Sehr geehrter Giovanni di Lorenzo,
Ihre „Zeit“ ist ein ehren- und meist auch lesenswertes Blatt, mit erstaunlicher Themenvielfalt und –breite. Mit dem Heulsusen-Interview der Actrice Veronica Ferres in der jüngsten Ausgabe aber haben Sie den Bogen zum kitschig-geschmacklos und verlogen Boulevardesken dermaßen überzogen, dass ich als treuer Leser nur noch fassungslos den Kopf schütteln kann.
Gestatten Sie, dass ich mich erst kurz vorstelle: Ich war beteiligt an mehreren Reportagen von ARD und NDR über den Finanzjongleur Carsten Maschmeyer, heute Gatte von Frau Ferres. In diesen Reportagen haben wir unwiderlegbar aufgezeigt, dass Maschmeyer mit seinem AWD tausende Anleger um ihre Ersparnisse gebracht und ins Unglück gestürzt hat. Kürzlich kam ein Buch oder richtiger ein Lügenkonstrukt von Stefan Schabirosky auf den Markt, in dem der einschlägig vorbestrafte Autor nun behauptet, Maschmeyer sei das erbarmungswürdige Opfer einer Rufmordkampagne, an der auch wir von ARD und NDR beteiligt gewesen seien.
Verdienstvoll, verehrter Giovanni die Lorenzo, ist es, dass ebenfalls in der jüngsten Ausgabe der Zeit die Fragwürdigkeit des Schabirosky-Buches herausgestrichen wird. Auf derselben Seite Ihres Blattes darf aber dann Frau Ferres langatmig rumjammern, wie schlimm und unfair die Medien mit ihrem vermeintlichen Gutmenschen Carsten umgegangen seien, wieviel Unrecht sie ihm und damit ihr und den Kindern angetan hätten. Haben Sie, Herr di Lorenzo, als verantwortlicher Medienmann mal darüber nachgedacht, wie zynisch Sie die ungezählten Maschmeyer-Opfer mit diesem Ferres-Blödsinn verhöhnen ? Maschmeyer hat es zum Milliardär (so jedenfalls die „Bild“-Zeitung) gebracht, auch weil sein AWD die kleinen Leute abgezockt hatte. Das vermeintlich so übel zugerichtete Medien-Opfer ist gern gesehener Star im Privat-Fernsehen. Gattin Veronica ist finanziell auch so gut dabei, dass sie – wiederum in der „Zeit“ – Ihren Carsten dafür loben kann, er lege ihr Geld „sehr erfolgreich“ an.
Die Maschmeyer-Opfer aber – die sind zu bejammern. Ich habe als Reporter vielen gegenüber gesessen, als sie mir erzählten, dass sie nicht nur alle Ersparnisse und ihre Altersversorgung an den AWD verloren hätten, sondern auch Jahre später noch die Kredite für die unseriösen Finanzkonstrukte abstottern müssten. Wann, sehr geehrter Herr di Lorenzo lassen sie diese Opfer so verständnisinnig interviewen ? Wann dürfen diese Menschen mal so umfänglich darlegen, wie sie von Carsten Maschmeyer behandelt worden waren ?
Herzlichst
Ihr
Christoph Lütgert
Journalist
Vielen Dank für Ihre Ausführung Herr Lütgert. Schön, dass wenigstens Sie die AWD-Opfer nicht vergessen. Sehr bedauerlich, dass die Zeit dergleichen mit belanglosen Sachen vergeudet.