Die Festnahme des mutmaßlichen RAF-Mitglieds Daniela Klette hat für Aufsehen gesorgt. Die RAF ist wieder in aller Munde. Einige freut das, andere sind empört. Und in den Medien geht es gerade hin und her – der Kampf um die Deutungshoheit ist eröffnet. Mehr Gelassenheit und Sachlichkeit täten der Debatte gut.
Bitterer Beigeschmack
Schon kurz nach der Festnahme von Daniela Klette überschlugen sich die Eilmeldungen, beinahe täglich kommen neue Beiträge hinzu. Natürlich darf die Abkürzung „RAF“ in der Schlagzeile nicht fehlen – auch hier nicht, denn sie sorgt für Aufmerksamkeit. Einige dieser Beiträge haben jedoch einen bitteren Beigeschmack.
So etwa das Interview mit Butz Peters in der „BZ“, der den Berliner Ortsteil Kreuzberg, in dem Daniela Klette festgenommen wurde, als „einmaliges soziales Biotop“ bezeichnet und es insofern für nicht verwunderlich hält, dass Klette dort untertauchen konnte. Damit schürt er Vorurteile gegen Menschen, die in diesem Ortsteil leben, indem er sie pauschal in die Nähe von RAF-Sympathisanten rückt.
Ebenso bitter ist es, wenn mit Ablenkung reagiert wird. Das gilt insbesondere mit Blick auf den Einwand, es gäbe aktuell wichtigere Probleme. Das stimmt zwar. Verfängt argumentativ aber nur dann, wenn dieser Einwand differenziert erhoben wird. Denn klar ist: Zu den aktuell wichtigsten Problemen gehört der Rechtsruck in der Gesellschaft. Mehr noch: Die Bedrohung, die vor allem von der AfD für unsere Demokratie ausgeht, sollte weder verkannt noch verharmlost noch ausgeblendet werden. Was aber hat dieser Umstand mit der Festnahme einer dringend tatverdächtigen Person zu tun? Noch dazu, wenn diese offensichtlich nicht dem rechten Spektrum angehört. Antwort: nichts.
Argumentative Vernebelungstaktik
Ein Auslandskorrespondent der „taz“ fragt:
„Hat Deutschland im Jahr 2024 eigentlich keine anderen Probleme, als RAF-RentnerInnen zu jagen, hat die Polizei mit rund 400 aktiven Neonazis, die sich derzeit einer Festnahme entziehen, eigentlich nicht genug zu tun?“
Die Frage ist leicht mit Ja zu beantworten. Einerseits. Andererseits merkt man die Absicht des Fragestellers. Der Autor will die Assoziation wecken, die Strafverfolgungsbehörden seien auf dem rechten Auge blind, weil sie auch ein Ermittlungsverfahren gegen Klette führen. Das ist „Whataboutism“, eine argumentative Vernebelungstaktik. Das ist nicht nur undifferenziert und unsachlich, sondern auch ein unnötig emotionaler („RAF-RentnerInnen“) Ablenkungsversuch.
Mehr Sachlichkeit und Gelassenheit täten der Debatte gut. Darüber hinaus gilt es – ohne geschichtsvergessen zu wirken –, den Kampf gegen Rechts als gesellschaftliche Hauptaufgabe zu erkennen. Im Übrigen darf man dann die Strafverfolgungsbehörden einfach ihre Arbeit tun lassen.