Bei der letzten Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 gab es ein überraschendes Ergebnis: Die rotgrüne Koalition wurde abgewählt, obwohl die bis dahin amtierende Ministerpräsidentin sich des Sieges ganz sicher war. Doch die SPD erreichte gerade einmal 31,2 %, die Grünen kamen auf 6,4 %. Im Landesparlament kam es zum Wechsel, nämlich zu einer christlich-liberalen Koalition. Armin Laschet wurde mit 100 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt.
Die nächste Wahl im Mai 2022
Eine aktuelle Infratest-dimap-Umfrage von Anfang November 2019 kam zu folgenden Ergebnissen: 32 % der Wähler würden sich für die CDU entscheiden, 8 % für die FDP. Zweitstärkste Partei wären die Grünen mit etwa 22 %. Für die SPD würden sich gerade noch 20 % entscheiden. Die Linken könnten rund 9 % erreichen. Bis zum nächsten Wahltermin im Mai 2022 ist es jedoch noch lange hin. Es wird also noch viel Wasser den Rhein hinunterlaufen. Die Wahlergebnisse könnten in etwa 2,5 Jahren noch ganz anders ausfallen.
MP Laschet mit Profil und Polit-Gewicht
Dennoch gilt es, jetzt einmal auf die Zwischenbilanz für die 1. Halbzeit der CDU/ FDP-Koalition zu blicken. Der Ministerpräsident Armin Laschet hat an Profil und politischem Gewicht enorm zugelegt. Das trifft für seine Präsenz und Aktivitäten in NRW zu, aber auch in der Bundespolitik. Da nicht wenige Christdemokraten mehr und mehr Zweifel plagen, ob Annegret Kramp-Karrenbauer die richtige Kanzlerkandidatin in der Nachfolge von Angela Merkel im Jahre 2021 oder vielleicht sogar früher ist, blicken viele hoffnungsvoll auf den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Laschet wird zugetraut, dass er die verschiedenen Gruppen seiner Partei in der Union zusammenführen kann. Friedrich Merz, der sich vor allem selbst für das Kanzleramt ins Gespräch bringt, ist dagegen vor allem nur der Favorit des Wirtschaftsflügels; als stellvertretender Vorsitzender des CDU-Wirtschaftsrates wird er von diesem Verein ebenso wie von der Mittelstandsvereinigung der Union hochgejubelt. In einer Lauerstellung bleibt bisher Jens Spahn, der ebenfalls aus NRW kommt. Wie auch immer die Schlacht um die Parteispitze und die Kanzlerkandidatur laufen wird, der mächtige Mann aus Aachen befindet sich in einer Schlüsselfunktion; immerhin ist Armin Laschet auch schon ein stellvertretendes Mitglied im CDU-Vorstand.
Bessere innere Sicherheit, mehr Polizei
Die politischen Erfolge der Regierung Laschet in Nordrhein-Westfalen sind gut. Mit seinem Innenminister Herbert Reul wurde seit 2017 der Kampf für mehr innere Sicherheit aufgenommen. Wie nie zuvor wurde dafür die Polizei verstärkt. Allein über 7.000 neue Kommissaranwärterinnen und -anwärter sind seitdem eingestellt worden, zudem rund 500 Verwaltungsassistenten zur Entlastung der Polizei: auch gab es fast 120 Mio. € für Investitionen in die Ausstattung der Polizei – für neue Fahrzeuge, Smartphones, Bodyscanner usw. Solche politische Aktivitäten zeigen positive Wirkungen: Die Zahl der Straftaten ist im letzten Jahr auf das Niveau von 1991 gesunken. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ging in den beiden letzten Jahren um gut 40 % zurück. Und bei der Bekämpfung der Clan- und organisierten Kriminalität setzt diese Landesregierung auf Null-Toleranz. In den früher entstandenen „No go-Areas“ finden jetzt Razzien der Polizei statt, denn rechtsfreie Räume in den großen Städten kann und darf es nicht länger geben.
Hohe Investitionen in Kitas
Das wichtige Feld der Kinder- und Familienförderung ist ebenfalls von der CDU/ FDP-Koalition wesentlich besser bestellt worden: 52.000 neue Plätze wurden bei der Kinderbetreuung geschaffen. Allein im laufenden Jahr werden über 3 Mrd. € in die frühkindliche Bildung investiert. Ab 2020/21 wird ein weiteres Kita-Jahr beitragsfrei gestellt. Gleichzeitig wird die Qualität der Kinderbetreuung verbessert.
Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik
Mit Andreas Pinkwart/ FDP hat der NRW-Ministerpräsident einen hervorragenden Profi als Wirtschafts- und Energieminister in seinem Kabinett. Der Mehltau über dem Industrieland ist inzwischen beseitigt worden – vor allem durch die Entfesselung dynamischer Kräfte in den Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, durch mehr Flexibilität und gute ökonomische Rahmenbedingungen. Das Tempo der Digitalisierung in allen Bereichen wurde kräftig erhöht, etwa durch den Ausbau eines schnellen und flächendeckenden Internets. Schon heute haben 70 % aller Haushalte Anschlüsse mit mindestens 400 Mbit/s – so viele wie kein anderes Flächenland. Bis 2025 soll es überall Gigabit-Anschlüsse geben. Laschet und Pinkwart müssen den nach wie vor schwierigen Strukturwandel insbesondere in den Kohleregionen des Ruhrgebietes und im Aachener Revier meistern. Dafür haben sie eine Reihe von Maßnahmen in Gang gesetzt, um NRW zu einem dynamischen Gründer-Standort zu machen. Mit Start ups sowie mittleren und kleinen Unternehmen, mit Wissens- und Technologietransfer von den Technischen Hochschulen und Universitäten wurde die Stagnation in manchen Bereichen der Wirtschaft aufgebrochen und neue hightech-Arbeitsplätze geschaffen.
Elektronik statt Kohle und Stahl
Vor allem setzt der Regierungschef in Düsseldorf auf die Städte und Gemeinden im Land. Allein in 2020 werden die Kommunen mit 12,8 Mrd. € unterstützt; über 300 Projekte in mehr als 200 Kommunen werden mit 466 Mio. € aus Städtebaumitteln gefördert. Gezielt wird auch die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen mit 1,1 Mrd. € unterstützt; so sind 2018 fast 8.700 neue Wohneinheiten fertiggestellt worden. Allerdings könnten mehr Wohnungen entstehen, wenn manche bürokratischen Hürden für Bauherren verringert würden.
Die Halbzeitbilanz kann sich sehen lassen , zumal viele Altlasten abgetragen und schwierige regionale Probleme gelöst werden müssen. Das Land, das lange Zeit durch Kohle und Eisen geprägt wurde, muss auf Innovationen umgesteuert werden – auf Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Roboterisierung, neue Werkstoffe und Materialien, E-Mobilität und E-Health sowie vieles mehr. Dafür sollte NRW ein attraktiver Standort für Investoren aus dem In- und Ausland sein. Denn das Land verfügt mit seinen Menschen über ein durchweg gut qualifiziertes „Humankapital“, über viele Bildungseinrichtungen, Hochschulen, Universitäten und Forschungsinstitute. In ihrer Öffentlichkeitsarbeit sollte die NRW-Regierung stärker in die Offensive gehen. Denn viele Rheinländer und Westfalen müssen den Wechsel und Umbruch mitmachen, damit das Land an Rhein und Ruhr noch an Dynamik gewinnt. Die positiven Signale sollten zudem über die Landesgrenzen hinaus zu vernehmen sein, zumal das Potenzial in NRW größer ist als in anderen Ländern – auch größer als im Freistaat Bayern.