Man könnte mit den Schultern zucken, man könnte sich sagen: „Was soll’s ?“ Dass der Spitzenfußball großenteils moralisch verkommen, dass er weniger Sport als vielmehr kalter, gieriger Kommerz ist, das wissen wir doch längst. Und trotzdem kann man sich aufregen, über das, was der neue Herbstmeister der 2. Bundesliga, der FC St. Pauli, am Sonnabend veranstaltete. Ausgerechnet St. Pauli, dieser Verein, der sich noch immer mit der künstlichen Aura des Bessermenschlichen umgibt, der den Nimbus einer Ansammlung idealistischer Kiezkicker pflegt. Auch seine Manager stellen den Profit über das Gemeinwohl, haben keine Skrupel, mit schlechtem Beispiel voranzugehen. Sie demonstrierten’s beim Zweiliga-Spitzenspiel gegen einen anderen Traditionsverein, den FC Schalke 04.
Im verzweifelten Kampf gegen Corona hat die Politik verfügt, dass Bundesliga-Spiele künftig nicht mehr vor vollen Zuschauer-Rängen ausgetragen werden dürfen. Solche Massen-Events sind erfahrungsgemäß Infektions-Treiber – mit Tausenden Fans, die dicht an dicht sitzen oder stehen, die sich vor und nach den Spielen an den Zugängen drängen und in überfüllten Bussen und Bahnen an- und abfahren. 2G hin oder her. Das Risiko bleibt hoch. Am Sonnabend „schlüpfte“ der FC St. Pauli „noch schnell durch das Corona-Netz“ – so die Formulierungen in Berichten – und ließ 20.000 zahlende Zuschauer in’s Stadion am Millerntor. Die Begrenzungen würden schließlich erst ab nächste Woche gelten. Wie pfiffig ! Nochmal den großen Reibach machen, weil’s eben noch nicht verboten war. Die Fans standen und saßen dicht an dicht, Masken trugen die wenigsten. War wohl auch nicht vorgeschrieben. Kein Gedanke der Verantwortlichen daran, dass der Verein vielleicht auch schon vorher freiwillig Vernunft und Verantwortung für die Gesellschaft zeigen könnte, Vorbild sein, wo Querdenker zu Tausenden durch die Straßen marodieren. Nein, St. Paulis Signal lautete: Die Einschränkungen gegen Corona muss man nur hinnehmen, weil die Obrigkeit es so will und nicht etwa, weil sie uns alle schützen können.
Kleine Randnotiz: Beim Spiel, das 2:1 für St. Pauli endete, fehlten die Trainer beider Mannschaften. Sie sind an Corona erkrankt.
Da passte es – man möchte sagen – bestens, dass ebenfalls am Sonnabend ebenfalls in Hamburg 5.000 Impfskeptiker und Querdenker in der Innenstadt demonstrierten. Der Großteil trug keine Masken, auch das Abstandsgebot wurde weitgehend missachtet, meldete die Polizei. So war’s in Hamburg draußen auf der Straße genauso wie drinnen im Stadion des FC St. Pauli.