Es ist gerade gut 3 Jahre her, dass der Linienverkehr für Fernbusse liberalisiert wurde. Die Zahl der Fahrgäste, so eine aktuelle Analyse der Deutschen Bank, ist seitdem von weniger als 3 Millionen auf über 20 Millionen gestiegen. Und das ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange für die Fernbusse. In den nächsten Jahren werden weitere Millionen Fahrgäste auf dieses Verkehrsmittel umsteigen – vor allem zu Lasten der Bahn.
Plus 400 % seit 2013
Mit der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes zum 1. Januar 2013 ist eine neue Ära im Verkehr angebrochen. Reguliert sind heute nur noch Verbindungen unter 50 km oder die per Bahn in weniger als einer Stunde zu erreichen sind; das betrifft nur noch den öffentlichen Personen-Nahverkehr. Der Wettbewerb belebt in der Tat das Geschäft. Ende 2015 lag die Zahl der Fernbuslinien bei rund 340; das ist eine Vervierfachung innerhalb von nur 3 Jahren. Mehr als 20 Millionen Fahrgäste werden in diesem Jahr in Fernbussen reisen; 2012 – im Jahr vor der Liberalisierung – waren es gerade 2,5 Millionen.
Günstige Preise für Fernbusreisen
Noch dominiert im Linienfernverkehr die Bahn mit einem Marktanteil von etwa 80 %. Doch der Umstieg von der Schiene auf die Straße vollzieht sich mit hoher Dynamik. Die Preise, die die Fahrgäste zu zahlen haben, spielen dabei die größte Rolle: Für den typischen Fernbusreisenden ist der Preis ein wichtigeres Entscheidungskriterium für die Wahl des Verkehrsmittels als die Fahrtzeit – so die Experten der Deutschen Bank. Fernbusse sind durchweg günstiger als die Bahn, aber auch als der PKW – oder das Flugzeug. Die Erfolge der Billigfluggesellschaften werden mehr und mehr von den Fernbusbetreibern kopiert und übertroffen. Vor allem Rentner, Studenten und andere preisbewusste Reisende steigen auf Fernbusse um. Es ist zudem für diese “neue“ dynamische Branche hilfreich, dass in vielen Städten bereits komfortable Bushaltestellen eingerichtet wurden. Gerade für Senioren ist das Gepäck-Handling bequemer, als etwa den schweren Koffer über Bahnsteige in die Züge zu transportieren oder auch lange Strecken zu den Flughafen-Gates mit oft langwierigen Kontrollen zurückzulegen.
Neue Herausforderungen für die Bahn
Die Konkurrenz für die Bahn ist nicht mehr als scharf. Sie kann bei der Preisgestaltung kaum mithalten und ist hier den Fernbussen deutlich unterlegen. Allerdings sollten die Bahntarife überprüft werden – etwa mit günstigeren Angeboten für Senioren, Studenten, Flüchtlinge und andere Reisende, die gerade in Tageszeiten mit schwächeren Frequenzen auf die Schiene gelockt werden könnten. Zudem sind Verbesserungen bei der Pünktlichkeit, beim Komfort und Service sowie bei der Sicherheit dringend erforderlich, wenn die Bahn nicht noch wesentlich höherer Marktanteile an die Fernbusse in den nächsten Jahren verlieren will.
Im Ressort “Station und Service“ des Vorstandes der Bahn AG sollten die Fernbusse nicht Albträume bereiten, sondern Herausforderungen für Innovationen sein. Die Power sollte groß genug sein, um selbst im Fernbusgeschäft mitzumischen, zumal hier kleinere Firmen schon wieder aufgeben müssen und die Bahn durchaus mit Erfahrungen, Optimierungen von Streckenprofilen und Effizienzvorteilen – etwa im Marketing, Vertrieb usw. – gegenüber den Konkurrenten punkten könnte.
Bildquelle: Wikipedia, Bonho1962, ADAC Postbus vor Konzernzentrale der Deutschen Post in Bonn, CC0