Olaf Scholz hat seine Geschichtsschreibung jetzt noch in den eigenen Händen, Seine Vita wird nicht nur an seiner Amtszeit als Bundeskanzler gemessen, sondern vor allem auch daran, wie er jetzt deren erkennbares Ende mitgestaltet. Die politischen Wissenschaften sind in dieser Hinsicht gerade jetzt erst um einen Begriff reicher geworden: Der
Biden-Effekt. Der viel zu lange hinausgezögerte Verzicht des US- Präsidenten Jo Biden auf eine erneute Kandidatur und die auch daraus erfolgte vernichtende Wahlniederlage seiner demokratischen Partei. Scholz und seiner in der Beharrungsstarre verbleibendem Berliner Genossen verweisen dabei gerne auf die letzte Bundestagswahl, wo die SPD mit Scholz trotz schlechter Umfragewerte dann doch stärkste Partei wurde, Doch gerne vergessen sie dabei ihren damaligen besten Wahlkämpfer, der sich vorerst wieder in sein angestammtes gegnerisches Lager eingereiht hat: Markus Söder und weitgehend auf Lokalzeit tickt. Der offenbar vom ICH und eigenen bundespolitischen Karriereträumen geprägte Bayer trieb damals den Unionskandidaten Armin Laschet in der Öffentlichkeit vor sich her und damit in die Wahlniederlage- Jetzt ist weit und breit kein Laschet zu sehen und die immer stärker werdende Diskussion um die Chancenlosigkeit des SPD- Spitzenkandidaten hat erst allmählich Fahrt aufgenommen. Sie wird sich nicht mehr stoppen lassen, Auch wenn jetzt die Parteispitze Strohhalme verteilt, an denen sich das Parteivolk klammern soll. Doch die Basis muckt auf, immer mehr Kritik wird laut. Die katastrophalen Umfragewerte und das herausragende Standing von Boris Pistorius über die Parteigrenzen hinaus sind der tägliche Treibsatz, der die Krise nährt, aber nach Meinung der Parteiführung nicht zünden darf. Wenn von Parteilinken am “rechten “ Pistorius und dessen Satz von einer kriegstüchtigen Bundeswehr bis 2029 gemäkelt wird, dann muss dem entgegengehalten werden. Dieser drastische Satz beschreibt eine quälende, aber notwendige Realität. Jede freiwillige Feuerwehr muss auf einen Maximaleinsatz vorbereitet sein.
Doch da wird offenbar ein Selbstmord einer Partei auf offener Bühne inszeniert, die viel zu lange schon das Gestern als Heute und das heute als Übermorgen von den eigenen Funktionären verschrieben bekommen hat. Doch auch für das Spitzenduo gilt; Länge bedeutet nicht unbedingt Größe und Mundart nicht Basismobilisierung. Die Phantasie – und Sprachlosigkeit angesichts der Zeitenwende in fast allen Lebensbereichen einer einst programm- und diskussionsfreudigen Partei sind ein trauriges Kapitel der Zeitgeschichte.
Die Ampelkoalition und ihre Krisen haben den Blick darauf versperrt, dass sich die SPD schon länger in einer katastrophalen Lage befindet. In ehemaligen Stammländern wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen ist sie abgestürzt und verharrt in scheinbarer Angststarre,
Wer sich im Ruhrgebiet umhört und die letzten Signale von Franz Müntefering hört, der verspürt immer deutlicher die Botschaft.: Olaf verzichte auf eine erneute Kandidatur und mache Platz für Boris. Die Selbsttäuschungen der SPD werden nicht dadurch besser, dass das Projekt Ampel von der FDP hintertrieben wurde. Der Austritt ihres ehemaligen Generalsekretärs Volker Wissing und sein weiteres Verbleiben im Amt als Bundesminister sind ein schlagender Beweis für Hinterfotzigkeit der einen aber nicht für Gestaltungswillen der anderen Seite…