Zum Ende seiner Amtszeit hat US-Präsident Barack Obama in der Nahostpolitik ein überraschendes Zeichen gesetzt. Er verzichtete auf das gewohnte Veto im Weltsicherheitsrat zur Abwehr von israel-kritischen Beschlüssen und machte die Verabschiedung einer Resolution möglich, die ein sofortiges Ende des israelischen Siedlungsbaus im besetzten Westjordanland fordert. Israel wird sich darum vorerst nicht scheren, das lassen die empörten Reaktionen von Präsident Rivlin und Premier Netanjahu ahnen. Dennoch erhält die Hoffnung auf eine Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts neue Nahrung.
Das Unrecht ist beim Namen genannt, dadurch ist es freilich noch nicht aus der Welt. Doch die deutliche Forderung an Israel, den rechtswidrigen Bau jüdischer Siedlungen auf palästinensischem Gebiet zu stoppen, hat eine bedeutende Signalwirkung in zwei Richtungen: Sie warnt erstens die israelische Regierung vor einer internationalen Isolation, wenn sie dem friedensfeindlichen Treiben der extremistischen Siedler nicht endlich Einhalt gebietet. Und sie ermahnt zweitens auch die palästinensische Seite, den Weg der Gewalt zu verlassen und auf den Dialog zu setzen. Die Gewaltspirale dreht sich sonst, angeheizt auch durch den Krieg in Syrien und die israel-syrische Flanke, brandgefährlich weiter.
Siedlungsbau Haupthindernis
Der Siedlungsbau ist eines der Haupthindernisse auf dem Weg zu einer Verständigung, eine in Beton gegossene Provokation und in Stein gemauerte Demütigung der palästinensischen Bevölkerung. Die israelische Besatzung, die das duldet, wenn nicht selbst forciert, wird ihrer Schutzverantwortung gegenüber den Menschen nicht gerecht. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Siedlern und Palästinensern sind an der Tagesordnung. Mit jedem Tod wächst der Hass, aus dem gewaltbereite Extremisten neue Kämpfer rekrutieren.
Die Resolution des Weltsicherheitsrats kann auch in dieser Hinsicht einen Beitrag zur Entspannung leisten. Das anhaltende, unter dem Schutz der Veto-Macht USA aber bisher nicht verurteilte Unrecht gegen die Palästinenser diente den Hasspredigern als Beleg für die doppelte Moral der Vereinten Nationen und als Rechtfertigung für die Gewalt. Kurz vor der Nahostkonferenz Mitte Januar in Paris, die zum wiederholten Mal versuchen wird, die seit Jahren stockenden Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung erneut in Gang zu bringen, ist die Entschließung ein kraftvolles Zeichen.
Netanjahu setzt auf Trump
Nicht auszuschließen allerdings, dass es rasch als Rohrkrepierer endet, noch ehe es Wirkung zeigen kann. Israels Premier Benjamin Netanjahu, der den scheidenden US-Präsidenten Barack Obama als Strippenzieher hinter der Resolution ausmacht, weist mit Genugtuung auf den bevorstehenden Machtwechsel im Weißen Haus in Washington hin. Man freue sich auf die Zusammenarbeit mit Donald Trump, stichelt Netanjahu und setzt darauf, dass in Zukunft wieder Verlass auf das US-Veto im Sicherheitsrat sein wird.
Darin bestärkt ihn eine Twitternachricht von Trump, in der der designierte US-Präsident von den Vereinten Nationen abschätzig als einem Club spricht, in dem man sich vergnüge. Das steht in der traurigen Tradition konservativer US-Präsidenten wie George W. Bush, die den Vereinten Nationen stets mit Geringschätzung und Missachtung begegnet sind und ein gerüttelt Maß an Verantwortung für die beklagenswerte Schwäche der UNO tragen.
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