Der Termin der Verleihung des Internationalen Demokratiepreises Bonn an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hätte nicht besser gewählt werden können: Zwei Tage nach der überraschenden Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten. Die Auszeichnung der „Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik“ ist ein Signal für ein starkes, selbstbewusstes Europa, das sich als Super-Macht versteht in der Welt und für seine Ideale und politische Linie eintritt: Frieden, Demokratie und internationale Zusammenarbeit. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz würdigte die unermüdliche Arbeit der ehemaligen italienischen Außenministerin. Sie sei eine Frau mit Rückgrat, Vision und Beharrlichkeit.
Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen komme es auf Politiker wie Mogherini an. Wörtlich sagte der Präsident: „Wo unser Leben immer mehr von Katastrophen, Kriegen, Populismus und immer häufiger auch von Lügen und blankem Hass gekennzeichnet ist, zeichnet sich die Arbeit von Frau Mogherini seit Jahren durch ihre unermüdliche Verteidigung unserer europäischen Werte von Frieden, Demokratie, Menschenrechten, Respekt, Toleranz, Dialog und Pluralismus in der Welt aus.“
Erster Preisträger Vaclav Havel
Der mit 10000 Euro dotierte Preis wird seit 2009 verliehen. Erster Preisträger war Vaclav Havel, ehemaliger tschechischer Staatspräsident, Widerstandskämpfer und Schriftsteller, ein Mann, der zu Lebzeiten für die europäischen Werte eintrat. 2010 ging der Preis an die Anwältin und Menschenrechtlerin Shirin Ebadi, die sich im Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen im Iran einen Namen gemacht hat. Zuletzt wurde der Preis verliehen an die internationale Organisation „Reporter ohne Grenzen“. Federico Mogherini befindet sich also in guter Gesellschaft. Sie will das Preisgeld einem Schulprojekt für syrische Flüchtlingskinder spenden.
Dass die Italienerin den Preis erhielt, ist ihren internationalen Erfolgen geschuldet, wie Schulz an Beispielen erläuterte: das Nuklearabkommen mit dem Iran, der Friedensprozess zwischen Israel und Palästina, die Waffenruhe in Kolumbien, die Entwicklung auf der Insel Zypern. „Was diese Frau leistet, ist großartig“, rühmte Schuld die Erfolge der Frau, die „zum Gesicht der EU-Außenpolitik“ geworden sei.
Starke Stimme der EU in der Weltpolitik
Die Preisträgerin wurde für ihren „unermüdlichen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte in vielen Krisengebieten“ auch vom Vorsitzenden des Vereins, Jürgen Wilhelm, gelobt. Er betonte zugleich, Frau Mogherini verleihe der EU „eine starke Stimme in der Weltpolitik, ob in Russland, in der Ukraine, in Syrien oder in Lybien“.
Die Kunst ihrer Arbeit sah die europäische Italienerin darin, die Probleme der Zeit mit Stärke und Sanftheit anzusteuern. „Wir müssen uns daran erinnern, wie wichtig die EU für uns ist“, erläuterte sie gerade mit Blick auf die Entwicklung in Europa mit ihren auseinanderdriftenden Bewegungen. Man muss nur an Frankreich und Le Pen denken, an Ungarns Orban, an die Nationalisten in Polen, aber sicher auch an die Vereinfacher der Politik in Deutschland, die Populisten der AfD. Federica Mogherini rief dazu auf: „Wir sollten unseren Stolz auf Europa neu entdecken. Es ist an der Zeit, als erwachsene Union Verantwortung zu übernehmen und anderen Weltmächten als gleichberechtigter Partner gegenüberzutreten“.
Mini-Protest von attac
Wie es zum Alltag solcher Feierlichkeiten gehört, protestierten zwei Vertreter der globalisierungskritischen Organisation „attac“ gegen die Preisverleihung an Frau Mogherini, die mitverantwortlich sei für die Militarisierung der EU. Die Veranstalter ließen die beiden Demonstranten mit ihrem kleinen Plakat gewähren und Frau Mogherini ging in ihrer Rede auf die Mini-Proteste ein, indem sie einräumte, bei allen Erfolgen der EU dürfe man die Augen vor Versäumnissen nicht verschließen.
Der Kuratoriums-Vorsitzende des Vereins Internationaler Demokratiepreis, Friedhelm Ost, Ex-Sprecher des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl und langjähriger CDU-Bundestagsabgeordneter, betonte die Erfolgsstory Europa, die fortgeschrieben werden müsse. Gerade nach der US-Wahl mit dem neuen Präsidenten Trump müsse Europa die Anstrengungen forcieren. Ost ermunterte die italienische Preisträgerin, ihre pro-europäische Arbeit offensiv fortzusetzen. Nur ein gemeinsames Europa sei stark und könne sich gegen Nationalisten und Chauvinisten behaupten.
Politische Erfolgsstory Bonn
Dass der internationale Demokratiepreis ausgerechnet in Bonn verliehen wird, im Gobelin-Saal des alten Rathauses, in dem einst viele europäische Staatsoberhäupter empfangen worden waren, nahm Bonns OB Ashok Sridharan zum Anlass, an die Rolle der Stadt Bonn als Hauptstadt der Bundesrepublik nach dem Krieg zu erinnern. Bonn stehe für die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik, von 1949 bis 1999 sei die Politik von Bonn aus für die Republik gestaltet worden, viele Impulse der europäischen Integration seien von der Beethovenstadt am Rhein ausgegangen. Heute sei Bonn nach dem Umzug von Bundestag und Bundesrat nach Berlin das zweite politische Zentrum Deutschlands und auch ein Ort des internationalen Dialogs über globale Zukunftsfragen. Als Beispiel erwähnte der OB die Vereinten Nationen, für die in Bonn inzwischen rund 1000 Menschen arbeiten.