Über die frühkindliche Betreuung waren sich seit langem Politiker aller Parteien einig. Angesichts der demographischen Entwicklung, der Gleichberechtigung von Männern und Frauen, vor allem auch wegen der stärkeren Mobilisierung von Frauen für den Arbeitsmarkt sollte die Kinderbetreuung hierzulande stark auf- und ausgebaut werden. Was indessen gesetzlich mit großem Posaunenklang verkündet wurde, erweist sich in der real existierenden Welt als ein Superflop.
380.000 Kita-Plätze fehlen!
In einer fundierten Studie wurde jetzt festgestellt, dass im Jahr 2023 rund 380.000 Kitaplätze fehlen werden. Vor allem in Westdeutschland sind die Defizite eklatant: Hier gibt es über 360.000 Kita-Plätze zu wenig; in Ostdeutschland fehlen mehr als 21.000. Nahezu alle Familien mit Kindern, die einen Platz für ihre Kinder suchen, kennen dieses Problem. Fast überall in deutschen Landen sind sie mit der Mangellage konfrontiert. Viele Ehepaare, die in Fulltime-Jobs arbeiten wollen, berichten über die Unmöglichkeiten. Die Städte und Gemeinden, die per Gesetz Kita-Plätze schaffen müssen, tun sich damit mehr als schwer. Sie können ihre Pflichten einfach nicht erfüllen und die Probleme meist nicht lösen.
Öffnungszeiten anpassen
Ohne eine hohe Zuverlässigkeit ist es jedoch für Eltern schier unmöglich, in Unternehmen, Verwaltungen oder wo auch immer beruflich aktiv zu sein. Ohnehin entsprechen auch die Öffnungszeiten der Kitas für die Betreuung der Kinder zumeist nicht den Zeiten, die in den Betrieben gefordert werden. Nicht jede Frau und jeder Mann können ihren Arbeitsplatz so zeitig verlassen, um ihre Kleinsten pünktlich abzuholen. Auch fehlt es dann an Oma und Opa, an Freunden und Nachbarn, die dann einfach einspringen könnten. Die Organisation der Kitas erweist sich vielfach als miserabel.
Personalnot beheben!
An einer deutlichen Verbesserung muss dringend gearbeitet werden. Sie wird indessen nur zu schaffen sein, wenn wesentlich mehr Personal für die Kitas eingestellt wird. Um den Betreuungsbedarf einigermaßen zu decken, müssten im Westen rund 94.000 zusätzliche Fachkräfte, im Osten fast 5.000 eingestellt werden; so lauten die Berechnungen einer Analyse der Bertelsmann-Stiftung. Dadurch werden zusätzliche Kosten in Höhe von über 4 Mrd. Euro entstehen. Hierzu kämen noch weitere Kosten für den Betrieb der Kitas oder ggf. für den Bau.
Investitionen in Kinder!
Im Westen Deutschlands fehlen zurzeit für Kinder unter 3 Jahren gut 250.000 Kita-Plätze, bei Kindern ab 3 Jahren über 112.000. Am größten ist das Defizit mit mehr als 100.000 Plätzen in Nordrhein-Westfalen. Der gesetzlich verankerte Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz kann somit nicht eingelöst werden. Um die Kinder optimal zu betreuen, wären etwa 308.000 zusätzliche Erzieher erforderlich. Die Mehrkosten dafür würden sich auf fast 14 Mrd. Euro belaufen. Doch die im Kita-Qualitätsgesetz vorgesehenen Finanzmittel reichen dafür keineswegs aus. Der Bund muss in viel größerem Umfang als bisher Geld für das Kita-System zur Verfügung stellen. Länder und Gemeinden sind ebenfalls gefordert, den Kitaplatzausbau zu verstärken und insbesondere die Personalausstattung deutlich zu verbessern.
Gerade jüngst hat die Bundesregierung den „Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und Teilhabe in der Kinderbetreuung“, das sogenannte Kita-Qualitätsgesetz, in den Bundestag eingebracht. In den Jahren 2023 und 2024 will der Bund den Ländern jeweils 2 Mrd. Euro zur Verfügung stellen, um die Qualität der frühkindlichen Bildung zu verbessern – insbesondere für die sprachliche Bildung. So wichtig und richtig „Sprach-Kitas“ sind, so notwendig wären jedoch Lösungen der riesigen Probleme bei der Zurverfügungstellung von Kita-Plätzen und bei der dringend notwendigen Rekrutierung von Kita-Personal. Nur damit verbessern sich die Arbeitsbedingungen für alle, nur so wird Sprache der Schlüssel zum Erfolg.