Eine beeindruckende Dokumentation. Bildgewaltig, in teilweise aufrüttelnden Geschichten von Menschen über den ganzen Globus verteilt erzählt. Von Afrika bis Ozeanien lassen Angela Andersen und ZDF-Anchorman Claus Kleber Menschen zu Wort kommen, die etwas über Hunger und Durst zu erzählen haben.
Ein Großteil der Weltbevölkerung (aktuell 7,2 Milliarden) strebt in den letzten ca. 20 Jahren danach, einen Lebensstil zu erreichen, der den aus heutiger Sicht falschen und für die Zukunft der Erde bedrohlichen Idealen der westlichen Ländern nahe kommt. Auch deshalb führen die Geschichten in beiden Teile dieser Dokumentation mehrmals nach Indien und nach China. Zu Recht betont die Dokumentation, dass wir uns in den westlichen Ländern ernähren, als gäbe es kein Morgen!
Dem Beispiel der „überernährten“ westlichen Staaten, in denen insbesondere die USA, Großbritannien und auch Deutschland den größten Teil Ihrer immensen Gesundheitsausgaben für die Folgen von zu viel und falscher Ernährung (und akutem Bewegungsmangel) ausgeben, folgen die beiden bevölkerungsreichsten Staaten nahezu blind. Indien ist zu einem Exportland für Nahrungsmittel geworden. Aber dennoch verhungern jedes Jahr 1,4 Millionen Kinder. In einem Land, das mehr Nahrungsmittel produziert als auf dem Binnenmarkt verkauft werden und in dem mittlerweile auch schon viele Menschen an typischen LifeStyle-Volkskranhkheiten leiden wie z.B. Diabetes. Es sind genügend Nahrungsmittel vorhanden, allein sie werden falsch verteilt. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung leidet an Mangel und Millionen leiden Hunger. Das wird bewusst in Kauf genommen, denn im Export verdienen einige wenige, aber einflussreiche Menschen viel Geld. Und die Politik nimmt das daher billigend in Kauf.
Der „Rinderwahnsinn“ verbraucht die natürlichen Ressourcen wie Land und Wasser unwiederbringlich
Weltweit werden drei Viertel der Ackerfläche für den Fleischkonsum genutzt. China hat die USA bereits als Hauptkonsumenten von Fleisch abgelöst. Rinderwahnsinn pur! Die Produktion eines Kilos Rinderfleisches benötigt über 15.500 Liter Wasser. Ca. 98 % allein für das Futter. Und das gerade in Ländern, in denen es erhebliche Probleme mit der Verfügbarkeit von Wasser für die Menschen wie auch die Landwirtschaft gibt wie z.B. in den USA und China. In kalifornischen Wüsten- und Trockengebieten wird aus Profitgier das Wasser verbraucht, das an anderen Orten fehlt. Und in China, das über ca. ein Fünftel der Weltbevölkerung verfügt, steht nur ein Zwölftel der weltweit nutzbaren Wasserreserven zur Verfügung. Da sind Verteilungsprobleme und -konflikte innerhalb der Gesellschaften wie mit den Nachbarstaaten vorprogrammiert. In vielen anderen Staaten und Regionen sieht es ähnlich problematisch aus.
Ein erschreckendes Beispiel: Für 400.000 Tonnen Gemüse werden in Andalusien über 100 Millionen Kubikmeter Wasser verbraucht. Das entspricht in etwa der Größe des Laacher Sees, dem größten See in Rheinland-Pfalz oder in etwa einem Drittel des Starnberger Sees. Und das eben Jahr für Jahr. Und das eben in einem Landstrich, der nicht über entsprechende Wasserressourcen verfügt.
Beim Thema Wassersparen denken die meisten Menschen an die Stopp-Taste ihrer Toilette, oder daß man wassersparende Haushaltsgeräte kauft und beim Spülen, Zähneputzen etc. immer schnell den Wasserhahn abdreht. So wurden in den letzten Jahren die durchschnittlichen Wasserverbräuche in den Haushalten von ca. 140 Liter auf aktuell 124 Liter gesenkt. Über das Jahr gerechnet sind das ca. 5800 Liter und bedeutet eine Ersparnis von weniger als 10 Euro auf der Wasserrechnung. Was viel weniger bekannt ist und kaum propagiert wird, ist, doch einfach mal auf eine Tasse Kaffee zu verzichten. Diese schlägt nämlich mit einem Gesamtverbrauch für Anbau und Verarbeitung zur gebrauchsfertigen Bohne mit 140 Litern zu Buche. Je Tasse wohlgemerkt. Das würde die individuelle Wasserbilanz direkt um über 51.000 Liter Wasserverbrauch senken und Geld spart man auch noch dabei.
Wasser als Schicksalsfrage
Sauberes Wasser und Zugang zu Wasserressourcen z.B. für die Landwirtschaft oder auch Industrie sind für den überwiegenden Teil der Menschheit jetzt oder zumindest in naher Zukunft eine Schicksalsfrage. Der Zugang zu Wasser entscheidet über Zukunftschancen, Entwicklungsmöglichkeiten, Gesundheit und Lebensqualität. Oder eben über Hunger, Durst und sogar möglicherweise Krieg.
Es scheint aber so, dass vielen Menschen und vor allem den Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft dieser Zusammenhang nicht so klar ist. Denn wüssten sie es, wäre der Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser ein anderer. Der Film stellt am Ende die rhetorische Frage: „Wir werden doch noch wohl für unser Wasser sorgen können?“ Da sind die Autoren offenbar zu optimistisch. Denn das wird vermutlich nicht gelingen, zumindest wenn sich nichts Grundlegendes verändert. Der sorglose Umgang mit den natürlichen Wasserressourcen, die aktuell hohe Bereitschaft für fragwürdige Technologien wie z.B. Erdgasförderung durch Fracking und natürlich die Tatenlosigkeit der Politik in nahezu allen Industrieländern gegenüber dem Klimawandel lassen zur Zeit wenig Spielraum für optimistische Prognosen.
Die Dokumentation vermeidet eine kritische Bestandsaufnahme dessen, was die führenden Industrienationen in den letzten Jahren aktiv für Klima, Umwelt und gegen Hunger und Durst getan bzw. nicht getan haben. Sowohl vor Ort als auch weltweit. Die Bilanz wäre noch bitterer ausgefallen als so manche Geschichte, die der Film erzählt hat. Das soll aber keine Kritik an dieser wirklich sehenswerten Dokumentation sein, sondern eher Motivation, das auch einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen.
Sendezeit:
Teil 1 „HUNGER!“: Mittwoch, 05. November 2014, 23.15 Uhr
Teil 2 „DURST!“: Dienstag, 11. November 2014, 20.15 Uhr
Quellen:
http://php4.arte.tv/hunger-durst/index.html?l=de
http://hunger-durst.arte.tv/
http://www.zeit.de/online/2009/25/infografik-wasser