Das Freiluftgefängnis „Gaza“ ist explodiert.
Am 7. Oktober verübten Hamas-Milizen ein bestialisches Massaker an unschuldigen jüdischen
Nachbarn. Selbst schwangere Frauen, Kinder und Greise wurden wahllos abgeschlachtet. Trotzdem: Rache ist unzivilisiert. Diese unmenschlichen Täter gehören vor ein internationales Gericht.
Der Terrorakt hat eine lange blutige Vorgeschichte, in der Extremisten beider Seiten Verbrechen verübten. Die Gewalt traf fast immer Unschuldige, zahlreiche Bücher sind darüber geschrieben worden. Das Elend ist allein in einem journalistischen Text schwer zu erfassen, aber ein Beispiel: Bevor das israelische Militär aus dem Gaza-Streifen abzog, wurden zahlreiche Terrorakte von jungen Palästinensern verübt. Sie erhielten von der Al-Fatah, die an einem sicheren Ort in Tunis saß, eine handvoll Dollar damit sie Handgranaten in ein israelische Restaurants werfen. Die Reaktion des israelischen Staates: Es wurden die Wohnhäuser der Familie des Täters in die Luft gesprengt. Ein jüdischer Hauptmann, dessen Familie aus dem Jemen eingewandert war, kritisierte mir gegenüber die Methode. Er sagte: „Das ist Rache und out of proportion, wodurch sich der Teufelskreis von Gewalt gegen Gewalt weiterträgt.“.
In dieser Region, in der die Menschen scheinbar leichter entflammbar sind, als in anderen Teilen der Welt, habe ich mehrmals im Straßenverkehr von Tel Aviv wegen geringfügiger Anlässe Prügeleien beobachtet. Aber es gibt auch positive Beispiele in diesem faszinierenden Land: Schon vor Jahren hatten sich Palästinenser und Israelis um den verstorbenen Politiker Avnery in der Partei „Progressive Friedensliste“ zusammengeschlossen. Es war diese Partei mit Sitz in Haifa, die sofort das Massaker der Mörderbande an 1400 Israelis verurteilte, aber gleichzeitig die israelische Regierung zur Einhaltung der universellen Menschenrechte aufforderte. Die Vision dieser Partei war ein Groß-Palästina ohne Grenzen für sieben Millionen Palästinenser und sieben Millionen Israelis.
In Israels heutiger Regierung sitzen rechtsextreme Minister, in deren Parteiprogramm die Vertreibung aller Palästinenser festgeschrieben wird. Jene Regierung wird angeführt von ihrem Ministerpräsidenten Netanjahu, der am Wahltag (2015) seine Sympathisanten mit der Botschaft motivierte: „Arabische Wähler stürmen in Scharen zu den Wahlurnen!“. Diese Warnung war populistisch und meinte, dass es eigentlich nicht in Ordnung sei, wenn Araber im jüdischen Staat wählen. Er appellierte damals an die niedrigsten Instinkte, vor allem an die der rechtsextremen Juden, die das ganze Land für die jüdische Bevölkerung beanspruchen. „Bibi“ – so nennen ihn seine Anhänger – gewann die Wahl, die er schon verloren glaubte.
Und welche Rolle nimmt Deutschland in diesem undurchsichtigen Konflikt ein?
Bundespräsident Steinmeier sagte, Deutschland stehe fest an Israels Seite. Im Hintergrund steht dabei immer der Holocaust. Ein Verbrechen, das nie verjährt. Deswegen gab es wohl keine Aussage eines deutschen Politikers an die israelische Regierung, sich an die Menschenrechte zu halten. Ein palästinensischen Kind, das durch Bomben getötet wird, ist ebenso viel wert wie ein israelisches. Es darf nirgendwo auf der Welt zweierlei Maßstäbe geben. Eine devote Haltung gegenüber Israel ist Heuchelei, Vergeltungsschläge gegen eine wehrlose Zivilbevölkerung sind stets zu verurteilen. Die Verbrecher und Planer der Hamas sitzen in klimatisierten Büros in Katar.
Die Frage ist heute: Was passiert nach dem Krieg? – Wir sollten unsere langjährige Erfahrung mit der mühsamen Entspannungspolitik vermitteln. Sie ist auch in dieser Region anwendbar.
Die von Deutschland angekündigte Einstellung der Entwicklungshilfe ist falsch. Nachdem die israelische Regierung alle palästinensischen „Gastarbeiter“ in den Gaza-Streifen zwangsweise zurückschickte, sind diese Menschen mittellos und haben keine Zukunftsperspektive.
Ein helfendes Deutschland ist dagegen das Gebot der Stunde und beweist, dass wir unsere eigenen Werte ernstnehmen und praktizieren.
Der britisch-indische Autor Salman Rushdie, selbst Opfer eines Attentats, sagte: „Man muss auf Hass mit Liebe antworten.“. Beispiele, auch in Israel belegen, dass dies nicht unmöglich ist: Auch wir haben vom dreißigjährigen Krieg an, wo mordende Landsknechte durch die Lande zogen, bis heute Jahrhunderte gebraucht, um in einem liberalen Land zu leben.