Bis Ende des Jahres soll das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA stehen. Doch die Zahl der Kritiker wächst ständig. 1,6 Millionen Teilnehmer unterstützen bereits die Initiative STOP TTIP, das Bündnis umfasst 380 europäische Organisationen, die vor den Gefahren des Freihandelsabkommens warnen. Längst beschäftigt sich auch die Politik mit den Einwänden: Wer TTIP legitimieren will, muss auf Kritiker zugehen und die sachliche Diskussion suchen.
Für Aufklärung soll auch der Internetauftritt der EU Kommission dienen. Das Handelskommissariat stellt dazu eine Informationsseite mit ausführlichen Antworten zu häufig gestellten Fragen zu Verfügung: Grundlagen, Vorteile, Verhandlungsprozess und Bedenken zu TTIP sollen für europäische Bürger kurz und verständlich vorgestellt werden.
Der Grundgedanke, mit fundierten Informationen eine politische Meinungsbildung der Bürger zu ermöglichen, ist zu begrüßen. Umso peinlicher ist es, wenn statt ehrlicher Auskunft Falschinformationen verbreitet werden. So sah sich die EU Kommission jetzt gezwungen, mehrere Abschnitte der FAQ-Antworten zu ändern oder ganz zu streichen, nachdem die Verbraucherorganisation Foodwatch sich kritisch zur Informationskampagne der EU äußerte.
TTIP-Boost? BIP Wachstum von lediglich 0,05 Prozent jährlich
Die jährlich zu erwartenden 119 Milliarden Euro Profit für die Europäische Wirtschaft, auf welche die Kommission zuvor verwies, wurden nun auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) revidieret. Dabei verschweigt die EU Kommission weiterhin, dass die Niveauanhebung von 0,5 Prozent erst zehn Jahre nach Inkrafttreten TTIPs zu verzeichnen sein würde. Runtergerechnet beliefe sich der versprochene Wachstumsschub somit auf bloß 0,05 Prozent jährlich.
Auch von dem versprochenen Mehreinkommen des durchschnittlichen EU-Haushaltes nimmt die Kommission nun Abstand. Ursprünglich auf 545 Euro beziffert, entfernte die Kommission diesen Abschnitt komplett von der Seite. Foodwatch hatte auch hier auf Unstimmigkeiten verwiesen. Der Lohnanstieg käme laut der NGO nur im Falle eines uneingeschränkten Abkommens zustande, welches europäische Verbraucherrechte praktisch aushebeln müsste. Ein teurer Preis, denn runtergerechnet stehe diesen Einschränkungen ein monatliches Plus von lediglich 11 Euro pro Person gegenüber.
Auf die Frage nach globalen Folgen, brachte die Kommission noch vor Kurzem die positiven Effekte für eine weiter undefinierte „übrige Welt“ an. Mittlerweile klingt der Abschnitt deutlich nüchterner, lediglich von weniger Regelwerk für Exporteure ist noch die Rede. Eine dafür notwendige Harmonisierung der Normen zwischen den USA und der EU wird heute nicht länger bestritten. Hieß es vor einigen Tagen noch, dass eine Harmonisierung nicht auf der Tagesordnung stehe, ist dieser Abschnitt nun gelöscht.
BDI und VDA korrigierten bereits Falschinformationen
Die EU Kommission ist damit nicht die erste Institution, die auf den Vorwurf von Desinformationen reagieren muss. Anfang des Monats stand bereits der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im Fokus der Kritik und räumte schließlich Falschangaben ein. Ähnlich wie die Kommission, schrieb der BDI dem Freihandelsabkommen ein resultierendes Wirtschaftswachstum von jährlich 0,5 Prozent zu, machte damit auf seinem Internetauftritt aus 119 Milliarden Euro insgesamt einen fast 10 Mal höheren Gewinn. Ebenso sah sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) vergangene Woche gezwungen, Falschinformationen zu korrigieren. Neben den Angaben auf der Internetseite wurde gleicherweise eine Rede von Verbandspräsident Matthias Wissmann, die TTIP-Folgen beschönigte, entfernt.
Gestern veröffentlichte Foodwatch außerdem einen offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel, welcher der CDU falsche Jobversprechungen im Zusammenhang mit dem Abkommen vorwirft. Es bleibt abzuwarten, wie und ob die Kanzlerin auf die Kritik reagiert. Eine ernstgemeinte Aufklärungskampagne sieht jedoch anders aus. Kritische Stimmen dürften in Zukunft noch lauter werden.
Danke Katharina,
so sauber recherchiert und klar kann Journalismus sein.
Die Antwort von Frau Merkel kann allerdings immer nur die Bejahung des -Freien Handels- sein.
Freihandelsabkommen werden immer dann von den USA aufgezwungen, wenn es Amerika schlecht geht. Wir haben uns zu unterwerfen und bedingungslos ausbeuten zu lassen. Die Alternative heißt Krieg, wie zum 1. und 2. Weltkrieg, so auch diesmal.