Als Gerhard Rehberg am 8. Januar 1936 im ostpreußischen Powunden geboren wurde, hatte er nicht gleich den “goldenen Löffel im Mund“. Vielmehr musste er als Kind und Jugendlicher die schrecklichen Wirren des barbarischen Nazi-Regimes durch- und überleben. Seine abenteuerliche Flucht über Schleswig-Holstein endete im Ruhrgebiet, das nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem einzigartigen “melting pot“, zu einem grandiosen Schmelztiegel von Vertriebenen aus vielen Regionen Europas wurde. Sie alle packten beim Wegräumen der Trümmer sowie beim Wiederanfahren der Steinkohlezechen und Stahlwerke kräftig an, sie halfen beim Aufbau unserer Republik mit großem Engagement.
Glück auf, der Steiger kommt!
Als 16jähriger ging Rehberg, den fast alle Gerd nennen, nicht auf große Seefahrt, obwohl er die Prüfung zur Ausbildung als See-Offizier in Hamburg gerade bestanden hatte, sondern zog nach Westerholt-Bertlich und legte auf dem dortigen Pütt an. Allein auf sich gestellt lebte der Jungbergmann in einem Petalozzi-Jugenddorf, wurde dort schnell der Sprecher. Und Gerd fand bald seine Position im Fußballverein in Wesselburen – zunächst als Verteidiger, danach als Mittelläufer. Sein Herz schlug jedoch schon für Schalke. Zu den Spielen der Königsblauen in der legendären Glückauf-Kampfbahn fuhr er mit dem Fahrrad.
Nach der Zeit als Berglehrling ging es für den strebsamen Gerd voran: Er wurde Hauer und dann Steiger; bis 1992 war er in dieser Funktion unter Tage auf der Zeche Westerholt aktiv. Diese Arbeit vor Ort, viele hundert Meter unter der Erde in der Gefahrengemeinschaft, hat ihn gewaltig geprägt.
Ein Bürgermeister zum Anpacken
Gerd Rehberg wollte nicht nur beruflich, sondern auch politisch an der Entwicklung unseres Gemeinwesens mitwirken. Als Mitglied der SPD war er fast 30 Jahre im Rat der Stadt Gelsenkirchen, von 1979 bis 2004 als ehrenamtlicher Bürgermeister. Nach der ersten Wahl, bei der er 75 % der Stimmen errang, wurde im Ratssaal ein Transparent von seinen Freunden mit der Aufschrift ausgerollt: “Hassel-Nord grüßt Bürgermeister Gerhard Rehberg.“
Sein politischer Einsatz galt vor allem den Bürgern in seiner Stadt und das in einer Zeit, da die Region wirtschaftlich in eine schwere Strukturkrise geriet, Zechen stillgelegt wurden und die Arbeitslosigkeit stark zunahm. Gerd Rehberg war stets ein echter, profilierter Sozialdemokrat – glaubwürdig und überzeugend, ohne dass er das SPD-Parteiprogramm vor sich hertrug. Nie polemisierte er gegen Christ- oder Freidemokraten, sondern übte sich in großer Toleranz. “Es müssen Idioten sein“, so sagte er einst, “die sich wegen des Parteibuches an die Köppe kriegen.“ Mit dieser Einstellung gewann er großen Respekt und insbesondere auch Freunde außerhalb seiner eigenen Partei.
“Knappe Rehberg Chef auf Schalke“
“Auf Schalke“ kriselte es Ende der 80er/ Anfang der 90er Jahre – wieder einmal; nicht wenige redeten von Chaos und Kabarett beim Traditionsverein, der eher zu einem Skandal-Club zu werden drohte. Als Gerd Rehberg 1994 von Rudi Assauer gefragt wurde, ob er das Amt des 1. Vorsitzenden vom FC Schalke 04 zu übernehmen bereit wäre, hatte Rehberg zunächst um Bedenkzeit gebeten; ihm war bewusst, welche schwierigen und steinigen Herausforderungen damit auf ihn zukommen würden.
Doch letztlich wurde der “Knappe Rehberg Chef auf Schalke“, wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) im Dezember titelte. Als neuer Vorsitzender nahm er die Geschicke des Vereins mit Kultstatus mit höchstem Pflichtbewusstsein und geradezu kämpferischem Einsatz wahr. Er kümmert sich um alles – insbesondere um die Fans, die Sponsoren und die Mannschaft sowie um die Organisationsstruktur.
Königsblau auf Erfolgskurs
Gerd Rehberg drängte sich nie in den Vordergrund, suchte nie die großen Auftritte vor den TV-Kameras, vermied sogar so weit wie möglich das Rampenlicht. Für ihn zählten stets die Ergebnisse und nicht Eitelkeiten. Und so konnte man bereits nach einer kurzen Zeit im “Sportbild“ über den Schalke-Chef lesen: “Neues auf Schalke: Nach Schickimicki ein Ehrenmann.“ Die Erfolge für seinen Fußballclub blieben da nicht aus: Schon in der Saison 1995/ 96 erreichte Schalke 04 Platz 3, in den Jahren danach spielte der Verein nahezu immer international mit und holte 1997 gegen Inter Mailand im Finale den UEFA-Cup. Damit war der “Pott im Pott“. Doch Gerd Rehberg haute nie auf den Putz, scheute Übertreibungen und Firlefanz. Das alles spiegelte seinen außerordentlich noblen Charakter wider, der diesen Mann mit vornehmer Zurückhaltung stets auszeichnete – als Kumpel, der anderen beistand, sich aber nie anbiederte, als Bürgermeister mit großer Autorität, jedoch nie autoritär von oben herab, als Schalke-Präsident mit königsblauem Herzen, doch nie als engstirniger Fanatiker.
Die Arena – das Rehberg-Denkmal
Ohne ihn wäre der Bau der Veltins-Arena, bis heute einer der schönsten Fußball-Tempel in Europa, nicht möglich gewesen. Denn nur mit seinen exzellenten Kontakten zu den entscheidenden Landespolitikern in Nordrhein-Westfalen hatte Gerd Rehberg die dafür dringend notwendige Landesbürgerschaft erreichen können.
Stets hat er über den Rand der Schalke-Arena hinausgeschaut. Gerd Rehberg ist in vielen Ländern der Welt gewesen, hat sich dort umgesehen und Kontakte geknüpft. Wer ihm etwa bei dem Super-Lokalderby gegen die “Zecken“ aus Dortmund begegnete, wurde von ihm zunächst – selbst als BVB-Fan – liebevoll mit dem Schalke-Schal dekoriert und dann sehr oft seinen aus der Türkei angereisten Freunden vorgestellt. Sogar mit “Gottes Bodenpersonal“ aus der evangelischen und katholischen Kirche pflegt Gerd Rehberg beste Beziehungen – so hervorragend, dass es nicht selten bei knappen Siegen heißt, die “Schalker hatten wieder einmal den Papst in der Tasche“.
Zum 80. Geburtstag des heutigen Ehrenpräsidenten werden am Freitagabend, 19:04 Uhr, im „Tibulsky“-benannt nach dem legendären Mittelläufer des Schalker Kreisels- in der Veltins-Arena, viele prominente Wegbegleiter auflaufen und gratulieren – einem großen Mann des Reviers mit einem noch größeren Herzen für die Menschen in seiner Stadt und Region sowie für alle königsblauen Freunde. Auf Geschenke verzichtet Gerd Rehberg, doch – das ist eben seine noble Art – bittet er um Spenden, etwa für “Schalke hilft“ oder eine Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung. Seine Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit zeichnen ihn als einen Mann aus, der sich um unser Land, um seine Heimatregion und um den weltberühmten FC Schalke 04 verdient gemacht hat.