Im Jahr 2023 wurde es in ganz Europa in der öffentlichen Debatte zu Flucht und Migration „kälter“. Die europäischen Gesellschaften machen den Eindruck, als seien sie mehr denn je in „wir“ und „die anderen“ gespalten. Selten hat man auch in Deutschland einen so deutlichen Schwenk feststellen können: weg von einer überwiegend pragmatischen und faktenbasierten Diskussion hin zu populistisch- nationalen Tönen, die nur schwarz oder weiß kennen. Alle demokratischen Parteien haben diese Wendung mitgemacht – die einen mehr, die anderen etwas weniger. Die Klage über fehlende Zahnarzttermine für Deutsche, während Flüchtlinge sich das Gebiss sanieren lassen, gehörte ebenso dazu, wie eine „Pause von einer völlig ungesteuerten Asyl-Migration“. Die demokratischen Parteien scheinen getrieben von den beinahe täglich neuen Umfrageerfolgen der AfD – einer in Teilen von den Verfassungsschützern als gesichert rechtsextrem beurteilten Partei. So dreht sich der Diskurs zu Geflüchteten fast ausschließlich um das Verhindern der Einreise und Asylsuche und um eine möglichst schnelle Abschiebung. Wie aber sehen die Ideen für eine gelingende Integration aus? Welche Chancen ergeben sich für eine Gesellschaft, die weltoffen, demokratisch ist? Und welche Antworten können auch Geflüchtete geben, wenn nach Lösungen des Fachkräftemangels gesucht wird? Worte können dazu beitragen, dass sich mehr Menschen in Europa von den demokratischen Parteien entfernen und die Spaltung innerhalb der Gesellschaften vorangetrieben wird. Allen Akteuren, die sich in der öffentlichen Debatte einmischen, egal ob aus der Politik, den Medien oder der Zivilgesellschaft stehen in einer besonderen Verantwortung. Denn natürlich ist jedem klar, dass Worte, dass das Narrativ einen starken Einfluss auf die Entscheidungen der Politik und die öffentliche Diskussion darüber haben. Das gilt nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, wie die Diskussion um ein gemeinsames europäisches Asylsystem gezeigt hat. Beim Globalen Flüchtlingsforum des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) im Dezember 2023 wurde bei einer Veranstaltung „Changing the Narrative“ deutlich, wo und wie wir dazu beitragen können, dass mit Zuwanderung nach Europa die Chancen gesehen werden, anstatt ausschließlich das Narrativ der Bedrohung zu bedienen. Die Folge der Verschärfung der Flüchtlingsdebatte ist schon spürbar. Viele Ehrenamtliche in Projekten für Flüchtlinge in Deutschland, die von der UNO-Flüchtlingshilfe unterstützt werden, geben die Rückmeldung, dass ihre Arbeit immer schwieriger wird. Für die Initiativen wird auch die Suche nach ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern schwerer. Die UNO-Flüchtlingshilfe unterstreicht, dass Asyl zu beantragen ein Menschenrecht ist. Es ist humanitäre Pflicht, dieses Recht allen Menschen, die Schutz suchen, zu ermöglichen. Daran müssen wir uns alle messen lassen. Wir alle stehen in der Verantwortung, für dieses Recht klar und eindeutig einzustehen- mit Taten und auch unseren Worten .
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