Rede bei der Distriktkonferenz 2023 des Rotary Distrikt 1842, am 1. Juli in Passau
I.
Sehr geehrter Herr Professor Ehlers,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dupper,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
der russische Überfall auf die Ukraine bringt seit mehr als 16 Monaten Tod, Zerstörung und unendliches Leid über die Menschen dort. Die Rückkehr des Kriegs in unsere unmittelbare Nachbarschaft hat die Menschen in Deutschland erschüttert.
Viele engagieren sich mit grossem Einsatz und helfen ganz praktisch Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine oder vor Tod und Gewalt in anderen Ländern geflohen sind.
Dazu gehören auch viele Rotarierinnen und Rotarier.
Ich freue mich, dass wir später etwas über ihr Engagement hören werden.
Bei uns in Deutschland hat der Krieg aber leider auch zu einer „Moralisierung“ der politischen Debatte geführt, die ich für problematisch, ja für gefährlich halte. Verantwortungsbewusste Politik braucht ein ethisches Fundament. Moral kann aber nie Ersatz für Politik sein.
Die Unterstützung der Ukraine muss sich nach meiner Überzeugung von dem Ziel leiten lassen, das Töten und die Zerstörung so schnell wie möglich zu beenden.
Viele sagen, das dürfe nicht um jeden Preis geschehen. Ja, das stimmt. Der Krieg darf aber auch nicht um jeden Preis fortgesetzt werden. Beide Positionen müssen sich an ihren Konsequenzen messen lassen: Wer entscheidet darüber, wie viele Menschen für einen zurückeroberten Quadratkilometer sterben dürfen? Wo endet tapfere und mutige Selbstverteidigung, und wo beginnen sinnlose Opfer?
Mir macht grosse Sorge, dass viele, die sich in der deutschen Debatte zu Wort melden, schon diese Fragen für unzulässig halten. Zu viele scheinen aus dem Blick zu verlieren, dass fast alle seriösen Einschätzungen zu dem Ergebnis kommen: Dieser Krieg wird nicht mit einem militärischen Sieg der einen oder anderen Seite enden.
Ich zitiere stellvertretend einen Mann, der in den deutschen Medien leider nur ganz selten zu Wort kommt. Harald Kujat sagt in einem Interview vom 15. Juni 2023 mit der Schweizer online-Publikation „Zeitgeschehen im Fokus“:
„In Washington weiss man, dass das Ziel, die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern, unrealistisch ist… nach meinem Eindruck erreichen beide Seiten einen Grad der Erschöpfung, der grössere militärische Fortschritte unmöglich macht.“
Harald Kujat ist nicht irgendwer. Er war von 2000 bis Ende 2001 Generalinspekteur der Bundeswehr und danach bis Juni 2005 Vorsitzender des Militär-Aussschusses der NATO.
Im Ruhestand war er u.a. Vorsitzender des Aufsichtsrats des Rüstungsunternehmens Heckler & Koch, also bestimmt kein Pazifist.
Wenn der ukrainische Präsident den Rückzug der russischen Armee aus allen Teilen der Ukraine zur Voraussetzung für Verhandlungen erklärt, dann ist das aus seiner Sicht verständlich, aber doch wenig realistisch. Wenn politisch Verantwortliche in westlichen Ländern die gleiche Forderung erheben, ist das unverantwortlich.
II.
Wer wirklich will, dass das Töten und Zerstören so schnell wie möglich aufhören, muss bereit sein, die Interessen beider Seiten in Rechnung zu stellen. Die Ukraine verdient als Opfer des russischen Überfalls besondere Unterstützung dafür, dass sie in Zukunft in gesicherten Grenzen, in politischer Selbstbestimmung existieren kann. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat aber schon vor Monaten zurecht darauf hingewiesen, dass auch Russland berechtigte Sicherheitsinteressen hat. So wie jedes andere Land auch.
Besonders in der deutschen Debatte tun viele so, als ob der russische Überfall auf die Ukraine keine Vorgeschichte habe. Wer darauf hinweist, dass die Osterweiterung der NATO aus russischer Sicht anders bewertet wird als in den offiziellen Texten der NATO, dem wird die Verbreitung russischer Propaganda vorgeworfen. Es gibt aber viele Belege dafür, dass politisch Verantwortliche in den USA sehr genau wussten, was die Erweiterung der NATO nach Osten aus russischer Sicht bedeutete.
William J. Burns, amerikanischer Botschafter in Moskau von 2005 bis 2008 und stellvertretender Aussenminister von 2011 bis 2014 sagte dazu, dass die Erweiterung der NATO in Osteuropa „bestenfalls verfrüht und schlimmstenfalls eine sinnlose Provokation war.“
Ganz ähnlich hat sich immer wieder Henry Kissinger geäussert.
Burns fährt fort: „Wir müssen uns der Gefahren der Hybris und des amerikanischen Unilateralismus bewusst werden.“
Dieser Mann ist heute Chef der CIA.
William J. Perry, von 1994 bis 1997 Verteidigungsminister unter Präsident Bill Clinton, berichtet in einem 2015 erschienenen Buch darüber, wie die Entscheidung zur NATO-Osterweiterung im engsten Kreis um Präsident Clinton zustande gekommen ist. Er habe davor gewarnt, Vizepräsident Al Gore habe sich für die Osterweiterung ausgesprochen. Perry war nicht grundsätzlich gegen die Aufnahme der osteuropäischen Staaten, aber, so schreibt er:
„Ich bin dem Vorschlag aktiv entgegengetreten. Meine ausdrückliche Auffassung war: Ich wollte diese Initiative zwei oder drei Jahre verschieben, nach denen, so dachte ich, die Russen mit ihrem Platz im westlichen Sicherheitskreis einverstanden wären und die Erweiterung nicht als Bedrohung ihrer Sicherheit empfänden…
…
Wenn ich an diese massgebliche Entscheidung zurückdenke, bedaure ich, dass ich nicht wirkungsvoller für die Verschiebung der NATO-Entscheidung gekämpft habe.“
Diese Zitate deuten Gründe des Konflikts an, kein Grund rechtfertigt aber den russischen Überfall auf die Ukraine.
III.
Das Gros der Medien und der politisch Verantwortlichen in Deutschtand und in vielen anderen Ländern wundern sich darüber, dass viele Länder, zum Beispiel Indien, Brasilien oder Südafrika in der UNO-Generalversammlung nicht für die Verurteilung Russlands gestimmt haben und sich nicht an Sanktionen beteiligen.
Dabei ist es nicht besonders schwer, dieses Verhalten zu verstehen. Diese Länder handeln nach ihren Interessen und aufgrund der Erfahrungen, die sie mit dem sogenannten „Westen“ und besonders mit den USA in den vergangenen Jahrzehnten gemacht haben.
Die prägende Erfahrung nicht nur dieser Länder war, dass die USA sich immer dann an das Völkerrecht und an die Regel-basierte internationale Ordnung halten, wenn sie glauben, dass das ihren Interessen entspricht.
Der Vorwurf ganz vieler Länder des Globalen Südens lautet: Ihr messt mit zweierlei Mass. Dieser Vorwurf ist auch mit viel Rabulistik nicht aus der Welt zu räumen.
Die USA und ihre Partner verurteilen zurecht den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine. 2003 haben die USA aber selber einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak geführt. Das hat das das Vertrauen in die amerikanische Politik weltweit dramatisch zerstört.
Die USA haben viele internationale Abkommen und Vereinbarungen nicht unterzeichnet und ratifiziert, weil sie sich den von der Weltgemeinschaft vereinbarten Regeln nicht unterwerfen wollen. Das gilt für die Seerechtskonvention der UNO genauso wie für den Internationalen Strafgerichtshof, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Die Zeitschrift „Foreign Affairs“, bestimmt kein Organ linker Kräfte, hat in ihrer Ausgabe vom Mai/Juni dieses Jahres „The Nonaligned world“ zum Schwerpunktthema gemacht. Dort erklären Wissenschaftler und ehemalige Ministerinnen aus der Sicht des Globalen Südens, warum nicht die ganze Welt gegen Putins Russland steht.
Nirupana Rao, von 2009 bis 2011 indische Aussenministerin und auch Botschafterin in den USA und in China schreibt:
„…die aggressiven ökonomischen Sanktionen, die die reichen Länder gegen Russland verhängt haben, haben Menschen, die weit weg vom Krieg in der Ukraine sind, mit Kosten belastet, zum Beispiel mit höheren Preisen für Nahrungsmittel.“
Zu der Behauptung, die Welt stehe vor einer grossen Auseinandersetzung zwischen Demokratien und Autokratien bzw. Diktaturen, schreibt Matias Spektor, der Professor in Sao Paulo ist und auch an der Universität Princeton lehrt:
„Von den 50 Ländern, die ´Freedom House´ als „Diktaturen´ einordnet, haben 35 im Jahr 2021 Militärhilfe der amerikanischen Regierung bekommen.“
Tim Murithi, Professor an den Universitäten von Kapstadt und Stellenbosch, stellt fest:
„Die rechtswidrigen Invasionen im Irak und in Syrien haben gewalttätige extremistische Bewegungen angeheizt, einschliesslich Al Quaida und dem Islamischen Staat, der sich wie ein Virus über Afrika verbreitet hat. Zum Teil als Folge des durch die NATO-Intervention in Libyen ausgelösten Chaos, hat sich der islamistische Terrorismus in der ganzen Sahel-Zone festsetzen können, in Burkina Faso, dem Tschad, Mali, in Mauretanien und im Niger.“
Der frühere britische Aussenminister David Miliband, heute Chef einer internationalen Hilfsorganisation, macht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam, dessen Bedeutung man nicht hoch genug einschätzen kann:
„Es wird auch gesagt, dass der Westen viel mehr Mitgefühl für die Opfer des Kriegs in der Ukraine gezeigt hat als für Kriegsopfer in anderen Teilen der Welt. Dem Aufruf der Vereinten Nationen zu humanitärer Hilfe für die Ukraine wurde zu 80 bis 90 Prozent gefolgt. Aufrufe der Vereinten Nationen im Jahr 2022 für die Opfer von Krisen in Äthiopien, Syrien und im Jemen waren dagegen kaum zur Hälfte erfolgreich.“
IV.
Zu den schlimmsten politischen Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine gehört eine Militarisierung des Denkens und des Handelns in vielen Teilen der Welt, auch bei uns in Deutschland.
In einer Zeit, in der die Menschheit alle Kräfte,auch alle wirtschaftlichen Kräfte, bündeln müsste, um die Bewohnbarkeit der Erde für künftige Generationen zu bewahren, schiessen die Ausgaben für Rüstung in die Höhe.
Schon 1982 hat die von dem langjährigen schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme geleitete Kommission der UNO für Abrüstung und Sicherheit in ihrem „Gemeinsame Sicherheit“ überschriebenen Bericht festgestellt:
„Militärausgaben sind eine Belastung für die wirtschaftliche Zukunft aller Länder, die reichsten wie die ärmsten, der Länder, die Waffen importieren wie derjenigen, die Waffen exportieren… Überall beansprucht die Rüstung Ressourcen, die schon knapp sind und in unserem Jahrzehnt noch knapper werden.“
Diese Aussage gilt heute mehr denn je. Dabei geht es nicht darum, dass Panzer der Bundeswehr fahren können müssen, Flugzeuge fliegen können müssen und Soldatinnen und Soldaten so gut wie möglich ausgestattet sein müssen.
Selbstverständlich hat jeder Staat das Recht, ja die Pflicht, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Schon vor über vierzig Jahren hat die Palme-Kommission aber darauf hingewiesen, dass mehr Ausgaben für Rüstung und Militär nicht automatisch zu mehr Sicherheit führen:
„…wenn sich nicht alle selbst beschränken und die Gegebenheiten des Atomzeitalters richtig einschätzen, muss das Streben nach Sicherheit zu einem verstärkten Rüstungswettlauf und gespannten politischen Beziehungen führen, und am Ende ergibt sich weniger Sicherheit für alle Beteiligten.“
Nach den jüngsten Zahlen des Friedensforschungsinstituts SIPRI haben die Militärausgaben im Jahr 2022 einen neuen Rekordstand erreicht. Allein die USA haben 877 Milliarden Dollar für militärische Zwecke ausgegeben, das sind knapp 40 Prozent aller Militärausgaben weltweit. Auf Platz 2 und 3 folgen China und Russland mit geschätzten 292 bzw. 86,4 Milliarden Dollar. Diese Zahlen zeigen, dass die USA allein und erst recht die NATO insgesamt militärisch sehr viel stärker sind als Russland.
Besonders teuer und besonders gefährlich für Sicherheit und Frieden sind Atomwaffen. Noch immer herrscht bei uns die Vorstellung, Deutschlands und Europas Sicherheit werde durch den sogenannten atomaren Schutzschirm der USA garantiert. Ich halte das für eine politische Lebenslüge.
Josef Braml, ein Insider der transatlantischen Aussen- und Sicherheitspolitik, schreibt dazu in seinem 2022 erschienenen Buch „Die transatlantische Illusion“:
„Schon seit längerem ist fraglich, ob Amerikas ´erweiterte nukleare Abschreckung´ und das zugrunde liegende Sicherheitsversprechen überhaupt glaubwürdig sind und im Ernstfall eingelöst würden. Selbst amerikanische Sicherheitsexperten bezweifeln – und das nicht erst seit Trumps Amtszeit -, ob ein US-Präsident wirklich bereit wäre, wegen der Sicherheitszusage gegenüber weit entfernten europäischen Staaten die Zerstörung einer amerikanischen Millionenstadt durch russische Langstreckenraketen zu riskieren.“
Eine besondere Rolle spielen die in Deutschland und in wenigen anderen europäischen Ländern stationierten Atomwaffen der USA, über die unter dem irreführenden Begriff „nukleare Teilhabe“ gesprochen wird. Josef Braml kommt zu einem harten Urteil. Für ihn schaffen diese amerikanischen Atomwaffen keine Sicherheit, sondern sind eine reale Gefahr:
„Diese ´nukleare Teilhabe´ hat insbesondere für die USA einen mehrfachen Nutzen: Mit dieser geographisch erweiterten Form der nuklearen Abschreckung soll der Austragungsort einer nuklearen Auseinandersetzung und Zerstörung möglichst weit weg von Amerika , jenseits des Atlantischen Ozeans in Europa sein,…
Indem die Bundesregierung, die ´nukleare Teilhabe´ fortführt, delegiert sie letztendlich die Entscheidung über Deutschlands nationale Sicherheit und das Überleben seiner Bürger an die USA und gibt Washington zudem einen mächtigen Hebel in die Hand, der auch immer mehr dazu dient, aus dem Schutzversprechen politisch und wirtschaftlich Kapital zu schlagen.“
Das sagt kein linker Kritiker der USA, sondern ein Mann, der Generalsekretär der deutschen Gruppe der Trilateralen Kommission ist, einer einflussreichen Einrichtung aus Vertretern von Wirtschaft und Politik aus den USA, Europa und Asien.
V.
In den vergangenen Jahren sind fast alle Vereinbarungen über Rüstungskontrolle und Abrüstung zwischen den USA und Russland ausgelaufen oder aufgekündigt worden. Stattdessen betreiben die USA, Russland, aber auch China die Modernisierung ihrer Atomwaffen.
William J. Perry, Verteidigungsminister unter Präsident Bill Clinton, wird seit Jahren nicht müde, aus seiner Erfahrung vor den Gefahren eines neuen atomaren Wettrüstens zu warnen. Die grösste Gefahr sieht er darin, dass es durch Fehleinschätzungen der jeweils anderen Seite und durch falschen Alarm zu einem Atomkrieg kommen könne.
Den letzten bekannten falschen Alarm gab es am 13.Januar 2018, als die Überwachungssysteme der USA einen Atomangriff auf Hawaii zu erkennen glaubten. Glücklicherweise stellte sich schnell heraus, dass das nicht stimmte. Das war in den vergangenen Jahrzehnten aber nicht der einzige falsche Alarm. Viel Glück und mutige Entscheidungen einzelner haben die Menschheit vor einem Atomkrieg aus Versehen bewahrt.
Auf Glück und auf das verantwortungsbewusste Handeln einzelner kann und darf man sich aber nicht dauerhaft verlassen. Deshalb brauchen wir einen neuen Anlauf zu Rüstungskontrolle und Abrüstung, ganz besonders bei den Atomwaffen.
William J. Perry hat sehr genaue Vorstellungen von dem, was notwendig ist. Neben der weiteren Verringerung aller Atomwaffen mit dem Ziel sie vollständig abzuschaffen, sollten die USA und damit die NATO ihre Nuklear-Strategie grundlegend ändern.
Die USA sollten erklären, dass sie unter keinen Umständen als erste Atomwaffen einsetzen werden. Sie sollten Atomwaffen nie auf Grund eines Alarms einsetzen, weil dadurch die Gefahr steigt, einen Atomkrieg aus Versehen zu beginnen; und sie sollten alle sogenannten landgestützten Atomwaffen abschaffen, weil deren Standorte anderen Atommächten bekannt und deshalb Ziele für gegnerische Atomangriffe sind.
Der frühere Verteidigungsminister der USA fasst seine Überlegungen zu Atomwaffen in einem Satz zusammen:
„Diese Waffen müssen gesehen werden nicht als eine Stärke, sondern als eine Belastung – tatsächlich als existentielle Gefahr.“
Die Entwicklung der Cyber-Technik mit der Möglichkeit, technische Systeme des potentiellen Gegners zu stören, lahmzulegen oder gegen ihn einzusetzen, machten die Atomwaffen noch gefährlicher.
Perry warnt darüber hinaus vor der Vorstellung, dass es möglich sei, sich durch Raketen-Abwehrsysteme vor Atomwaffen zu schützen. Er schreibt:
„Abwehrsysteme der USA gegen Langstrecken-Raketen wären vollkommen wirkungslos gegen einen grossen russischen Angriff; sie würden durch die grosse Zahl der Raketen schlicht überwältigt…
Raketen-Abwehrsysteme sind aber schlimmer als wirkungslos; sie führen sogar dazu, dass die Bedrohung durch Russland und China steigt, weil diese Länder sich deswegen gegen zusätzliche Rüstungsbegrenzung (Moskau) stellen oder ihre eigenen militärischen Möglichkeiten ausbauen (Peking).“
Deshalb hält er es für „an der Zeit, die Pläne der USA für Raketen-Abwehrsysteme in Europa neu zu bewerten.“
Diesen Hinweis sollten die politisch Verantwortlichen überall in Europa Ernst nehmen.
William J. Perry warnt davor, dass sich die USA durch ihre Atomwaffen und ihre derzeitige Atom-Strategie selber in tödliche Gefahr bringen. Das gilt entsprechend für andere Atom-Mächte.
Seine Überlegungen entsprechen dem, was die Palme-Kommission schon 1982 so formuliert hat:
„Für keinen Verhandlungspartner stellen Fortschritte bei Abrüstungsgesprächen eine Belohnung dar; sie sind für beide ein Mittel, um aus ihrem gemeinsamen Interesse an Fragen der Sicherheit und des Überlebens Nutzen zu ziehen.“
Diese Einsicht muss sich endlich durchsetzen. Jedes Land kann sich, auch gemeinsam mit anderen, verteidigen. Kein Land aber kann auf Dauer Sicherheit oder gar Frieden finden, ohne sich mit anderen Ländern zu verständigen. Das gilt besonders für Atomwaffen.
Ohne Rüstungskontrolle und Abrüstung gibt es Sicherheit für niemand.
Wie wir am besten zur Sicherheit für alle beitragen können, darüber müssen wir in Deutschland und in Europa sprechen und, wo nötig, auch streiten.
Wir brauchen die Debatte und den Streit in der Sache statt Moralisieren an die Stelle von Politik zu setzen.