Vor mehr als einem Jahrzehnt fiel die Entscheidung, dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar stattfindet. Mitten in der Wüste, bei Temperaturen von 30 Grad und mehr, in einer autoritären Welt mit dem Emir an der Spitze, mit anderen Gesetzen und Sitten – darauf müssen sich die besten Kicker aus Lateinamerika, Asien, Europa und Australien sowie die Fußball-Touristen und die Medienleute einstellen. Heute bringt es nichts mehr, die gewiss eigenartige und dubiose Entscheidung der FIFA zu diskutieren. Gewiss deutet vieles darauf hin, dass bei der Wahl dieses Spielortes im Orient Geld im Spiel war, einige Entscheider sich wohl schmieren ließen und dann für Katar stimmten. Offenbar war ein solches Procedere bereits früher bei der Wahl anderer Länder für das größte globale Fußballfest nicht unüblich. Blatter, Infantino und andere Personen in der Führungsriege der FIFA machten ihre Voten nicht allein von sportlichen, sondern vor allem von finanziellen Kriterien abhängig. Immer wieder ging es zu wie im alten Rom: Pecunia non olet – Geld stinkt nicht!
Dubioses Votum der FIFA
Nun ließ sich die FIFA-Entscheidung für Katar schon längst nicht mehr ändern und schon gar nicht zurückdrehen. Die Fußball-WM findet nun in Katar statt. Die Begeisterung deutscher Fans für dieses Event war im Vorfeld nicht gerade euphorisch. Während in früheren Zeiten viele Menschen hierzulande vor einem solchen Turnier ihre Wohnzimmer mit neuen und größeren Fernsehgeräten aufrüsteten, melden die Hersteller von Unterhaltungselektronik ein flaues Geschäft. Nur 3 Prozent der Haushalte – so ergaben es Umfragen – wollen in ein neues TV-Gerät investieren. Früher waren es 11 Prozent und mehr, die die Kicker-Spiele vor dem Fernseher erleben wollten, die dafür Fähnchen und Tischdekoration orderten. Sollte die deutsche Mannschaft in der Vorrunde gut aufspielen, könnte sich die Stimmung noch etwas verändern – vor allem wenn sich Chancen in Richtung Finale abzeichnen sollten.
Milliarden-Investment für’s Prestige
Katar hat viele Milliarden für die Fußball-WM investiert: Die Spielplätze und Stadien sowie das gesamte Ambiente erinnern an eine Welt aus tausend und einer Nacht. Auch darüber gab es im Vorfeld viele negative Berichte in nahezu allen Medien. Dabei stand insbesondere die Behandlung der Gastarbeiter aus Pakistan, Indien, Nepal und vielen anderen Ländern im Focus. Angeprangert wurden vor allem die Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen.
Bessere Bedingungen für Wanderarbeiter?
Da überrascht es, wenn jetzt der Vizepräsident der globalen Gewerkschaftsföderation BHI mit Sitz in Genf, Dietmar Schäfers, in einem Interview verkündet, „dass es den Wanderarbeitern auf den WM-Baustellen zuletzt viel besser ging.“ Die Arbeitsbedingungen würden inzwischen nach den Maßnahmen der vergangenen Jahre den deutschen oder amerikanischen Standards entsprechen. Schäfers hat sich in den letzten Jahren mehrfach in Katar umgesehen und mit einigen hundert Wanderarbeitern gesprochen. Sie seien in der Regel gut untergebracht und die Verpflegung sei in Ordnung. Der Gewerkschaftsmann warnt vor undifferenzierter Kritik, denn diese würde die Reformer eher stärker unter Druck bringen. Immerhin habe Katar von allen Ländern in der Golfregion die weitreichendsten Arbeitsreformen angestoßen und sogar einen Mindestlohn von monatlich 270 Euro eingeführt. Allerdings würden die Verbesserungen bislang noch nicht für die Masse, der über 2 Millionen Wanderarbeiter gelten, sondern nur für die etwa 40.000 Arbeiter auf den WM-Baustellen.
Hilfsfonds für Familien verstorbener Wanderarbeiter?
In der Zeit von 2010 bis 2019 sollen rund 15.000 Menschen, die als Wanderarbeiter nach Katar kamen, gestorben sein. Eine exakte Statistik dieser Todesfälle gibt es nicht. Und niemand weiß, ob es sich hier um Arbeitsunfälle handelte, ob es an der Hitze lag oder ob es andere Todesursachen gab. Jedenfalls beklagen viele Familien, deren Väter und Männer als Wanderarbeiter nach Katar kamen und in den letzten Jahren dort gestorben sind, den Tod dieser Menschen. Da ist es sehr zu begrüßen, dass der DFB-Präsident, Bernd Neuendorf, sich für die Schaffung eines Fonds engagiert, aus dem die Familie der verstorbenen Wanderarbeiter wenigstens eine finanzielle Zuwendung erhalten sollen. Es würde das Image Katars gewiss aufbessern, wenn dieses superreiche Land einige Milliarden Euro oder Dollar in diesen Entschädigungsfonds einzahlen würde. Mindestens 200 Mrd. Euro sollen für diese WM investiert worden sein.