Ein Pfarrer hat jetzt seinen TV-Zuschauern* erklärt, warum er künftig im Gottesdienst die gendergerechte Sprache verwendet. Damit möchte er geschlechterspezifische Diskriminierungen vermeiden, die Verwendung des generischen Maskulinums erscheint ihm offensichtlich ungerecht. Dass die deutsche Sprache zwischen dem natürlichen Geschlecht (Sexus) und dem grammatikalischen Geschlecht (Genus) unterscheidet, ficht den progressiven Gottesmann nicht an. Oder hadert er damit, dass man in seiner Religion keine Göttin anbetet? Nun sind wir auf die Praxis gespannt. Lautet jetzt Anrede von der Kanzel: Liebe Christen*innen? Schwer verständlich und zudem auch ungerecht, weil von einem Mann zuerst das weibliche Geschlecht angesprochen (Damen und Herren…) wird. Also müsste er sagen: Liebe Christinnen und Christen. Doch halt, gerade durch die Doppelbenennung wird der Sexismus in der Sprache eingeführt. Pfui, das kann wohl kaum im Sinn der Kirche sein! Wie wär’s ersatzweise mit: Liebe Christkinder?
Pardon, das Adjektiv weiblich sollte man ebenfalls aus dem Sprachgebrauch eliminieren. Von Weibern zu sprechen, ist höchst despektierlich, fast so schlimm wie die Nutzung des N-Wortes. Wir gebrauchen stattdessen das Wort damlich, abgeleitet von Dame und am besten in der Paarung mit herrlich. Also das damliche und herrliche Geschlecht.
Es könnte jetzt sein, dass Ihnen das alles zu dämlich ist. Mag sein, aber mich tröstet, dass der Pfarrer aus der evangelischen Fraktion stammt. Ich aber bin katholisch getauft und deshalb bleibt mir das Vergnügen verwehrt, seine Predigt in Gendersprache anzuhören.
Apropos, Diskriminierung. Wie verbreitet im damlichen Geschlecht ist eigentlich die Ablehnung des generischen Maskulinums? Oder überwiegt etwa die Zahl derer, die eine sprachliche Verschandelung des Deutschen ablehnen? Die ganze Debatte nervt gewaltig und dient – vorsätzlich oder nicht – dazu, die Gesellschaft auch auf diesem Terrain zu spalten. Es liegt auf der Hand, dass die Medien daran ihre helle Freude haben. Merkt eigentlich niemand, dass dieser künstlich kultivierte Konflikt – wie so manche Corona-Zwietracht – das Potential hat, unsere Demokratie zu destabilisieren? Als Düngemittel dient dabei der Abfall aus dem „sozialen“ Netz. Sprachwissenschaftliche Laien, deren Blick ideologisch getrübt ist, sind ein wachsendes Problem. Und das Institut für Deutsche Sprache, eine gemeinsame Einrichtung von Bund und den 16 Bundesländern, befasst sich lieber mit der Erforschung von Dialekten statt mit notwendigen Klarstellungen für unser Alltagsdeutsch.
(*ARD – Wort zum Sonntag am 7.8.2021)
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