Netanyahu ist auf der Flucht vor der Mehrheit der Israelis und den Kritikern seines Vernichtungsfeldzuges im Gazastreifen. Dass er bereit ist, die Geiseln für die Machterhaltung zu opfern, ist in den Augen nicht nur von deren Angehörigen unverzeihlich. Die gerade aufgefundenen, grausam hingerichteten sechs Geiseln waren ein letztes Signal, um Friedensbereitschaft zu zeigen. Netanyahu hat gegen die Stimme des Verteidigungsministers entschieden, den entscheidenden letzten Schritt hin zu einem Waffenstillstand nicht zu gehen. Generalstreik und Massenproteste der Bevölkerung beeindrucken ihn offensichtlich nicht. Ob es eine weitere Chance für eine einigermaßen haltbare Vereinbarung mit der Hamas geben kann, steht in den Sternen.
Es scheint keine politische Kraft in der Welt zu geben, Netanyahu daran zu hindern, tausende weitere Menschenleben in einem sinnlosen Krieg zu opfern. Dabei ist nicht einmal erkennbar, wie und wann er diesen Konflikt beenden will. Auch ihm wird längst klar sein, dass die Hamas allenfalls militärisch besiegbar ist, nicht aber als politische Kraft. Die Hamas ist als Folge der brutalen Kriegführung zur Identifikationskraft der Palästinenser nicht nur im Gazastreifen geworden. Netanjahu kann deshalb die Hamas nicht wirklich besiegen. Irgendwann wird er nicht genug Kraft mehr haben, den Gegnern, die ihn hetzen, zu widerstehen. Er weiß es nur noch nicht.