Mit Sonne und Wind soll das Klima nachhaltig verbessert, der CO2-Ausstoß deutlich verringert werden. Der Ausbau dieser regenerativen Energiequellen geht jedoch nur mühsam voran, obwohl die staatlichen Vergütungen dafür recht üppig und durchaus verlockend für private Investoren und große Konzerne sind. Nur lassen sich Wind und Sonne in ihrer Ergiebigkeit für die Stromproduktion nicht zielgenau für den Stromverbrauch steuern – nicht einmal von der Politik, wo sich vor allem grüne Schönwettermacher tummeln.
Harte Fronten gegen Windrotoren
In diesen Tagen vor der Bundestagswahl verkünden jedoch nicht nur die Grünen mit Annalena Baerbock an der Spitze, was wir insbesondere zum weiteren Ausbau der grünen Stromquellen machen müssen. Inzwischen gibt es rund 1000 Bürgerinitiativen in unserem Land, die mit juristischen Klagen und großen Demonstrationen vor Ort gegen die Errichtung neuer Windrotoren Front machen. In der Nähe der Wohnung wollen sie diese Anlagen nicht dulden und führen dagegen den Schutz der Gesundheit, der Landschaft und der Umwelt ins Feld. Selbst bei offshore-Windparks geht es ihnen um den Schutz der Schweinswale und anderer Wasserwesen sowie um die Sicherung der Schifffahrtswege. Nach dem erfolgreichen Sieg mit der grünen Kampagne „Atomkraft-nein danke!“ operieren inzwischen viele mit dem Slogan „Windkraft- nein danke!“
Mindestens 2 % der Landflächen unserer Republik müssten für Windräder zur Verfügung stehen, um so einen Schub für die Windstromproduktion zu erreichen. Bislang ist nicht einmal die Hälfte davon in windergiebigen Regionen bestellt worden. Selbst die Beteiligung der Kommunen an den üppigen Erträgen der Windparkbetreiber verlocken die meisten Stadtmütter und -väter nicht, ihre Genehmigung für neue Windräder zu geben.
Sie fürchten sich zumeist vor juristischen Klagen betroffener Bürgerinnen und Bürger. Schließlich wollen auch Kommunalpolitiker und Bürgermeister wiedergewählt werden.
Nächte ohne Sonne
Wind und Sonne sind ohnehin disruptive Energiequellen, die allein keine kontinuierliche Stromversorgung garantieren können. Private Haushalte ebenso wie Unternehmen setzen jedoch auf Elektrizität zu jeder Tag- und Nachtzeit. Die Furcht vor einer Dunkelflaute ist nicht unbegründet, denn bei Windstille dreht sich kein Rotorblatt und nachts scheint die Sonne auf keinen Fall. Auf diese Energiequellen kann man deshalb keine Grundlastversorgung aufbauen. Zudem fehlen ausreichend Speicherkapazitäten, auf die die Stromlieferanten bei Dunkelheit und Flaute zurückgreifen könnten. Pumpspeicherkraftwerke sind hierzulande nicht gebaut worden, weil es auch dagegen Widerstände und Einwände gab. Zudem fehlt es in Deutschland an Stromleitungen für den Energietransport etwa vom hohen Norden in den Westen und nach Süden. Die einen opponieren gegen neue Hochspannungsleitungen, die anderen wollen auch nicht die superteure Verlegung der Kabel unter der Erde.
Falsche Ausstiegsschritte
Die noch vor kurzem so gepriesene Energiewende droht zu scheitern. Eine Blaupause für mehr Klimaschutz ist sie ohnehin nicht. Inzwischen wird mehr als deutlich, dass die Reihenfolge der Ausstiege aus den wichtigen Energieträgern völlig falsch war und aus rein opportunistischen Gründen erfolgte. Kein anderes Land in unserer direkten Nachbarschaft und schon gar nicht in der weiten Welt folgt dem deutschen Beispiel. Der erste Schritt hätte der Ausstieg aus der Kohle sein müssen, denn dieser Brennstoff wird mit den höchsten CO2-Emissionen in Strom umgewandelt. Nun wird sich dieser Schritt bis 2038 hinziehen, bestenfalls ein paar Jahre eher erreichen lassen. Der zweite Schritt hätte das Ende der Steinkohle sein sollen, bei deren Verstromung zwar weniger CO2 als bei der Braunkohle in die Atmosphäre geht, die aber das Klima belastet.
Einige andere Staaten haben diese Schritte so gemacht und setzen zunächst weiterhin auf die CO2-freie Kernkraft. Frankreich, die Niederlande, Belgien und andere Länder in Europa haben diese energiepolitische Strategie verfolgt. Sie erklären die Kernkraft gar zur grünen Energiequelle; sie fordern von der EU-Kommission hohe Milliardensummen für die weitere Förderung aus dem Klimaschutz-Zukunftsprogramm, denn mit dem Strom aus Atommeilern lasse sich insbesondere auch grüner Wasserstoff per Elektrolyse herstellen. In Deutschland wird es zunächst an grünem Strom für die Produktion von grünem Wasserstoff und für E-Fuels fehlen. Es müssen neue Energiepartnerschaften mit Ländern – wie jetzt mit Chile – geschlossen werden, um über ausreichend Wasserstoff für die Stahl- und Zementproduktion sowie für die Chemie und andere Bereiche zu verfügen.
Sonnen- und windreiche Länder sollten so schnell wie möglich auf unserem Kontinent entdeckt und als stabile Partner gewonnen werden: Spanien und die Türkei sind dafür zum Beispiel bestens geeignet.
Die angestrebte Transformation unserer Volkswirtschaft wird zur Herkulesaufgabe; sie wird sich nur einigermaßen lösen lassen, wenn Länder mit viel Sonnen- und Windenergie als Lieferanten gewonnen werden können.
Kohle als Lückenbüßer
Das bittere Ergebnis der deutschen Energiepolitik der letzten Jahre spiegelt sich gerade in den aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes wider. Im ersten Halbjahr 2021 wurden 56 % des gesamten in Deutschland produzierten Stroms in Höhe von fast 260 Mrd. Kilowattstunden aus fossilen Energieträgern geliefert. Das ist im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2020 ein Plus von über 20 %. Die Kohlekraftwerke lieferten mit ca. 70 Mrd. Kilowattstunden in diesem Halbjahr über 35 % mehr als vor Jahresfrist; ihr Anteil an der eingespeisten Strommenge lag bei über 27 % – nach 21 % in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres. Dagegen sank der Anteil der erneuerbaren Energien (Wind, Sonne, Biogas) um fast 12 % auf 44 %.
Klimaschutz mit hohen Kosten
Damit gab es einen mehr als deutlichen Rückschlag auf dem Weg zur Klimaneutralität, die in Deutschland – per Gesetz vorgegeben – bis 2045 erreicht werden soll. Politiker aller Parteien kennen dieses Ziel, haben ihm mehrheitlich zugestimmt oder fordern einen noch größeren Ehrgeiz. Sie posaunen in diesen Wahlkampfzeiten fast unisono das „Wir müssen, wir müssen…“ hinaus. Das Müssen wird sich jedoch nur mit harten Entscheidungen realisieren lassen – mit wesentlich höheren Preisen und Kosten für die Belastung des Klimas und der Umwelt. Der Worte sind genug gefallen, wir alle wollen jetzt Taten sehen. Sonst werden die Klimaziele nur eine Fata Morgana bleiben. Es gilt die alte ironische Erfahrung zu widerlegen: Es wird niemals so viel gelogen – wie nach der Jagd, während der Hochzeitsnacht und vor einer Wahl.
Ich will Zweierlei richtigstellen:
i) Friedhelm Ost behauptet „Mit Sonne und Wind soll das Klima nachhaltig verbessert … werden.“ Das ist im wörtlichen Sinne falsch. Ziel der Klimapolitik ist vielmehr, den menschgemachten Klimawandel zu stoppen. Dazu müssen die Emissionen auf Null. Nur das. Da der sich manifestierende menschgemachte Klimawandel Ergebnis einer langen Bremsspur ist, ist das schon herausfordernd genug.
ii) Friedhelm Ost tut so, damit ist er nicht allein, als ob im Zuge der Klimapolitik Europa energieautark werden solle. Da Elektrizität der neue Primärenergieträger wird, wenn man aus der Nutzung fossiler Quellen heraus will, die zur Herstellung von brauchbaren Sekundärenergieträgern alle durch höchst verlustreiche Verbrennungsprozess müssen, liegt das auch nahe. Aber bei einem Anteil in Europa von 40% inlandischer Produktion und 60% Importen ist die Energieautarkie ein illusionäres Ziel. Das gilt insbesondere dann, wenn die neue Primärenergiequelle, aus Sonne und Wind, weniger konzentriert anfällt als der Vorgänger, die Fossilen. Europa ist dichtbesiedelt. Und unsere Nachbarn in Nah und Fern wollen auch vom Austausch mit uns leben.
Luhmann schreibt: „Friedhelm Ost tut so, damit ist er nicht allein, als ob im Zuge der Klimapolitik Europa energieautark werden solle.“
Wie er wohl auf diesen merkwürdigen Gedanken gekommen sein mag? Denn das ist nachweislich falsch. Tatsächlich hat Ost explizit darauf hingewiesen, dass „neue Energiepartnerschaften mit Ländern – wie jetzt mit Chile – geschlossen“ und „Länder mit viel Sonnen- und Windenergie als Lieferanten gewonnen werden“ werden müssen. Auch die von Ost als Lieferant vorgeschlagene Türkei liegt größtenteils außerhalb Europas.
Zielte Luhmann auf andere Autoren, so würde seine Kritik treffen. Denn so mancher vielzitierte Experte (darunter mindestens eine bekannte Expertin) präsentierte in jüngster Zeit Papiere, die mal eben den halben Endenergiebedarf von Industrie und Wirtschaft in frei herbeihalluzinierten Einsparpotentialen verschwinden lassen – um Stimmung gegen die Produktion chemisch gebundener Energie im fernen Ausland zu machen. Das gefährdet in der Tat die Sicherheit der Energieversorgung.
Danke; aber tja, die Interpretation von Osts Sätzen, die auf Stimmung abstellen statt auf sachliche Präzision, ist eine Kunst für sich. Er sagt
„Die angestrebte Transformation unserer Volkswirtschaft wird zur Herkulesaufgabe; sie wird sich nur einigermaßen lösen lassen, wenn Länder mit viel Sonnen- und Windenergie als Lieferanten gewonnen werden können.“
Wo ist das „Herkulische“, wenn man weitermacht wie bisher, also 60% importiert? Mein Verständnis seiner Ausführungen ist: Es wird „herkulisch“, weil man sich auf sich selbst verlassen will. Also Importsubstitution als Maxime (Sie haben recht: keine „Autarkie“ zu 100%, das war überzogen.)
Ich sehe das vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission den Mangel an verfügbarer Fläche durch eine Strategie zur See ausgleichen will …
Weitermachen wie bisher?!
Sie haben zurecht auf die geringe Energiedichte der grünen Energiequellen hingewiesen. Diese bedingt auch dann enorm große Produktionsanlagen, wenn diese im fernen Ausland mit höherer Ausbeute aufgrund günstigerer Standortbedingungen errichtet werden Zudem müssen natürlich auch die Herstellerländer entfossilisiert werden. Manche Kostenschätzungen belaufen sich auf insgesamt über 200 Mrd €/a. Europa wird das organisieren, finanzieren und umsetzen müssen. Dieses Projekt eine Herkulesaufgabe zu nennen, erscheint mir nicht unangemessen.
Ich frage mich wie man Überlandleitungsbau behindert. Ganz einfach, Man plant eine Trasse durch den Wald, statt unter, neben einer Autobahn. Das scheint der Grund zu sein warum der Ausbau so lange dauert