Geradezu grotesk ist die Tatsache, dass unsere Infrastruktur -vom Kanalnetz über Schulen und Kliniken bis hin zu den Straßen und Brücken- immer mehr zerfällt. Das Leben im täglichen Stau auf den Autobahnen müssen inzwischen Millionen Menschen auf dem Weg zu ihren Arbeitsplätzen, zu Kunden oder auch in den Urlaub hinnehmen. Die Stau-Schäden und Umweltbelastungen gehen in die Milliarden und sind völlig unproduktive volkswirtschaftliche Kosten. Dabei fehlt es nicht an Geld für den Ausbau des Straßennetzes, für Reparaturen und nachhaltige Verbesserungen.
Keine Planungen in der Schublade
Die Steuerquellen sprudeln stärker denn je zuvor. Bereits im Jahre 2015 hat der Bundesverkehrsminister Dobrindt eine Investitionsoffensive verkündet: Rund 2,7 Mrd. € stehen für den Neu- und Ausbau sowie für die Sanierung von Straßen zur Verfügung. Doch nicht einmal die Hälfte der vorgesehenen Projekte konnte bislang begonnen werden. Im laufenden Jahr wird es voraussichtlich keine Besserung geben, sondern noch weniger Projekte, die in Bau gehen können. Die Bundesländer, die im Auftrag des Bundes solche Straßenbauvorhaben planen und durchführen, tun sich schwer. Sie signalisieren vielfach, dass sie keine baureifen Projekte aus den Amtsschubladen ziehen und sie sofort umsetzen können. Vor allem fehlten Planer und Bauingenieure, so ist es aus den meisten Landes- und Kommunalverwaltungen zu vernehmen. Lediglich der Freistaat Bayern bringt viele Projekte in die Realisierung: Im letzten Jahr waren es 621 baureife Projekte, in diesem Jahr werden es etwa 1.100 sein, die das Land im Süden der Republik umsetzt und so sein Straßennetz verbessert, Brücken repariert oder neu baut oder Lücken im Verkehrsnetz schließt. In Baden-Württemberg sieht es 2016 mit 270 (Vorjahr 537) Straßenbauprojekten ebenfalls gut aus, auch in Hessen mit 230 (390), Niedersachsen mit 140 (173), Sachsen mit 100 (14), Sachsen-Anhalt mit 102 (115) und Thüringen mit 93 (42).
Bayern vorn, NRW hinten
Was indessen manchem die Zornesröte ins Gesicht treiben wird, dürfte der Blick auf Nordrhein-Westfalen sein: Null Projekte für 2016 nach gerade einmal 128 im vergangenen Jahr. Gerade in dem größten Bundesland mit 18 Mio. Einwohner, mit den vielen Städten und Ballungsgebieten, mit der Vielzahl maroder Straßen und Brücken würde ein jeder mehr Dynamik und Engagement der rot-grünen Regierung in Düsseldorf erwarten. Die Planungen vollziehen sich im Schneckentempo oder nicht vorausschauend. Die Planfeststellungsverfahren brauchen viel Zeit – oft bis zu 6 Jahre. Vorausschauende Politik sieht jedenfalls anders aus als das, was in NRW geboten wird. Denn gerade für das Land an Rhein und Ruhr ist eine Investitionsoffensive dringend erforderlich, um den harten Strukturwandel zu meistern, um attraktiv für Investoren zu sein, um innovative Arbeitsplätze für die nächsten Jahrzehnte zu generieren. Mobilität, das sollte klar sein, ist heute und morgen einer der wichtigsten Produktionsfaktoren. Dass viele Millionen €, die auch für NRW zur Verfügung stehen, nicht ausgeschöpft werden, ist wirklich jammerschade.
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