Millionen gingen schon auf die Straße, um gegen die rechtsextreme AfD zu demonstrieren, Tausende und Abertausende werden folgen, weil sie die Gefahr erkannt haben, die von AfD-Leuten wie Gauland, Höcke und Weidel für diese Republik und die Freiheit und Demokratie ausgehen. Immer lauter wird auch ein Verbot der AfD gefordert, um dieser Partei das Handwerk zu legen. In diese Kerbe schlägt der ehemalige Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, Winfried Ridder, in einem Beitrag für den „Bonner Generalanzeiger“. Der heute 85jährige Ridder beschäftigt sich nach eigenen Angaben seit 60 Jahren mit dem Rechtsextremismus und warnt in dem Beitrag für die Bonner Zeitung: „Die Gewaltbereitschaft, die der Extremismus innehat, ist nicht zu unterschätzen.“ Ridder spricht sich der Zeitung zufolge „seit einiger Zeit für ein Verbot der AfD“ aus.
Die Hinweise, dass die AfD mehr und mehr verfassungsfeindlich ausgerichtet ist, verdichten sich. Drei Landesverbände gelten nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes als „gesichert rechtsextremistisch“, für die Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“ trifft dies nun auch zu, bisher war sie nur ein Verdachtsfall. Laut einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Köln agiere die JA der AfD gegen das Demokratie-Prinzip. Der Verband vertrete „einen völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff“, was zum Inhalt habe den Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand und nach Möglichkeit den Ausschluss „ethnisch Fremder“. Dies zusammengenommen stelle einen Verstoß gegen die Menschenwürde dar. Wie es im Artikel 1 des Grundgesetzes heißt: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Hinzu komme eine massive ausländer- und islam- und muslimfeindliche Agitation. Asylbewerber und Migranten würden herabgewürdigt.
Ex-Verfassungsschützer Ridder begründete die Dringlichkeit eines Verbots der AfD u.a. mit Zitaten des früheren CDU-Bundesvorsitzenden und Ex-Ministerpräsidenten von NRW, Armin Laschet. Dieser habe, so Ridder im „Generalzeiger“ weiter, in seiner Ansprache zum Holocaust-Gedenktag davor gewarnt, die „Gefahr kleinzureden, die von der AfD ausgehe“. 1933 sei es der NSDAP gelungen, binnen zwei Monaten die Demokratie zu zerstören. Zur Zeit erreicht die AfD in Umfragen über 20 Prozent der Stimmen und rangiert damit hinter der CDU, aber klar vor der ältesten deutschen Partei, der SPD, die ja neben den Kommunisten damals erste Opfer der Nazis wurden, sie wurden verboten, verfolgt, verprügelt, in KZs gefoltert und ermordet. Ridder erwähnte in dem Zeitungs-Beitrag auch die Recherche-Ergebnisse von „Correctiv“ über ein konspiratives Treffen von Mitgliedern der AfD und Anhängern anderer rechtsextremer Gruppen, darunter auch dem Österreicher Martin Sellner, Akteur der Identitären und Neuen Rechten, der bekannt ist für seine rassistischen und völkischen Parolen. Bei dem Treffen in einer Potsdamer Villa ging es um Pläne, Menschen mit Migrationshintergrund massenhaft aus Deutschland auszuweisen. Man umschrieb diese geplanten Deportationen mit dem Begriff „Remigration“. Dazu der einstige Verfassungsschützer Ridder: Bei erzwungenen Abschiebungen sei die Anwendung von Gewalt fest eingeplant. Diese Gewaltbereitschaft dürfe nicht unterschätzt werden.
Mandatsverlust durch Verbot
Dem Argument, ein Verbotsverfahren werde scheitern, hält Ridder entgegen: „Wir sind heute durch die Erfahrungen mit Urteilen durch das Bundesverfassungsgericht auf der rechtlichen Seite gut vorbereitet.“ Es gebe ausreichend hervorragende Verfassungsrechter, die schon im Verbotsverfahren gegen die NPD Prozessbevollmächtige waren, die prüften jedes Risiko. Ridder widerspricht auch denen, die meinen, ein Verbotsverfahren werde die AfD nur stärken. Die Erfahrungen aus dem Urteil gegen die NPD habe gezeigt, dass die Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit die Partei geschwächt habe und sie bewirkte eine Einschränkung des Neutralitätsgebots von öffentlichen Amtsträgern ihr gegenüber. Im übrigen darf man darauf hinweisen, dass das Verfassungsgericht 2017 die NPD nur deshalb nicht verboten hatte, weil diese zu schwach war, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen. Dieses Argument entfalle in einem Verfahren gegen die AfD. Auch wenn ein Verbot an der Gesinnung der Wählerinnen und Wähler und der Mitglieder kaum etwas ändere, so werde sich doch ihr Handlungsspielraum erheblich reduzieren. Ein Verbot werde alle Strukturen der Partei auflösen, zum Verlust der Mandate führen und zur Einziehung der Finanzmittel. Zudem dürfen sie nicht mehr gewählt werden.
Und was die Verfassungsfeindlichkeit eingeht, darf man auf die Remigrationspläne verweisen, auf die Menschenwürde, die dadurch verletzt würde, die aber garantiert ist in Artikel 1 Grundgesetz. Und hier darf man den Sozialdemokraten und Staatsrechtler Carlo Schmid als Zeugen nennen, der gegenüber Verfassungsfeinden eindeutig gefordert hatte: Keine Toleranz gegenüber denen, die die Demokratie nur dazu benutzen wollen, sie zu zerstören. Mut zur Intoleranz ist hier gefordert. In einer Zeit höchster Gefahr für die Demokratie müsse gehandelt werden, forderte Heribert Prantl in seiner jüngsten SZ-Kolumne, die in der Feststellung gipfelte: Den Feinden des Grundgesetzes müsse man mit den Mitteln des Grundgesetzes das „politische Licht ausblasen“. Wenn man es jetzt, in Zeiten höchster Gefahr, nicht tue, „dann ist das unterlassene Hilfeleistung, mehr noch, es ist fast eine Art Hochverrat durch Unterlassen“. Die letzte Rede von Alice Weidel im Deutschen Bundestag dürfte ein zusätzlicher Beleg gewesen sein, wie führende Mitglieder der AfD mit Hass und Hetze Politik machen.
Höcke Grundrechte entziehen
Zurück zum Ex-Verfassungsschützer Winfried Ridder: Er wünscht sich laut dem Bericht des „Generalanzeigers“ als ersten Schritt, dem thüringischen AfD-Vorsitzenden Björn Höcke bestimmte Grundrechte gemäß Artikel 18 GG zu entziehen. Eine Online-Plattform von „Campact“ mit über 1,5 Millionen Unterschriften fordert entsprechende Schritte gegen Höcke, um den „Faschisten“ zu stoppen. Artikel 18 GG besagt, dass jemand das Grundrecht auf die Meinungsfreiheit verwirkt, wenn diese Person sie zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauche. Ridder lässt auch das Argument nicht gelten, man müsse die AfD politisch bekämpfen, nicht juristisch. Die politische Auseinandersetzung finde doch schon längst statt, indem Hunderttausende auf die Straße gingen und laut gegen die AfD demonstrierten, indem sie für Demokratie einträten, für die Menschenwürde, gegen die Abschiebungspläne der AfD.
Überall von Flensburg bis Prien, von München bis Hamburg, von Bonn bis Dresden heißt es: Wir sind bunt, nicht braun. Wir sind das Volk, nicht die AfD. Wir kämpfen für diese Demokratie, die Menschenwürde, gegen Rassismus, Hass und Hetze, gegen Ausgrenzung, für Toleranz. Am 23. Mai ist der 75. Geburtstag des Grundgesetzes. Grund genug, diese Verfassung zu feiern und den Verfassungsfeinden die rote Karte zu zeigen. Wir dürfen deshalb nicht nachlassen. Wählen gehen heißt es im Juni bei den Europa-Wahlen, Wählen gehen ist Pflicht im Herbst bei den Wahlen in Thüringen, Sachsen und in Brandenburg. Damit die Demokratie siegt. Sie braucht keine Alternative.