Die Strecke ist holperig, die der Rechtsstaat genommen hat und weiter nimmt, um auch denen den Prozess zu machen, die den Massenmord in den deutschen Konzentrationslagern sicherten und zu verantworten hatten, ohne notwendig aber selbst an der Tötung von Menschen direkt beteiligt gewesen zu sein. Schon wenige Jahre nach 1949 wurden in Westdeutschland die „Helferhelfer“ in den Vernichtungslagern kaum noch angeklagt. Wer als Fahrer eines Gaswagens oder als SS-Wachmann Todeslisten führte und in einem KZ Dienst tat, war zwar Beteiligter, den reibungslosen Ablauf der KZ-Tötungsmaschine zu sichern, was aber in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts dazu führte in der Bundesrepublik von Gerichten nicht als Beteiligung am Tötungsablauf bewertet zu sein. Fortan wurde in den NS-Prozessen nur noch bestraft, wer konkret an Morden überführt und beteiligt war. Erst nach Jahren zeigt sich, wohin diese Einschränkung führen sollte. Ehemaligen KZ-Schergen kommen erst als Greise zur Anklage, mancher dabei über 90 Lebensjahre alt. Eine aktuelle Geschichte der Bundesanwaltschaft zeigt zudem, wie zuvor ähnlich schon im Bundeskriminalamt und anderen Justizbehörden der Bundesrepublik, auch in der Bundesanwaltschaft in der Riege der Bundesanwälte in den 1950er Jahren mit über 90 Prozent NSDAP-Mitglieder waren.
Ganz aktuell lässt sich daher vermuten, dass noch immer bei Gericht oder in den Justizbehörden auch Juristen arbeiten, die ein Interesse daran haben, die rechtsextremistische Gefährdung in Deutschland auf dem rechten Auge blind herunterzuspielen. Es war die Süddeutsche Zeitung, die kürzlich jüngere Gerichtsurteile über rechte Übergriffe analysierte und zu dem Ergebnis kam, es sei notwendig Schlaglichter auf eine Justiz zu lenken, die das Unsäglichste für sagbar hält und sich oft nicht für zuständig fühlt, den Hass im Land durch klare juristische Leitplanken einzudämmen.
Die Analyse 12 aktueller Urteile deutscher Gerichte zum Thema „Rechte Gewalt“ belegt zudem, dass Reihenweise rechtsextremistische Verfahren von Staatsanwälten eingestellt oder Gerichte das Recht auf Meinungsfreiheit unerträglich dehnen lassen. So ist es kein Wunder, dass Rechtsradikale sich daran gewöhnt haben, dass ihnen von der Justiz selten Gefahr droht, und sie einfach weiter machen. Die Ausstellung „Im Fadenkreuz von Rechtsextremisten“ ist ein Beleg dafür, warum das Bundesamt für den Verfassungsschutz den Rechtsextremismus als „größte Gefährdung des demokratischen Staates“ einordnet. 27 Feindeslisten von Rechtsextremisten sind den Sicherheitsbehörden bekannt, die mit einige tausend Namen für den Tag X versehen sind. Es ist zu hoffen, dass die neue Bundesregierung der Gefahr von Rechts entschieden entgegen treten wird. Entschiedener jedenfalls als der noch amtierende Bundesinnenminister Seehofer oder die Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, wenn es darum geht, bei, Polizei und Bundeswehr rechte Infiltration zurückzuweisen und zu vermeiden. Jedenfalls ist die Justiz aufgerufen, dass Opfer von ihr die letzte Hoffnung auf Schutz vor Tätern und vor allem auf Gerechtigkeit erwarten können. Das gilt auch und ebenso dringlich, wenn es um rechtsgerichtete Straftaten geht.
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