Deutschland hat Probleme mit dem Erreichen der Klimaziele und überhaupt mit der Energiewende. Das Atom-Aus ist beschlossen, jetzt wollen wir auch irgendwann aus der Kohle-Energie aussteigen. Die Geothermie käme als Schlüsseltechnologie als ein möglicher Teil-Ersatz infrage. Wir sprachen darüber mit dem Chef der Daldrup&Söhne AG in Ascheberg bei Münster, Josef Daldrup.
Frage: Mehr als die Hälfte der Heizenergie, so war jüngst in der „Süddeutschen Zeitung“ zu lesen, ließe sich durch Erdwärme gewinnen. Warum wird das nicht gemacht? Ist die Geothermie zu teuer?
Daldrup: Nein, Geothermie ist billiger als Gas und Oel, aber oft fehlt noch das Fern-Wärme-Netz.
Frage: Anders als andere Energieträger ist die Erdwärme nicht abhängig von Wind und/oder der Sonne, ferner geht von der Geothermie kein CO2-Ausstoß aus. Diese Energie ist so umweltfreundlich wie keine andere. Warum ist sie dennoch in Verruf geraten?
Daldrup: Es ist unglaublich, wie eine kleine Gruppe es schafft, Negativ-Stimmung zu erzeugen, die durch nichts belegbar ist. Aber das gibt es leider auch in anderen Industriebereichen. Denken Sie mal an das Waldsterben!
Bau-Pfusch durch unkundige Leute
Frage:Was ist damals zum Beispiel in Staufen passiert? Lag der Fehler darin, dass man eine Billig-Firma aus dem Ausland genommen hat? Oder hätte man dort einfach nicht bohren dürfen?
Daldrup: Das hatte mit tiefer Geothermie gar nichts zu tun, das war Bau-Pfusch, 37000 Bohrungen im Jahr sind erfolgreich, aber die Presse zeigt immer wieder auf einen Fehlschlag, der von wenig kundigen und unerfahrenen Leuten verursacht wurde. Für die Geothermie-Technologie sollten stets die besten Geologen und Bohrfirmen eingesetzt werden, nicht die mit den billigsten Angeboten.
Frage:Schon vor Jahren hat es im Rahmen von Erdwärme-Bohrungen kleinere Erdbeben gegeben. Warum hat die Öffentlichkeit so hysterisch reagiert?
Daldrup: Oft genug wollte ein interessierter Anwohner auf dieser Schiene zum Beispiel sein Haus sanieren lassen, hat mögliche oder angebliche Erdbeben beschworen und die Medien hinter sich gebracht. Die Geothermie kann keine Erdbeben erzeugen, höchstens bestehende geologische Spannungen in sehr großer Tiefe lösen, die sich sowie so lösen würden. In einigen Regionen – beispielsweise im Oberrheingraben – gibt es seit Menschengedenken Mini-Beben, aber eben keine stärkeren oder gar gefährliche Erdbeben, wie in anderen Gegenden unserer Welt. Hysterie wird allerdings immer wieder von einigen Leuten verbreitet, die gegen alles Stimmung machen und andere Zeitgenossen alarmieren wollen. Wenn Risiken-Beschwörungen mehr zählen als Daten und Fakten, wenn blutige Laien fach- und sachkundige Experten lautstark übertreffen, dann wird irrational reagiert.
Noch nie nennenswerten Schaden
Frage: Wie viele Geothermie-Projekte hat die Daldrup & Söhne AG bislang erfolgreich an den Markt gebracht? Sind im Rahmen dieser Arbeiten Erdbeben ausgelöst worden? Gab es negative Auswirkungen für Mensch und Umwelt?
Daldrup: Mein Unternehmen hat rund 40 Projekte realisiert. Es gab aber noch nie Probleme. Weltweit sind viele hundert Geothermie-Anlagen in Betrieb, und das seit mehr als 50 Jahren. Es hat noch nie einen nennenswerten Sach- oder gar Personenschaden gegeben. Welche Energieerzeugung kann das von sich behaupten? Wohl keine – nicht im Öl- und Gasbereich, nicht im Kohlesektor oder bei anderen Energieträgern.
Frage: Wie beurteilen Sie die Risiken dieser Erschütterungen? Ist der Vergleich stimmig, dass sie denen eines LKW auf holpriger Straße entsprechen?
Daldrup: Selbst das gab es nur in der Anlaufphase oder im falschen Betrieb, heute wird viel sorgfältiger gemessen. Es wird immer ein vor 15 Jahren erstellter Prototyp als Beispiel genannt. Doch diese Parameter sind längst überholt.
Eine tolle grüne Energiequelle
Frage: Wo, in welchen Regionen Deutschland kann die Geothermie Heizenergie liefern? Und wo ist auch die Stromerzeugung aus Geothermie möglich? Was sind die Haupthindernisse?
Daldrup: Der Voralpenraum, die Norddeutsche Tiefebene, die Gegend von Frankfurt bis Lörrach, der sogenannte Oberrheingraben – hier liegen die besten Chancen für die Geothermie.
Die Bürokratie und viele verbreitete Unsitten sowie irrationale Widerstände einiger weniger bremsen geothermische Projekte aus. Die Geothermie ist jedoch eine tolle grüne Energie und vor allem grundlastfähig, also permanent als Wärme und Strom verfügbar. Wer die Energiewende wirklich will, der muss die Geothermie viel stärker als bisher nutzen.
Frage: Wie sieht es im Ausland aus, z., B. in Frankreich? In Wien?
Daldrup: Frankreich hat die Förderung massiv ausgeweitet. Es laufen derzeit Projekte in Straßburg und Paris sowie in anderen Regionen. Auch Österreich, die Schweiz und andere Länder setzen auf die Geothermie als die beste „grüne Energiequelle“. Nur in Deutschland wird immer wieder Front dagegen gemacht – ganz nach dem Motto „nicht bei uns“.
Mehr gesellschaftliche Akzeptanz
Frage: Deutschland ist weit davon entfernt, die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Kann die Geothermie diese Schlüsseltechnologie sein oder werden, um diese Ziele doch noch zu schaffen? Es fällt auf, dass die Geothermie in der öffentlichen Debatte keine große Rolle spielt. Fehlt es an den entsprechenden Lobbyisten? Wird die Geothermie benachteiligt oder nicht ausreichend gefördert? Was sind die Haupthindernisse?
Daldrup: Die Genehmigungszeiten für Geothermie-Anlagen sind bei uns durchweg viel zu lang. So beträgt die Bauzeit für ein Geothermie-Kraftwerk 2 bis 3 Jahre oder noch länger. Die Geothermie kann der optimale Energieträger sein – ohne jede CO2 –Emissionen, dezentral, grundlastfähig, also ständig verfügbar. In der Tat müssen diese Vorteile viel stärker der breiten Öffentlichkeit vermittelt werden, aber eben auch den Politikern und staatlichen Verwaltungen. Wir brauchen einfach mehr gesellschaftliche Akzeptanz für diese einzigartige Energiequelle.
Frage: Könnte der BVB-Fan Daldrup nicht auch das Stadion in Dortmund- das ist immerhin die Fußball-Oper in Deutschland entsprechend modernisieren? Oder den geplanten Konzertsaal in München?
Daldrup: Ja, „auf Schalke“ war das schon projektiert zur letzten Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland; ist aber leider nicht ausgeführt worden. Die Geothermie kann außerordentlich vielseitig genutzt werden – für Konzertsäle, Kaufhäuser, Verwaltungsgebäude, also überall wo Strom- und Wärmebedarf besteht.
Über Daldrup:
Die Daldrup & Söhne AG hat mit Brunnen-Bohrungen im Jahre 1946 in Westfalen begonnen. 2009 errichtete sie mit großem Erfolg erste Geothermie-Projekt im Ausland – mit großem Erfolg in den Niederlanden, Belgien, Österreich, Polen und in der Schweiz sowie in Deutschland. Das Kraftwerk Taufkirchen und Projekt für die Stadtwerke München sind wie viele andere best practice-Beispiele für die Geothermiewerke „made by Daldrup“.
Fotomaterial von Daldrup
Danke für die guten Informationen zur Erdwärme. Sie soll sich ja in kleinem Maßstab schon durchaus lohnen. Die geologischen Risiken sind hierbei vermutlich auch geringer, als bei großen Kraftwerken.